MOBISATT: Wo Kinder satt & kreativ betreut werden Ma(h)lzeiten 
auf dem Westwall

Krefeld · Ein geschäftiges Stimmengewirr, der Duft exotischer Gewürze und ein leises Klirren aus der improvisierten Küche – was auf den ersten Blick wie ein Street-Festival wirkt, ist in Wirklichkeit eine liebevoll durchdachte Notwendigkeit: MOBISATT.

Thomas Jansen und Tania Kirsch-Boy freuen sich über die zahlreichen Kinder und Jugendliche, die MOBISATT auf dem Westwall besuchen und sich dort wohlfühlen. Auf den Stufen des stadtbekannten MOBIFANT-Bauwagens schmeckt das spontan organisierte Eis bei Sonnenschein umso besser.

Foto: vertäll

Direkt auf dem Westwall, im Kreuzungsbereich Lindenstraße, wächst etwas ganz Besonderes heran. Aus einem Provisorium wurde eine Perspektive – für Kinder, für die Stadt, für ein besseres Miteinander.

Es gehört zum Konzept von MOBISATT, dass vor Ort täglich bis zu 50 Mahlzeiten frisch zubereitet werden und die Kinder dabei helfen.

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„Anfangs haben viele gedacht, wir seien eine Baustelle“, erinnert sich Thomas Jansen mit einem Schmunzeln. Der Sozialpädagoge ist das Herz und seit 2013 der Leiter hinter dem bunten Bauwagen von MOBIFANT, einem mobilen Spiel- und Begegnungsort für Kinder. Jetzt, in Kooperation mit der Kindertafel unter dem Dach von MOBISATT, wird das Konzept zum multifunktionalen Treffpunkt für Krefelds junge Generation.

Die Umzäunung dient hauptsächlich dem Verkehrsschutz und ist zum Teil dekoriert mit Spannplakaten, die von Wienke Treblin gemeinsam mit Kinder kreiert wurden.

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Kinderarmut in Krefeld: 
Nicht immer sichtbar, aber realWas für viele Kinder selbstverständlich ist – ein warmes Mittagessen, Raum zum Spielen, jemand der zuhört – ist für andere ein seltener Luxus. In Krefeld wächst etwa jedes vierte Kind in prekären Verhältnissen auf. Manche Kinder leben offiziell in einem Haushalt, sind dort aber tagsüber nicht willkommen. „Tagesobdachlos“ nennt man das, ein Begriff, der schmerzt. Auch Kinder mit Behinderungen oder aus Migrantenfamilien verlieren oft den Anschluss, nicht selten durch Sprachbarrieren oder soziale Isolation. MOBISATT setzt genau hier an – mit offenen Türen, offenen Ohren und offenen Herzen.

Wo Ideen zünden: 
Die Geburt von MOBISATTDie Initialzündung kam 2023. Ein großer leerstehender Raum in der 1. Etage des ehemaligen CVJM-Gebäudes am Westwall wurde frei. Für Tanja Kirsch-Boy, die 2018 Nachfolgerin von Liesel Ploenes wurde und die Kindertafel seitdem leitet, war sofort klar: Hier entsteht etwas Neues. „Als ich mit Thomas Jansen durch die Räume ging, hatten wir spontan unzählige Ideen. Eine davon war: Warum nicht zusammen?“ Beide Projekte – MOBIFANT und Kindertafel – brachten ihre Stärken ein. Die Vision: Eine vernetzte Spiel-, Koch- und Begegnungsstätte. Aus einer Küche, die Tanja Kirsch-Boy kurzerhand über Ebay organisierte, wurde der Mittelpunkt des neuen Konzepts. „Mit viel Einsatz, Teamarbeit und Spenden haben wir die Etage ausgebaut und zum Leben erweckt“, sagt sie.

Wärme kommt von innen – 
und aus KamerunFür das leibliche Wohl sorgt seitdem Beatrice Conrad, gebürtig aus Kamerun. Ihre Gerichte bringen nicht nur sättigende Portionen, sondern auch kulturelle Vielfalt auf den Teller. „Wenn Beatrices Küche duftet, ist das wie eine Einladung an alle Sinne“, beschreibt die Leiterin der Kindertafel die besondere Atmosphäre. Unterstützt wird sie von Andrea Quint – beide Stellen sind über städtische Fördermittel finanziert. Der Rest? Kommt aus Spenden. „Wir könnten ohne diese Hilfe nicht arbeiten“, betont sie ausdrücklich.

Ein Ort für Körper und GeistBis zu 50 Kinder zwischen 6 und 13 Jahren essen täglich bei MOBISATT – frisch, gesund und liebevoll zubereitet. Auf dem rollierenden Speiseplan stehen 15 wechselnde Gerichte. Doch Essen ist nur ein Teil der Vision. Ergänzt wird das Angebot durch kreative Impulse wie zum Beispiel montagsnachmittags und freitagvormittags bietet die Lyrikerin und Gestalterin Wienke Treblin Schreibwerkstätten, Bastelstunden und Malaktionen an. So entsteht ein Ort, der nicht nur den Magen, sondern auch das Selbstwertgefühl füllt.

Neustart auf dem Asphalt: 
Leben zwischen Containern 
und BauwagenAls das Gebäude auf dem Westwall zur Sanierung durch die Wohnstätte Krefeld freigegeben wurde, stand schnell fest: MOBISATT muss bleiben – und sichtbar sein. Acht Monate lang wurde geplant, genehmigt und vorbereitet. Heute stehen auf dem mittleren Parkstreifen vier Container und der markante farbenfrohe Bauwagen von MOBIFANT. „Wir wollten bewusst in der Nähe bleiben“, erklärt Thomas Jansen. „Die Kinder kennen und vertrauen uns. Es wäre fatal gewesen, diesen Ankerpunkt aufzugeben.“

Eine Oase wächst: 
Von Träumen und ZukunftsplänenZwischen Ballspielen, Bastelarbeiten und Apfelstücken träumen Tanja Kirsch-Boy und Thomas Jansen schon weiter: „Wir möchten das Gelände noch lebendiger gestalten – mit Pflanzen, kreativen Plakaten, Paletten-Möbeln, vielleicht einem Pavillon oder Spielzelt“, so Thomas Jansen. „Und ein Webstuhl zum Ausprobieren wäre großartig!“ Für die ehrenamtliche Leiterin steht vor allem eines im Mittelpunkt: „Wir möchten mehr Menschen erreichen. Mehr Unterstützer, mehr Aufmerksamkeit für unsere Arbeit. Zum Wohle der Kinder. Immerhin werden wir wohl rund anderthalb Jahre hierbleiben.“ Während sie spricht, laufen Elias und Alexander lachend einem Ball hinterher, Emine bastelt mit bunten Papierbögen und Huseju jongliert konzentriert mit Kegelfiguren. MOBISATT ist kein Ort. Es ist ein Versprechen – dass kein Kind in Krefeld übersehen wird. Vielleicht bleibt MOBISATT ja doch etwas länger hier und bereichert das Stadtleben.