Jonglier- und Reise-Weltrekordler Luca Pferdmenges „Die Menschen sind freundlicher als man denkt“

Über vier Jahre ist er um die Welt gereist, hat als jüngster Mann alle 195 Länder der Welt besucht. Ende April hat der mehrfache Jonglier-Weltmeister und Social-Media-Influencer Luca Pferdmenges seine „Mission“ abgeschlossen und ist in seine Heimatstadt Mönchengladbach zurückgekehrt. Allerdings nur kurz – denn nach der Reise ist bei dem 23-Jährigen immer auch vor der Reise. Und wo andere aus der Generation Z noch nach einer Life-Work-Balance streben, hat er seine Leidenschaft längst zum Beruf gemacht. Im top magazin Niederrhein erzählt er, wie er das macht und was er dabei schon so alles erlebt hat.

Bhutan gehört zu Lucas Lieblingsreiseorten – nicht nur wegen der wunderschönen Trachten, sondern vor allem wegen der freundlichen Menschen.

Foto: Luca Pferdmenges

Luca, ob früher nach neuen Guinness-Weltrekorden im Jonglieren, längeren Auslandsaufenthalten mit „Jonglissimo“ oder bei Kurzbesuchen während Deiner Weltreise, Du bist immer „happy“, zwischendurch in Deiner Heimat Mönchengladbach zu sein. Lange hält‘s Dich aber nie…

Luca: Das stimmt. Seit 2021 bin ich sogar fast kontinuierlich auf Reisen. Ich war zwischendurch oft in Mönchengladbach, aber meistens nur kurz, oft sogar nur zwei bis drei Tage. Durch das Jonglieren – das habe ich damals noch Vollzeit gemacht – bin ich ans Reisen gekommen. Während der Corona-Pandemie habe ich mich mehr und mehr auf Social Media fokussiert und es geschafft, mein Haupteinkommen darüber zu generieren. Das hat mir die Möglichkeit gegeben, Vollzeit zu reisen.

Dein erklärtes Ziel 2021: „Ich will der Jüngste sein, der jedes Land der Welt bereist hat!“ 89 von 193 UN-Mitgliedsstaaten hattest Du zu diesem Zeitpunkt schon bereist – hast Du die restlichen im Vorfeld genau geplant? Bist Du auch zwischendurch nochmal in Ländern, wo Du schon mal warst?

Ja, sehr oft sogar. In den meisten Ländern war ich schon mindestens zweimal. Die gesamte Route hatte ich vorher nicht geplant. Es gibt viele Länder, auf die ich jahrelang gewartet habe. Sudan und Nordkorea waren die schwierigsten Länder. Nordkorea hat seit Corona die Grenzen zugehabt und Sudan war während des Krieges, der vor einigen Jahren gestartet ist, lange Zeit nicht möglich. Erst vor ein paar Monaten haben sie wieder begonnen, Visa auszustellen.

Kannst Du die Länder noch der Reihe nach auflisten?

Ja. Ich habe alles chronologisch festgehalten.

So viele Eindrücke in vergleichsweise kurzer Zeit – hat Dich das nicht manchmal „erschlagen“? Bist Du manchmal morgens aufgewacht und wusstest nicht mehr, wo Du bist?

Ja das kommt vor. Es ist relativ schwierig, so viele Eindrücke zu verarbeiten. Manchmal muss ich einfach mal zehn Tage an einem Ort sein, Tagebuch schreiben und Dinge reflektieren. Das Schöne ist aber, dass man alle Erinnerungen in der Regel mit den Ländern klar identifizieren kann und man selten Erinnerungen verwechselt.

Deine Highlights hältst Du in Videos und Fotos fest und teilst sie in den sozialen Medien. 2 900 000 folgen Dir bei TikTok, 226 000 bei Instagram. Das sieht alles so leicht und nach wenig Arbeit aus – ist es das?

(Lacht) Wenn das so einfach wäre, hätten ja die meisten Leute drei Millionen Follower. Es ist ein Vollzeitjob wie jeder andere, und wenn man das noch kombiniert mit der Planung, die es braucht, jedes Land der Welt zu bereisen, arbeite ich wahrscheinlich 80 Stunden pro Woche. Das Schöne an meiner Arbeit ist aber, dass ich sie von überall aus machen kann.

Wie viele Kilometer bist Du geflogen – gab‘s dafür auch mal Shitstorms von Klimaschützern?

Wie viele Kilometer genau weiß ich nicht, aber es waren viele. Meine Mission ist es, meine Plattform zu nutzen, um Menschen weltweit zu verbinden. Flüge sind unverzichtbar für den Erhalt des Friedens. Außerdem: Allein die Fleischindustrie stößt jährlich über 20-mal mehr CO2 aus als alle Flüge – kommerziell und privat – zusammen. Wenn wir dem Planeten wirklich etwas Gutes tun wollen, sollten wir uns vegan ernähren. Und ja, das tue ich.

Wie bist Du noch gereist, was war das aufregendste Fortbewegungsmittel?

Ein Güterzug in der Sahara, der Eisenerz transportiert. Dieser ist übrigens auf halber Strecke entgleist und wir saßen für viele Stunden irgendwo in der Sahara fest.

Wie viele Sprachen sprichst Du, gab‘s auch mal Verständigungsschwierigkeiten?

Sechs Sprachen, wobei das Niveau schnell abnimmt. Deutsch, Englisch, Spanisch, Hebräisch, Französisch und Indonesisch. Außerdem lerne ich Chinesisch. Verständigungsprobleme gibt es öfter, aber die Menschen sind freundlicher, als man denkt.

Wie hast Du Deine Weltreise eigentlich finanziert?

Ich habe mir alles selbst finanziert, erst durch Jongliershows und Straßenauftritte, dann mit Social Media. Ich arbeite mit Reiseanbietern und Produktherstellern zusammen und werbe für sie auf meinen Kanälen.

Hast Du auch schlechte Erfahrungen gemacht, böse Erlebnisse gehabt?

Im Dezember wurde ich in Mali von einem korrupten Polizisten verhaftet. Er hat mich in einen Raum gesperrt und wollte, dass ich ihm viel Geld zahle. Ich musste einige Zeit dort bleiben und hab ihn irgendwann auf 20 Euro runtergehandelt. Letztes Jahr war ich in Papua Neuguinea, dort habe ich eine Schießerei miterlebt. Insgesamt überwiegen allerdings die schönen Erfahrungen. Das schwierigste sind eigentlich die Visa-Bestimmungen, die oft nicht ganz klar sind. Vor allem die letzten 20-30 Länder hatten es extrem in sich. Länder, die besonders schwierig sind für Visa, sind Eritrea, Mali, Sudan, Nordkorea, Libyen, Tschad, Niger und die Republik Kongo.

Hast Du mal an einem Ort gedacht: Hier will ich für immer bleiben?

Ja. In Tel Aviv. (Anm. der Redaktion: Das Interview hat vor der neuesten Eskalation mit Iran stattgefunden. Aktuell warnt das Auswärtige Amt vor Reisen nach Israel.)

Was sind deine drei besten Orte, Begegnungen und Erfahrungen, die Du gemacht hast?

Bhutan war einer meiner Lieblingsreisen. Das Land ist eine Monarchie mitten im Himalaya, und die Menschen sind unfassbar freundlich. Das Land ist schwer zu bereisen und relativ isoliert. Die traditionellen Kleider dort sind auch die schönsten, die ich je irgendwo gesehen habe. Vielleicht nicht die „beste“ Erfahrung, aber eine sehr interessante: Im Südsudan war ich beim Mundari Tribe. Das ist ein Stamm, in dem Kühe eine spezielle Rolle spielen. Die Menschen haben kaum persönlichen Besitz und leben mit und um ihre Kühe herum. Sie haben behauptet, ich sei der erste Tourist gewesen, der an ihrer Morgenroutine teilgenommen hat. Diese beinhaltet, dass man sich unter eine Kuh stellt und sich in Kuhurin duscht.
Letztes Jahr war ich in Tuvalu, dem am wenigsten besuchten Land der Welt (etwa 1000 Touristen pro Jahr). Dort wurde ich auf der Straße von Kindern erkannt, die mich von TikTok kannten. Das war eine wahnsinnig tolle Erfahrung. Ich habe Follower aus aller Welt, und damit kommt natürlich auch irgendwo Verantwortung. Aus diesem Grund halte ich meine Accounts möglichst frei von Politik, um Menschen mit allen Hintergründen willkommen zu heißen.

In Nordkorea warst Du auch. Stimmt es, dass Touristen dort keine Jeans tragen dürfen?

Ja, ich war noch vor kurzem dort. Die Behauptung, dass man keine Jeans tragen dürfe, ist aber falsch.

Was ist das Verrückteste, das Du unterwegs gegessen hast – wo?

Nachdem ich mich seit einigen Jahren vegan ernähre, bin ich in der Regel ganz gut aufgestellt. In Westafrika gibt es oft wilde Kombinationen, die erstaunlich gut schmecken: zum Beispiel Maccaroni oder Spaghetti im Baguette mit scharfer Sauce. Mein Lieblingsessen ist Injera aus Äthiopien, dicht gefolgt von mexikanischer Küche. Empfehlung an alle Leser: Geht mal in ein äthiopisches oder eritreisches Restaurant – das ist auch sehr vegan-freundlich.

Wie hat Dich das Reisen persönlich weitergebracht, was hast Du alles gelernt?

Man lernt, die Welt zu verstehen. Warum ein Land so ist, wie es ist. Das Wichtigste, was ich gelernt habe, ist, dass die Menschen freundlicher sind, als man denkt. Selbst in Kriegsgebieten wird man meist mit offenen Armen empfangen. Oft sind es besonders „problematische“ Länder, die Gäste am herzlichsten empfangen.

Letzte Station vor Deiner Rückkehr nach Deutschland war Palau, ein Inselstaat im Pazifischen Ozean mit 356 Inseln und 17 600 Einwohnern – war das Zufall?

Palau habe ich mir bewusst als letztes Land aufgespart. Ich wollte nicht, dass es ein „unentspanntes“ Land wie Sudan oder Mali wird. Ich war mit zwei Freunden dort, das wäre sonst auch nicht möglich gewesen. In meinem letzten Land wollte ich natürlich auch ein bisschen feiern. Außerdem ist Palau wahnsinnig schön.

Auf wen und was freust Du Dich, wenn Du mal in der Heimat bist?

Auf die deutschen Supermärkte. Und natürlich auf meine Familie und Freunde.

Über Deine Weltreise wurde auch eine Dokumentation gedreht – wo und wann läuft sie?

Wenn alles gut verläuft, kommt die Dokumentation Anfang August heraus. Sie wird frei auf YouTube verfügbar sein.

Alle Länder bereist, Mission erfüllt – wie geht es weiter, was hast Du für Pläne?

Ich freue mich darauf, mich endlich mal auf andere Projekte fokussieren zu können. Ich habe vor kurzem noch eine Firma in den USA gegründet. Die Details sind noch ein bisschen geheim, ich werde es aber wahrscheinlich nächsten Monat verkünden.

Mehr von Luca findet man bei TikTok und Instagram unter 
@thegermantravelguy