Zu Besuch bei „Spielzeit“ auf dem Ostwall Wo das Spiel Menschen zusammenbringt

Krefeld · Zwischen Boutiquen, Bäckerei und geschäftigem Treiben auf dem Krefelder Ostwall öffnet sich eine andere Welt – eine, in der

Foto: Vertäll

Würfel klackern, Karten rascheln und herzliches Lachen den Raum erfüllt. Seit Jahrzehnten ist „Spielzeit“ weit mehr als ein Fachgeschäft für Brettspiele, Comics, Mangas, Sammelkarten,

Tabletops und Rollenspiel. Es ist ein Ort der Begegnung – ein

Zuhause für Spielfreunde jeden Alters. Hinter den Regalen mit hunderten farbenfrohen Schachteln stehen zwei Inhaber, die ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht haben: Volker Hesselmann

und Hamid Rassouli Mit ansteckender Begeisterung führen sie nicht nur durch ein Sortiment, das von den Klassikern bis zum strategischen Nischenhits reicht. Sie schaffen auch Räume, in denen regelmäßig gespielt, geschmökert und gestaunt wird.

Wir haben uns mit dem Gründer Volker Hesselmann, zum Gespräch getroffen – über den Zauber analoger Spiele, den Wandel einer ganzen Branche und darüber, warum es in unserer schnellen, digitalen Welt gerade das langsame, gemeinsame

Spiel ist, das Menschen verbindet.

VOM SPIELTRIEB ZUR BERUFUNG

„In meiner Teenagerzeit waren es Freunde und Bekannte, die mich mit gemeinsamen Spieleabenden vor einer beginnenden Eigenbrötelei bewahrten“, erzählt Volker schmunzelnd. „Mein

Spieltrieb war geweckt – und noch während der Schulzeit und später im Studium habe ich im Kölner Fachgeschäft Spielbrett gejobbt. „Anfangs mehr beim Pakete packen als in der Beratung“, fügt er lachend hinzu. Motivierend wirkten auch die Besuche der renommierten Spielemesse in Essen. In der der Studienzeit blieb die Leidenschaft für die Spielewelt bestehen und der Wunsch nach Selbstständigkeit entstand. So wurde daraus das Herzens- und Berufsprojekt Spielzeit. Im September 2025

feierte das „Epizentrum des Spielens“ in Krefeld sein 30-jähriges Jubiläum keineswegs verteufeln“, betont der 55-Jährige, der selbst damit gut vertraut ist. „Aber es gibt einen entscheidenden Unterschied:die persönliche Begegnung. Man sitzt gemeinsam um einen Tisch, schaut sich an, reagiert und interagiert viel intensiver als vor einem Bildschirm. Alle erleben sich, ihre Höhen

und Tiefen, wetteifern sicht- und spürbarer. Das macht für mich die besondere Magie aus.“

WANDEL DER SPIELEKULTUR

Ein Blick zurück in die 1980er-Jahre zeigt, wie sehr sich die Spielkultur verändert hat. „Zum Beispiel gab es da zwar schon Kinderspiele ohne einen einzelnen Sieger – etwa Obstgarten.

Dieses fand ich immer sterbenslangweilig, weil es kaum Vielfalt oder Optionen bot“, erinnert sich Hesselmann.

Heute hingegen sind kooperative Spiele auch bei den Erwachsenen etabliert, sind taktisch, und kommunikativ anspruchsvoll. Die Aufgaben müssen im Team gelöst werden, wo jeder etwas besser kann als die anderen. „Diese Entwicklung wurde sicher auch durch Escape-Room-Konzepte populärer“, meint er. „Spiele bedienen insgesamt immer mehr Zielgruppen. Der Markt wird immer bunter, differenzierter, unübersichtlicher.“

VON KLASSIKERN, TRENDS UND

SPIELERISCHER VIELFALT

War das Spielangebot früher auf Klassiker wie „Mensch ärgere dich nicht“ beschränkt, entwickelte die Branche ab Mitte der 80er eine zunehmende Dynamik. Strategie- und Legespiele wie „Catan“ oder „Carcassonne“ erfreuten sich weltweiter Beliebtheit.

Die Erfinder der Spieler wurden in für Ihre Ideen zunehmend gewürdigt, erklärt Hesselmann. „Durch den Ritterschlag Spiel des Jahres erlebten Autorenspiele einen Boom. Fachjury-Mitglieder attestierten besondere Qualität, und erfolgreiche Autoren leben heute hauptberuflich davon – mit einer treuen Fangemeinde wie im Buchmarkt.“ Die in Deutschland entstandene Spieleszene befruchtete das Spielen weltweit und fachte unter anderem im europäischen Ausland, den USA, Korea, Japan das Wachstum der Spieleszene. Der Markt wurde internationaler, das Angebot vielfältiger. „Zudem haben ansprechendes Produktdesign, kreative Themen und fantasievolle Spielelemente die Attraktivität weiter gesteigert“, ergänzt der Fachmann.

BEGEGNUNGSORT „SPIELZEIT“

Wer das Geschäft betritt, spürt sofort: Hier wird nicht einfach verkauft – hier wird gelebt, erklärt, ausprobiert. „Spielzeit“ ist Fundort, Werkstatt und Wohnzimmer zugleich – Treffpunkt und Rückzugsort. „Bei uns begegnen sich die unterschiedlichsten

Menschen: Einsteiger und erfahrene Spielende, Comic- und Manga-Fans ebenso wie Sammelkarten-Spieler, Tabletopper und Rollenspieler“, sagt der sympathische zweifache Familienvater. „Das analoge und haptische Erlebnis spielt dabei auch bei den Comics eine große Rolle – das kann kein PDF der Welt ersetzen.“ In den Räumen finden regelmäßig Spieleabende für werdende und etablierte Stammkunden statt – alle 14 Tage, kostenlos und ohne Anmeldung. Ein stets aktualisierter Spielplan mit sonstigen Angeboten ist auf der Website zu finden.

BLICK IN DIE ZUKUNFT

Was treibt Volker Hesselmann an, Tag für Tag so viel Herzblut in die „Spielzeit“ zu stecken? Volker Hesselmann muss nicht lange überlegen: „Spaß! Zentral dabei die Freude, für jeden den passenden ‚Deckel auf dem Topf‘ zu finden – und damit für gute Zeiten zu sorgen.“ Ob eine Renaissance des analogen Spielens in Zeiten digitaler Reizüberflutung zu erwarten sei? „Die Renaissance ist längst da“, sagt er überzeugt. Am Ende bleibt der Eindruck, dass Spielzeit weit mehr ist als ein Geschäft: Spielzeit ist eine Einladung, sich Zeit zu nehmen – füreinander, fürs Lachen, fürs Nachdenken und fürs Miteinander. Vielleicht liegt genau darin das Geheimnis der Betreiber: Sie verkaufen keine Spiele. Sie schenken gemeinsame Momente.

„Spielzeit,“ Ostwall 92, 47798 Krefeld

spielzeit.de spielzeit_krefeld