FREIE WALDORFSCHULE KREFELD Es grünt so grün - AUS DEM GARTEN FÜR’S LEBEN LERNEN

Die kleinen Hände stecken knöcheltief in der Erde und graben sich tiefer und tiefer. Neben dem eben neu entstandenen Erdhaufen kriecht eine kleine Schnecke vorbei, um nach etwas Essbaren Ausschau zu halten. Es riecht nach Regen. Zahlreiche Sinneseindrücke prasseln in den zwei Unterrichtsstunden auf die Schüler*innen der freien Walddorfschule Krefeld ein. Weg vom Klassenzimmer – hinein in die Natur.

Foto: Vertäll

Jonas Friederitzi hat Gartenbauwissenschaft und Biologie studiert. Der 35-Jährige kennt sich mehr als gut mit allem, was die Natur bietet, aus. Dass er 2021 als Gartenbaulehrer an der Freien Waldorfschule Krefeld angefangen hat, war eine wahrer Glücksgriff: „Ich habe vorher bei Acker e. V. gearbeitet und mit dem Bildungsprogramm „Gemüseakademie“ war ich immer projektbezogen an verschiedenen Schulen unterwegs. Als ich dann von der Möglichkeit erfuhr, fest an eine Schule zu gehen, war ich sofort Feuer und Flamme“, erklärt der Lehrer. Die Gelegenheit, mit Kindern ein ganzes Gartenjahr zu gestalten, fand Friederitzi reizvoll und bekam auch prompt die Stelle.

Von der fünften bis zur achten Klasse gibt es an der Freien Waldorfschule Krefeld zwei Schulstunden wöchentlich Gartenbaulehre. Ein Fach, das den Kindern nicht nur die Möglichkeit gibt, viel über die eigene Ernährung und ihre Anbauweise zu erfahren, sondern sich auch auszupowern: „Vielen tut es unheimlich gut, wenn wir gemeinsam in den Garten gehen, sich zu erden und in der Natur etwas zu machen“, berichtet Jonas Friederitzi. Bereits in der dritten Klasse wird innerhalb der Ackerbauepoche eigenes Getreide angebaut. Ein erster Bezugspunkt zum eigenen Schulgarten wird hergestellt: „Am Ende wird das Getreide gedroschen, gemahlen und zu Brot verarbeitet. Das ist dann ein tolles Ergebnis für die Schüler*innen“, so der Gartenbaulehrer.

Und die zwei Schulgärten und das eigene Gewächshaus haben viel zu bieten. Neben Pflanzen werden dort zum Beispiel Tomaten, Kartoffeln, Rote Beete, Mangold, Palmkohl und Popcornmais angebaut. Zuletzt wurde sogar einige Kürbisse hochgezogen und dann gemeinsam als Kürbissuppe verzehrt: „Das Erlebnis, das Gemüse aufwachsen zu sehen, zu ernten und dann zu essen, ist für die Kinder extrem wertvoll“, erklärt Friederitzi. Dem kann Sina Echterhoff, Geschäftsführende Vorständin der Freien Waldorfschule Krefeld, nur zustimmen: „Die Kinder sind so stolz, wenn sie am Ende des Jahres ihr eigenes Gemüse verarbeiten oder mit nach Hause nehmen dürfen.“

Und im Schulgarten ist für jeden etwas zu tun: Sei es das Einpflanzen von neuen Pflanzen, das Jäten von Unkraut oder aber das Fahren der Schubkarre – egal bei welchem Wetter, Jonas Friederitzi ist mit den Kindern stets draußen unterwegs. Doch neben der Gartenarbeit kommt auch die soziale Komponente nicht zu kurz: „Die Kinder sollen ja nicht nur anderthalb Stunden durchackern, sondern sich auch miteinander austauschen. Wenn wir etwas Neues entdecken, halten wir auch inne und ich erkläre etwas dazu. So sind zum Beispiel die Molche im Schulteich immer eine prima Ablenkung“, erklärt der Krefelder schmunzelnd. Aber auch Schmetterlingsraupen können als Anschauungsmaterial dienen: „Mir ist es wichtig, ein Bewusstsein für die Natur zu schaffen.“

Dieses Bewusstsein kann dann in der neunten Klasse vertieft werden. Da geht es für alle Schüler*innen zu einem dreieinhalbwöchigen Landwirtschaftspraktikum auf Bio-oder demeter-Höfe: „Für die Zeit sind die Jugendlichen dann voll im Hofleben integriert – oftmals sogar auch richtig weit von zu Hause weg,“ berichtet Friederitzi. In den letzten Jahren ging es so zum Beispiel für einige Schüler*innen nach Österreich, Frankreich, Tschechien oder nach Norwegen: „Diese Zeit ist ein großes Abenteuer und eine sehr bereichernde Erfahrung“, weiß Sina Echterhoff aus eigener Waldorf-Erfahrung. Dass sich der Kreislauf mit dem Praktikum schließt, findet Jonas Friederitzi besonders toll:

„Hier bei uns lernen sie im Kleinen, wie viel Arbeit es ist, Gemüse wie zum Beispiel Möhren zu pflanzen und hochzuziehen, um hinterher einen Ertrag für alle zu haben. Auf den Höfen wird das Ganze dann etwas größer. Am Ende gewinnen alle Schüler*innen einen Eindruck, wie viel Verantwortung wir für die Natur und unsere Lebensmittel tragen.“

Und wenn dann die Hände der neuen Fünftklässler voller Begeisterung in der Erde wühlen und Freude und Aufregung über die gesäten Pflanzen in der Luft liegt, weiß Jonas Friederitzi, dass er wieder dabei ist, einer weiteren Generation die Liebe für den Garten näher zubringen.