Oberbürgermeister Felix Heinrichs hat dabei gemeinsam mit Ruthy Sherman, der Tochter der Holocaust-Überlebenden Hilde Sherman-Zander, feierlich das Schild enthüllt. Anlass für die Wirksamkeit an diesem Tag ist, dass sich die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz zum 80. Mal jährt.
Hilde Sherman-Zander wurde 1923 in Wanlo geboren, das heute zu Mönchengladbach gehört. 1941 wurde sie nach Riga deportiert und ist 1945 nach der Verschleppung in weitere Lager befreit worden. 2011 starb sie in Jerusalem.
„Mit dieser Umbenennung in Hilde-Sherman-Zander- Straße setzen wir hier in Mönchengladbach ein Zeichen dafür, dass wir neben wichtigen Gedenktagen wie heute uns auch permanent immer wieder daran erinnern und eben nicht vergessen dürfen. Nie wieder darf es zu solchen Gräueltaten und Verbrechen gegen die Menschheit kommen“, sagte Oberbürgermeister Felix Heinrichs bei der feierlichen Enthüllung. „Vor allem erinnert es uns aber auch daran, dass wir für unsere demokratischen Werte jeden Tag immer wieder aufs Neue einstehen und sie verteidigen müssen. Wir alle tragen Verantwortung für die Zukunft.“
Anlässlich der Neuauflage des Buches „Zwischen Tag und Dunkel. Mädchenjahre im Ghetto“ von Hilde Sherman-Zander im Jahr 2022 hatte die Jüdische Gemeinde den Wunsch geäußert, eine Straße nach der 2011 in Jerusalem verstorbenen Holocaustüberlebenden zu benennen. Den Vorschlag griffen Oberbürgermeister Felix Heinrichs und der Kulturausschuss auf und erarbeiteten den Vorschlag, ein Teilstück der Blücherstraße umzubenennen. Der Rat hat dem Vorschlag mehrheitlich zugestimmt.
Auf diesem Teilstück der Blücherstraße stand gegenüber der heutigen Zentralbibliothek die jüdische Synagoge: „Dies ist also ein besonderer und damit würdiger Ort“, sagte Heinrichs weiter. In dieser zentralen Lage bekommen Hilde Sherman-Zander und ihre Geschichte sowie ihr Bericht über das unermessliche Leiden ihrer Familie, das stellvertretend für das Leiden Millionen von jüdischer Menschen in der Zeit des Nationalsozialismus steht, eine besondere Sichtbarkeit.“
Bei der feierlichen Straßenbenennung gab es dann auch noch einen Halt bei der Hausnummer 15-17 der jetzigen Hilde-Sherman-Zander-Straße. Hier hat nun auch die Synagogengedenktafel ihren festen und endgültigen Standort gefunden. Genau an dieser Stelle befand sich bis zu ihrer gewaltsamen Zerstörung 1938 die alte Synagoge.
Mit der neuen Benennung hat nun auch die Zentralbibliothek eine neue Anschrift. Dieses lautet nun Hilde-Sherman-Zander-Straße 6. Im weiteren Verlauf bleibt der Name Blücherstraße erhalten. Auch die Hausnummern bleiben bestehen.
Zu Hilde Sherman-Zander
Hildegard Zander, verh. Sherman, war die Tochter von Albert Zander und Paula Wiesenfelder, sie wurde in Wanlo geboren. Später verzogen die Eltern mit ihrer Tochter Hilde in das benachbarte Wickrathberg, Berger Dorfstraße 27. Im Dezember 1941 erhielt ihr Verlobter Kurt Winter den Deportationsbefehl in das Ghetto Riga. Um mit ihm zusammenbleiben zu können, meldete sie sich freiwillig. Sie heirateten noch kurz vor der Abfahrt am 6. Dezember 1941. Das Ehepaar wurde vier Tage später am 10. Dezember 1941 vom Schlacht- und Viehhof im Düsseldorfer Stadtteil Derendorf in einem Eisenbahntransport nach Lettland in das Ghetto Riga verschleppt. Kurt Winter verstarb am 27. April 1942 in Riga. Sie überlebte als Einzige ihrer Familie den Holocaust. Oktober 1944 wurde sie mit anderen Häftlingen mit einem Schiff nach Libau und von dort am 19. Februar 1945 nach Hamburg deportiert. Hier wurde die Gruppe in das Konzentrationslager Fuhlsbüttel, das sich im Gefängnis Fuhlsbüttel befand, überführt. Am 14. April wurden die Häftlinge von der SS auf einen Todesmarsch nach Kiel getrieben, wo sie am 17. April im Arbeitserziehungslager Nordmark in Kiel-Hassee ankamen. Am 1. Mai 1945 gehörte Hilde Sherman zu einer Gruppe, die von Dänen mit LKWs, die das Rot-Kreuz Zeichen aufwiesen, aus dem Lager geholt und nach Kopenhagen gebracht wurde. Es war die von dem schwedischen Grafen Folke Bernadotte durchgeführte Rettungsaktion der Weißen Busse. Sie emigrierte am 27. November 1945 nach Cali Kolumbien. Im Ghetto von Riga hatte sie den lettischen Juden Willy Sherman kennengelernt. Er hatte gleichfalls überlebt. Nach Jahren gelang ihm die Einreise nach Kolumbien, wo er Hilde heiratete. Später zog die Familie nach Bogotá. Das Ehepaar bekam zwei Töchter. In den 1970er Jahren kam Hilde Sherman zweimal nach Deutschland, um in Hamburg als Zeugin in Strafprozessen auszusagen, hierbei besuchte sie auch Mönchengladbach. 1982 veröffentlichte sie ihr Buch in Kolumbien. Die deutsche Version „Zwischen Tag und Dunkel. Mädchenjahre im Ghetto“ erschien 1984 im Ullstein-Verlag.
1989 gehörte Hilde Sherman-Zander zu den ehemaligen jüdischen Bürgern, die die Stadt Mönchengladbach zu einer Begegnungswoche eingeladen hatte. Danach folgten noch zwei weitere Besuche – zuletzt von Jerusalem aus, wohin sie 1995 nach 50 Jahren in Kolumbien gezogen war.
Quellen:
StA MG 14/8020
Erckens, Juden in Mönchengladbach, Mönchengladbach, 1989. https://www.yadvashem.org/de/education/newsletter/2/hilde-sherman.html - abgerufen am 28.08.2024.
Sherman-Zander, Zwischen Tag und Dunkel. Mädchenjahre im Ghetto, Frankfurt am Main /Berlin / Wien 1984. https://www.moenchengladbach.de/fileadmin/user_upload/Stadtarchiv-Stadtgeschichte/Stolpersteine/Berger_Dorfstra%C3%9Fe_27.pdf - abgerufen am 28.08.2024.