OB Frank Meyer im Interview „Städtepartnerschaften öffnen Türen.“

Krefeld · Städtepartnerschaften sind ein Relikt der Nachkriegszeit, ins Leben gerufen mit dem Wunsch, den gerade wieder hergestellten Frieden zu bewahren.

Noch immer stehen unsere Partnerstädte am Ortseingangsschild, noch immer wird der politische Kontakt intensiv gepflegt. Doch welchen Zweck erfüllen diese Verbindungen heutzutage? Und was haben wir als Krefelder*innen davon? Wir fragen jemanden, der es wissen muss: Oberbürgermeister Frank Meyer, der unter anderem als Vorsitzender der Euregio Rhein-Maas-Nord für einen internationalen Austausch einsetzt.

Vertäll: KREFELD FEIERT DIESES JAHR EINE DOPPELTE STÄDTEPARTNERSCHAFT – MIT VENLO UND MIT DÜNKIRCHEN. WIE SIND DIESE STÄDTEPARTNERSCHAFTEN ENTSTANDEN?
Frank Meyer: „Zu Venlo gab es, auch aufgrund der geographischen und kulturellen Nähe, historisch schon sehr lange Kontakte. Die Verbindung geht mindestens bis ins 18. Jahrhundert zurück, als die Mennoniten enge Beziehungen in die Niederlande pflegten. Selbst nach der furchtbaren Zäsur des Zweiten Weltkriegs lebte die Verbindung zwischen Venlo und Krefeld erstaunlich schnell wieder auf. Die erste Buslinie über die Grenze lief von Krefeld nach Venlo, das erste Telefongespräch mit Direktanwahl führten die beiden Bürgermeister. Als 1964 die Städtepartnerschaft gegründet wurde, war es so, als habe man eine lange währende Freundschaft endlich offiziell besiegelt. Die Partnerschaft mit Dünkirchen wurde zehn Jahre später ins Leben gerufen. Das war eine Zeit, in der viele Städte internationale Partner suchten und fanden. Krefeld wollte eine französische Partnerstadt haben, und über das Generalkonsulat in Düsseldorf kam der erste Kontakt nach Dünkirchen zustande. Offenbar stimmte die Chemie von Anfang an.“

WELCHEN ZWECK HABEN STÄDTEPARTNERSCHAFTEN – POLITISCH UND GESELLSCHAFTLICH?
Ich halte solche Partnerschaften für ungeheuer wichtig – heute mehr denn je. Kommunen stehen weltweit vor ähnlichen Herausforderungen wie Klimawandel, Digitalisierung und neue Mobilität. Bei der Bewältigung können sie sich gegenseitig unterstützen und voneinander lernen. Nehmen wir das neue Stadthaus in Venlo: Das ist für uns ein Musterbeispiel in Sachen nachhaltiges und gesundes Bauen.

Davon lernen wir viel für unsere eigenen Gebäude und haben ein regionales Netzwerk für „Healthy Building“ geknüpft. In einer unsicheren politischen Weltlage sind direkte Kontakte zwischen Städten ein echtes Pfund, weil sie dem internationalen Dialog ein zusätzliches Fundament geben. Man spricht in diesem Zusammenhang mit Recht von „Städtediplomatie“, ein Konzept, das deutlich über reine Partnerschaften mit Schüleraustausch und Co. hinausgeht. Abgesehen davon ist es natürlich immer gut, seinen Horizont zu erweitern und kulturelle Begegnung zu fördern.

WIE KÖNNEN KREFELDER*INNEN VON UNSEREN STÄDTEPARTNERSCHAFTEN PROFITIEREN?
Städtepartnerschaften öffnen Türen. Wo schon persönliche Kontakte bestehen, ist es immer besonders leicht, neue Kooperationen und Projekte anzustoßen. Wenn Krefelder Chöre mit Ensembles aus Venlo gemeinsam Konzerte geben oder unsere Kunstmuseen zusammen mit dem Museum FRAC in Dünkirchen Ausstellungen organisieren, dann ist der Mehrwert für die Stadtgesellschaft unübersehbar. Der Fantasie für unterschiedliche Formen der Zusammenarbeit sind da im Grunde keine Grenzen gesetzt. Im Fall von Leicester, unserer englischen Partnerstadt, stehen zum Beispiel die Feuerwehren in besonders engem Kontakt, mit Dünkirchen arbeiten wir im Bereich Erinnerungskultur eng zusammen. Wichtig ist, dass man sich zunächst kennenlernt – der Rest entsteht fast von alleine.

GIBT ES FORMATE, DIE UNSERE PARTNERSTÄDTE SPEZIELL IM JUBILÄUMSJAHR FÜR BÜRGER*INNEN GREIFBAR MACHT?
Es gab und gibt eine Vielzahl von gemeinsamen Aktivitäten zu den Jubiläen. Chöre und Bands aus Venlo haben „Kultur findet Stadt“ bereichert, beim Folklorefest waren beide Städte vertreten. In der Wanderküche, dem Foodtruck zum Stadtjubiläum, wurde schon Französisch gekocht. Und der VV Venlo war zum Freundschaftsspiel beim KFC Uerdingen zu Gast. Das sind nur wenige Beispiele für zahlreiche Veranstaltungen. Es kommen ja zum Jahresende auch noch offizielle Feierlichkeiten in den Rathäusern auf uns zu.

WAS IST IHNEN PERSÖNLICH AM WICHTIGSTEN AN DER PFLEGE VON STÄDTEPARTNERSCHAFTEN?
Ich habe über die Jahre sehr viele Menschen kennengelernt, die sich im Bereich Städtepartnerschaften engagieren. Ich war persönlich in Leicester, in Charlotte, mehrmals in Dünkirchen, gefühlt andauernd in Venlo. Es gab bei diesen Reisen nicht eine einzige Begegnung, die mich nicht weitergebracht hätte. Es ist fantastisch, wenn man voneinander lernen kann, kulturelle Unterschiede und Gemeinsamkeiten begreift und diskutiert, neue Impulse mit nach Krefeld nimmt. Wenn mich jemand fragt „Wozu eigentlich Städtepartnerschaften?“, müsste ich antworten: „Warum in aller Welt sollte man auf die Chancen verzichten, die lebendige Städtepartnerschaften uns bieten?“

WAS DARF MAN ALS KREFELDER BESUCHER*IN IN VENLO UND DÜNKIRCHEN AUF KEINEN FALL VERPASSEN?
Das ist leicht. Einfach mal hinfahren und die Städte selbst entdecken. Ich kann versprechen: Das lohnt sich sehr.

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