Eva Spott Goodbye, Queen!

Krefeld · Denke ich an Eva Spott auf der Bühne des Theater Krefeld und Mönchengladbach, denke ich an Königinnen.

Eva Spott ist in Krefeld geboren und aufgewachsen. Seit dem Kindesalter verfolgte Sie ihr Ziel, Schauspielerin zu werden. Erst im Schultheater, dann an der Schauspielschule in München.

Foto: vertäll

Sie war die Königin der Oper, Maria Callas, Iokaste, Königin von

Theben, Mutter und Frau des Ödipus, Lady Macbeth. Und auch zuletzt stand sie als gekrönte auf der Bühne. Als Elisabeth I. von England.

Natürlich waren es nicht nur adelige Damen, die Eva in den vergangenen Jahren darstellte. Aber es sind diese und ähnliche Rollen, in denen viele sie in Erinnerung behalten werden, wenn sie das Theater Krefeld und Mönchengladbach im Mai nach 15

Jahren verlässt: Rollen starker und bewegter Frauen, Frauen voller Anmut und Autorität – aber auch voller Abgründe.

Viele Königinnen und andere starke Frauenfiguren durfte die 65-Jährige im Laufe ihrer Karriere spielen. Eine ihrer letzten Rollen war Elisabeth I. von England in „Mary Stuart“.

Foto: vertäll

Angefangen habe das mit der Schauspielerei schon in ihrer Jugend, erzählt Eva, als wir uns an einem bewölkten Frühlingstag im Café Paris treffen.

Die 65-Jährige umgibt ein Leuchten, als sie den Raum betritt. Ihre ruhige Begrüßung strahlt etwas ungemein Selbstbewusstes aus, das sie in jedem Kontext auffallen lassen würde. Ganz ohne knallige Kleidung, eine aparte Brille oder besonderen Schmuck. Diese Frau muss sich kein Strahlen aufmalen, es kommt aus ihr selbst.

Eva bestellt Tee. Tatsächlich sei das Schultheater zum Nährboden des Berufswunschs geworden, sagt sie, und die erste Kritik, die sie über sich gelesen habe. „‚Die 16-jährige Eva Spott spielt überzeugend die Hure Abigail in Hexenjagd‘“, zitiert Eva und lacht. „Das hat mich damals durchaus beflügelt. Bis 16 wollte ich Gartenarchitektin werden. Ab 17 dann Schauspielerin.“

Sie beginnt bald, sich zu professionalisieren, nimmt Schauspielunterricht. Vom heimischen Traar geht es nach dem Schulabschluss an die Schauspielschule Otto Falkenberg in München und anschließend auf die Bühnen Deutschlands.

Acht Theaterensembles wird Eva angehören, außerdem Gastauftritte, Fernseh- und Filmrollen spielen, bis sie 2010 für ihre letzte Etappe in ihre Heimat Krefeld zurückkehrt.

Das Theater habe sich sehr verändert, seit ihren Anfängen als

Schauspielerin, erzählt sie. „Nicht so sehr auf der Bühne. Aber

die Arbeitsbedingungen, der Diskurs über Arbeitsbedingungen,

über Mitsprache, über Strukturen, der hat sich extrem verändert. Das Arbeitsklima ist angstfreier geworden.“

Seit der Wahl von Christoph Roos zum Schauspieldirektor hat das Ensemble am Theater Krefeld und Mönchengladbach außerdem mehr Mitspracherecht und Entfaltungsmöglichkeiten in

der Stückauswahl und -entwicklung.

Eigentlich wünsche sie sich sogar noch mehr Mut zu neuen Wegen und vor allem zum öffentlichen Diskurs am Theater. Auch wenn es schwer sei. „Wach sein, die Themen verhandeln, die die Welt bewegen. Ausprobieren. Aber Kultur zu verwalten und Kultur zu kreieren, ist eine schwer vereinbare Aufgabe für Theaterleitungen.“

Eva schaut aufmerksam in die Ferne, als würde sie just in diesem Moment jemandem dabei zusehen, wie sie oder er sich der Aufgabe Theatertransformation widmet. Es macht Freude, ihren

Gedanken zu folgen. Oft nimmt sie sich Zeit, einen Satz kurz reifen zu lassen, bevor sie ihn ausspricht.

Gesellschaftliche Transformationsprozesse zu besprechen, zu interpretieren und zu hinterfragen – eigentlich sei das das Interessanteste an ihrem Job. Das Ziel, etwas zu vermitteln, trägt die Schauspielerin stets mit in die Rollenarbeit.

Sie habe einen Hang zur Psychologie – vor allem dann, wenn diese sich mit einem aktuellen Diskurs vermenge. Welche Motivation liegt einer Handlung zugrunde? Wer scheitert warum oder hat aus welchem Grund Erfolg?

„Ich finde es interessant, ein persönliches Anliegen zu entdecken in der Figur, die ich darstelle. Es gab zum Beispiel immer schon Persönlichkeiten, die das Empowerment gesucht haben. Wenn ich starke historische Frauenfiguren spiele – und das durfte ich hier wirklich sehr oft – interessiert mich, einen Zusammenhang herzustellen zwischen der Geschichte, der Situation, in der diese Frauen gelebt haben, und dem heutigen Diskurs“, sagt Eva.

„In Maria Stuart, als Königin Elisabeth, sage ich Sätze, von denen man kaum glaubt, dass Schiller sie geschrieben hat – so aktuell scheinen sie. Zum Beispiel: ‚Was man scheint, hat jedermann zum Richter, was man ist, hat keinen.‘ Das finde ich sehr spannend in einer Welt voller Social Media Posts, die nur, nur, nur Schein sind. Alle wollen scheinen, gleich erfolgreich, gleich

schön sein. Und was ist mit dem, was man ist?“

Es ist fast, als wäre dieses Zitat ein Leitspruch, ein Motto, das den Abschied von Eva Spott aus dem Theater begleitet. Denn obwohl soziale Medien und Theater sehr verschiedene Formen des Scheins aufbauen, bleibt am Ende doch die Tatsache, dass Probenarbeit, Aufführungen, Lob und Kritik darum kreisen, wie gut eine Illusion gelungen ist.

Am 18. Mai spielt Eva ihre letzte Vorstellung – Stolz und Vorurteil. Danach: Mal sehen.

„Im Theaterbetrieb ist man schon sehr eingebunden. Deshalb habe ich beruflich erstmal gar nichts vor. Ich habe sehr gute Freundinnen, zwei Söhne mit ihren Freundinnen, die ich dann endlich mal wieder ausführlich treffen kann. Es gibt einige kulturelle Events, die ich sehen möchte. Ich habe Lust, mich wieder mehr mit Sprache auseinanderzusetzen. Und ich habe noch ein paar Schauspielschüler*innen“, sagt sie und lächelt.

„Ich habe überhaupt keine Angst vor einem Loch. Ich würde mich auch gerne noch mal überraschen lassen. Vielleicht kommt

ja irgendwas, was ich gar nicht voraussehe.“

Es gibt da noch so einen denkwürdigen Satz in Mary Stuart: ‚Der ist noch nicht König, der der Welt gefallen muss, nur der ist‘s, der bei seinem Tun nach keines Menschen Beifall braucht, zu fragen.‘ Wir wünschen einen königlichen Ruhestand!

Theater Krefeld und Mönchengladbach

Theaterpl. 3, 47798 Krefeld, Tel. 02151 805125

theater-kr-mg.de

theater.krmg