BAR LIBERTÉ Belle vie in der City

Krefeld · Es gibt da diese Gruppe Menschen, die leidenschaftlich in den Freuden des Lebens schwelgt – im Schönen, im Wohltuenden, im Köstlichen – und deren Lebenseinstellung man unter dem hübschen Begriff „Hedonismus“ zusammengefasst hat.

Foto: vertäll

Für diese Menschen gibt es einen Ort in Krefeld, der – wenn überhaupt – nur einen Nachteil hat: dass nicht alle Hedonist*innen der Stadt gleichzeitig hineinpassen.

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Der vielversprechende Name dieses Ortes: Liberté. Durch die große Glasfront des ehemaligen Bistro An-Go-Lo leuchten Blüten in Frühlingsfarben. Von der hellblauen Wandfarbe hinter der Theke heben sich wie längliche Rubine Campariflaschen ab. Darüber prangt ein altes rotes Rennrad, als würde es im blauen Himmel schweben. Es ist gemütlich warm in der Bar Liberté, duftet nach Kerzenwachs und Wacholder. Zwei junge Männer in dunkelblauen Jacken schlendern entspannt zwischen den Gästen umher. Es ist Donnerstagnachmittag, noch nicht viel los. Unter großen Glasglocken auf den Tischen stapeln sich verlockend glasierte Croissants. Auf der langen Tafel zur Linken liegen Magazine und Bücher zwischen Blumenvasen und Kerzenleuchtern. Es geht um Barkultur, Architektur, Mode. Dieser Raum löst ein starkes Bleiben-Wollen aus. Ich möchte hier sitzen, diesen Duft atmen und trinken, was immer da vorne an der Bar gerade im Shaker umhergewirbelt wird. Oder vielleicht doch erst mal einen Kaffee? Ja, erstmal einen Kaffee.

LIBERTÉ – DIE FREIHEIT DES

NEUANFANGS

Michal Marnocha, treibende Kraft hinter der Bar Liberté, ist eigentlich in der Modebranche beheimatet. Er war im Kundenservice für Chanel und Christian Dior tätig und führt seit August 2023 das Modehaus Köser direkt gegenüber. Als Sabine Köser einen Nachfolger für ihre Boutiquen an der Angerhauser Straße suchte, fiel die Wahl auf den sympathischen 43-Jährigen, mit dem sie bereits vorher in geschäftlichen Kontakt gekommen war. „Und jetzt bin ich im Herzen schon mal halber Krefelder“, lacht Michal und nippt an seinem Cappuccino. Doch der Lebenslauf des 43-Jährigen verrät, dass weit mehr in ihm steckt als die Liebe zu guten Schnitten und schönen Stoffen. Und dass er im Herzen nicht nur „halber Krefelder“, sondern vor allem ein Kosmopolit ist. Michals Leben spielt sich zwischen den großen Städten ab. Er hat in Warschau, Wien und Düsseldorf studiert, reist geschäftlich nach München und Paris, lebt nach wie vor in der NRW-Landeshauptstadt – und diese Kombination an Weltbürgerlichkeit, Kundenerfahrung und dem Mut, auch an Krefeld großstädtische Ansprüche zu stellen, kam ihm zugute, als er eines Tages beschloss, eine Gastronomie zu eröffnen. „Mir geht es darum, diese Symbiose zu schaffen zwischen Einkauferlebnis und Verweilen in der City, wie in München, Düsseldorf oder Hamburg, wo es normal ist, dass du in die Stadt gehst, um zu shoppen, und dann noch zum Mittagessen oder auf einen Kaffee irgendwo einzukehren. Wir wollen dazu beitragen, dass Menschen hier in der Innenstadt Zeit verbringen.“ Und dafür scheuen Michal und sein Team auch keine Mühen. Frische Blumen, gepflegte und achtsam dekorierte Tische, ordentliche Arbeitskleidung – all das sind kleine Zugeständnisse ans Wohlbefinden derjenigen, die ein gemütliches Refugium suchen. Inzwischen spiegeln sich die Kerzen in den großen Glasscheiben und werfen warmes Licht auf den Asphalt der Angerhausenstraße. Auf der Theke füllt sich eine große, geschwungene Coupette mit einer leuchtend orangenen Flüssigkeit. Mein ‚Pornstar Martini‘, ein tropisch-süßer Fancy Drink, mit dem Kate Middleton übrigens ihren Junggesellinnen-Abschied begossen haben soll, wird erst noch mit einer essbaren Blüte verziert, ehe Leo, der Barmann, ihn mir über den Tresen schiebt. Natürlich stilecht serviert, mit einem Gläschen Prosecco dazu. Zwei Meter weiter schäumt sein Kollege David an einer verchromten FAEMASiebträgermaschine Milch auf. Er und Leo hätten sich das Geschäft aufgeteilt. Er sei vor allem für den Kaffee und den Service zuständig, Leo stehe hinter der Theke, erzählt David. Die beiden sind nicht nur das Service-Herz der Bar Liberté, sondern auch Mitgründer.

EGALITÉ – ENTWICKLUNG AUF

AUGENHÖHE

„Wir haben das hier gemeinsam entwickelt, und jeder hat seine Zuständigkeit“, erzählt Michal. Hinter dem gastronomischen Konzept der Bar Liberté steckt ein großes Vorbild – und damit der wohl bekannteste Name der deutschen Bar-Szene: die Schumann’s Tages-Bar in München. „Ich liebe diesen Ort, weil es da so oldschool ist. Am Anfang hatte ich vor, das Wort ‚Tages-Bar‘ auch irgendwie im Namen unterzubringen“, erzählt Michal. Die bessere Idee habe dann aber Leo gehabt, abgeleitet vom Leitspruch der kleinen Modemarke ‚Maison Bourgeoise‘, die Michal vor einigen Jahren gegründet hat: Aus ‚Liberté, Egalité, Champagné‘ wurde kurz: Liberté.

Auch das Bar Liberté-Team trägt bei der Arbeit Stücke aus der hauseigenen Kollektion: Blaue Workwear-Jacken, geschmückt mit einer Tricolore-Rosette. Leo möchte mir die Weine von Concept Riesling vorstellen, so heißt der Händler, über den das Liberté-Team seine Weine bezieht. Der Goldatzel-Riesling sei ihr Bestseller, fruchtig, zitronig, mit leichter Mineralität. Ich schmecke auch etwas Erdiges heraus. Ein interessanter, aber trotzdem leichter Wein. „Gebäck und Croissants kommen von ‚Pure Pastry‘ aus Düsseldorf und sollen künftig um herzhafte Snacks ergänzt werden“, erzählt der 22-Jährige. Auch wenn schon Abend ist – diese Pistaziencroissants brechen auch die härteste

Selbstbeherrschung.

CHAMPAGNÉ – HOCHWERTIG

GENIESSEN

Aber wie kommt man denn nun als Einzelhändler und Modeexperte auf den Gedanken, eine Gastronomie zu führen? „Ich liebe es, in Restaurants zu gehen. Das gibt mir natürlich nicht die Fähigkeit, ein Gastronom zu werden. Ich bin auch keiner, das ist mir wichtig zu betonen. Ich bin kein Gastronom, ich bin ein Gastgeber. Als solcher verstehe ich mich auch in den Modeläden.

Und nachdem ich von Köser aus monatelang auf dieses wunderschöne, leere Gebäude gegenüber schauen musste, habe ich mich eines Tages einfach entschieden, das jetzt selber in die Hand zu nehmen und auch hier Gastgeber zu sein“, sagt Michal und lacht. Herzstück der Bar Liberté sei für ihn der große Holztisch, an dem bis zu 20 Personen Platz finden. „Ich liebe große, alte Tische. Ein Tisch ist für mich ein Symbol des Austausches. Und das passiert hier.“ Und auch, wer allein kommt, hat – sofern sich nicht ohnehin ein nettes Gespräch ergibt – eine gute Zeit.

Nicht nur wegen des hervorragenden Angebots, sondern auch, weil es so herrlich viel zu gucken gibt. Da sind die vielen Bücher und Magazine auf den Tischen, die flackernden Kerzen, die frischen Blumen, die die alten französischen Reiseplakate, die anderen Gäste, die zufrieden und entspannt ihren Hedonismus genießen. Und so kommt man ins Träumen – von einer Radtour auf einem roten Rennrad durch Südfrankreich, mit Baguette, Campari und Champagner im Gepäck, von der Freiheit, sich auf eine Wiese fläzen und einfach genießen zu dürfen. Und bis der nächste Urlaub ansteht, tut man das einfach in der Bar Liberté – wo man im Sommer übrigens auch in der Sonne sitzen kann.

Öffnungszeiten:

Donnerstag: 11:00 – 19:00 Uhr

Freitag: 11:00 – 22:00 Uhr

Samstag: 11:00 – 19:00 Uhr

barliberte.kr