Südbahnhof! Station Werkhaus Einstieg & Drehkreuz für gesellschaftliche Themenvielfalt

Krefeld · Bahnhöfe haben eine besondere Atmosphäre: mal betrieb­sam und geräuschvoll, verknüpft mit Erwartungen, Sehnsüchten, Hoffnungen, Freude und auch Schmerzen bei Ankunft und Abschied. Manchmal verlieren sie den Anschluss und es wird still auf den Schienen.

Foto: RAB/Simon Erath

So erging es dem Krefelder Südbahnhof nur wenige hundert Meter vom Hauptbahnhof entfernt. Über viele Jahre lag er ungenutzt brach. Dann erwacht der denkmalgeschützte Gebäudekomplex 2008 aus dem Dornröschenschlaf – endlich. Dank engagierter Menschen, die dort über die Jahre ein einzigartiges interkulturelles Zentrum aufgebaut und stetig weiterentwickelt haben – eine Anlaufstelle für die gesamte Stadtgesellschaft: kreativ, konstruktiv und divers. Dort treffen wir Anja Jansen und Thyll Dammer von der Geschäftsleitung des dort ansässigen 1984 gegründeten gemeinnützigen Vereins „Werkhaus e.V.“.

SIE BILDEN SEIT JAHREN DIE BEWÄHRTE DOPPELSPITZE IN DER GESCHÄFTSFÜHRUNG: ANJA JANSEN UND THYLL DAMMER HIER AM EINGANG ZUM SÜDBAHNHOF AN DER SAUMSTRASSE.

Foto: RAB/Simon Erath

„ACH DU MEINE GÜTE. WIE SOLL DAS DENN ALLES KLAPPEN?“
Mit diesen Worten stand Anja Jansen 2010 inmitten des sanierungsbedürftigen Gebäudekomplexes an der Saumstraße: „Den Kontakt dorthin fand ich über meinen Sohn. Er hat dort die Angebote der Jugendkunstschule im Werkhaus genutzt. Ich war tief beeindruckt von der kreativen Schaffenskraft der sogenannten ‚Freien Szene‘, die mit Leidenschaft, Gemeinschaftssinn und Improvisationstalent kreative Projekte umgesetzt hat. Da wollte ich mitmachen. Und so begann mein Engagement für das Werkhaus.“

„ALS KULTUR­ UND KOMMUNIKATIONSORT MÖCHTEN WIR BRÜCKEN SCHLAGEN FÜR EIN BESSERES MITEINANDER.“ ANJA JANSEN

Foto: RAB/Simon Erath

Ein Macher der ersten Stunde war und ist bis heute Georg Dammer. „Er hat die notwendigen Baumaßnahmen und Projekte vorangetrieben“, erinnert sie sich. Seit drei Jahren ist sein Sohn, Thyll Dammer, beim Werkhaus e.V. aktiv und seit 2023 mit Anja Jansen in der Geschäftsführung des gemeinnützigen Vereins. „Mich haben schon immer gesellschaftspolitische Themen und bürgerschaftliches Engagement interessiert sowie künstlerische Formate wie Poetry, Comedy und Kabarett“, beschreibt Thyll Dammer, der in seiner Freizeit selbst ambitionierter Musiker ist. „Zudem liegt mir die Organisation von Veranstaltungen und ich bin gern Gastgeber. Und so wurde die Beziehung zum Werkhaus und zu den Menschen über die Jahre immer intensiver.“ Unterstützt werden die Beiden von einem 14-köpfigen Kernteam und bis zu 60 Ehrenamtlichen und Dozierenden.

„MIT DER NEUEN STADTTERRASSE SCHAFFEN WIR SPRICHWÖRTLICH NEUE PERSPEKTIVEN.“ THYLL DAMMER

Foto: RAB/Simon Erath

ORTE DER BEGEGNUNGEN MIT FACETTENREICHEN ANGEBOTEN
Ein Schwerpunkt des Werkhauses als zertifiziertes Weiterbildungswerk ist die Jugend- und Erwachsenenbildung. Im Laufe der Jahre haben sich weitere Themenfelder an vier Standorten entwickelt: im Stadtteil Cracau/Dießem befinden sich das Kinder-Spielhaus Dießem („SpieDie“) und das Werkhaus mit der Jugendkunstschule und dem Erwachsenenbildungswerk sowie der FREIraum21 mit Quartierstreff. Hinzu kommt der Südbahnhof. Alle Projekte werden je nach Bedarf stadt- und quartiersorientiert ausgerichtet.

„Die räumlichen Möglichkeiten erlauben es, in großem Umfang bürgerschaftliches Engagement und Kooperationen mit anderen Vereinen in die Bildungsarbeit zu integrieren“, beschreibt Thyll Dammer. Während Bildungs- und Jugendangebote vorwiegend in den vier Dießemer Werkhaus-Standorten stattfinden, dient der Südbahnhof ganzjährig für unterschiedlichste Veranstaltungsformate. „Die Konzerte, Theater- und Tanzaufführungen, Lesungen, Ausstellungen, Workshops sowie Diskussionsformate stehen häufig in Bezug zum aktuellen Stadtleben und zu aktuellen Gesellschaftsfragen“, erklärt Anja Jansen. „Wie gestalten wir unser Miteinander? Wie können wir mit kulturelle Bildungsarbeit Menschen unterstützen? Wie gehen wir mit drängenden Umweltfragen um? Viele Dinge ändern sich stetig. Wir reagieren darauf – ausgerichtet auf die unterschiedlichsten Herausforderungen und Anforderungen.“

Thyl Dammer bezeichnet das Kulturzentrum als Herzstück der Werkhaus-Arbeit: „Bildlich gesehen ist es das Drehkreuz, wo Weichen gestellt und Projekte initiiert werden.“

Die Fragen, die der Südbahnhof behandelt, betreffen uns alle. Anja Jansen regt zum Nachdenken an: „Menschen leben häufig in ihrer Blase. Das ist soweit okay. Nur sollten sie sich nicht isolieren und womöglich ein einseitiges Weltbild bekommen; daher möchten wir mit unseren Angeboten möglichst viele Schnittmengen zwischen den Blasen erzeugen. Integrieren und nicht ausgrenzen. Alle sind herzlich eingeladen, ob jung oder alt, arm oder reich oder aus unterschiedlichsten Kulturbereichen. Wir sehen unsere Orte als Schmelztiegel und uns als Motivatoren. Gern entwickeln wir gemeinsam neue und sinnstiftende Formate.“

Während andere alte Bahnhöfe stillgelegt werden, wird im Südbahnhof investiert. Auf seinem Dach erwartet uns schließlich ein Herzensprojekt und innerstädtisches Highlight: Die neue Stadtterrasse mit einzigartigem Südstadt-Panorama. Östlich mit Blick auf den Hauptbahnhof und entgegengesetzt westlich mit Blick auf die Baustelle der neuen Moschee. „Die Stadtterrasse gibt uns perspektivisch so viele Möglichkeiten, unsere soziokulturellen Angebote zu erweitern“, freut sich Thyll Dammer. „Eine nochmals erhöhte Aussichtsplattform kann sogar als Tribüne genutzt werden, um Theater-, Tanz- oder Musikprogramme zu genießen. Die Fläche ist so groß und teilweise schon jetzt sehr attraktiv mit Bepflanzungen angelegt. Unser Wunsch ist, dass mit Fertigstellung der Fahrradtrasse viele Menschen hier Station machen, die Oase entdecken, verweilen und genießen.“ Aktuell vollenden einige Gewerke noch ihre restlichen Arbeiten.

Der Südbahnhof nimmt weiter Fahrt auf. Ein Blick auf den opulenten „Fahrplan“ im Netz lohnt allemal – gefolgt von einem persönlichen Besuch natürlich!

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