Die St. Sebastianus-Bruderschaft Lank-Latum führt ihre Gründung – wie etliche andere Sebastianer im näheren Umkreis – auf die Belagerung von Neuss durch den Burgunderherzog Karl den Kühnen 1474/75 zurück. Im Rahmen der sogenannten Kölner Stiftsfehde rangen damals Erzbischof-Kurfürst Ruprecht von der Pfalz und das Domkapitel mit ihren Verbündeten um die Macht. Neuss hatte sich auf die Seite des Kapitels gestellt, Karl den Erzbischof unterstützt. Leidtragende waren aber auch die Bauern und Dörfer der Umgebung, aus der sich die burgundische Armee ernährte. Zum Schutz, so argumentierte der umtribige Lanker Schützenbruder und spätere Bezirksbundesmeister Friedrich Senger, hätte Ruprecht in allen Pfarren per Erlass zur Gründung von Schützenbruderschaften aufgerufen. Da Historiker einen solchen Erlass aber auch nach Jahrzehnten intensiver Suche nicht aufspüren konnten, gilt diese Version heute als höchst unwahrscheinlich. Auch hätten sich die Schützen ja gegen die mit Ruprecht verbündeten Burgunder richten müssen, was unlogisch ist.
Trotzdem dürfen sich die Sebastianer eines hohen Alters rühmen. Die Pfarre Lank entstand schon bei der Einführung der Pfarrorganisation im Rheinland im Hochmittelalter. Und da je Pfarre stets nur eine Bruderschaft unter einem bestimmten Patron eingerichtet wurde und im näheren Umfeld schon ab dem 14. Jahrhundert Bruderschaften nachgewiesen sind, dürfte auch die Lanker Sebastianus-Bruderschaft sogar um einiges älter als die gefeierten 550 Jahre sein. Schon 1313 wird ein Marien-Altar in der Stephanus-Kirche gestiftet, was auch an eine damit verbundene Gebetsbruderschaft denken lässt. Dies macht durchaus wahrscheinlich, dass auch der Sebastianus-Altar und mit ihm die Schützen schon ins 14. Jahrhundert datiert werden könnten.
Mit den Jubiläen hatten es die Sebastianer in Lank allerdings schon immer. So feierte man im Jahre 1902 noch das 200-jährige Bestehen, 1935 bereits das 400. Jubiläum und 1975 dann das volle halbe Jahrtausend. Hintergrund war zuerst eine silberne Medaille von 1702, dann eine Gravur auf dem Vogel des Königssilbers, das man zuerst als 1535 las. Erst später stellte sich heraus, dass es wohl doch 1538 heißen musste. Da aber hätte man das Jubiläum schon nicht mehr feiern können, weil das NS-Regime den Bruderschaften nur noch das Beten, aber weder Uniformen noch Schießen oder gar Schützenfeste erlaubte. 1975 schließlich hatte sich Senger mit seiner These durchgesetzt und das dritte Jubelfest in nur einem Jahrhundert ermöglicht.
Zum ersten Mal wirklich fassbar wird die Sebastianus-Bruderschaft allerdings zu Beginn des 17. Jahrhunderts während der Auseinandersetzungen zwischen den christlichen Konfessionen. Der Graf von Moers als Herr zu Krefeld war Protestant und versuchte im Umfeld der Festung Cracau unter den katholischen Nachbarn Unruhe zu stiften. Söldnertrupps störten vor allem die Fronleichnamsprozessionen im Umland, die seit jeher von Schützen begleitet wurden. Was 1603 noch Schutz bedeutete und zum Ursprung der Barrikadenkämpfe wurde, empfanden die Kölner Kirchenfürsten 150 Jahre später als Zumutung. Mehrfach wurde nicht nur den Lanker Schützen verboten, Schusswaffen während der Prozession mitzuführen oder gar damit zu schießen.
Noch immer allerdings zogen die Schützen aus den umliegenden Ortschaften zum Schützenfest ins Kirchdorf Lank. Die einzelnen Kompanien hatten eigene Spielleute und Fahnen oder liehen sich diese bei Nachbarn, so wie die Ossum-Bösinghovener noch 1757 mit dem „Fendel“ der Oppumer Schützen aufmarschierten. Heute gilt dieser schriftliche Beleg als Gründungsdatum der St. Pankratius-Bruderschaft. Für die Lanker Bruderschaft existiert sogar schon ein Mitgliederbuch vom Ende des 17. Jahrhunderts als älteste schriftliche Aufzeichnung. Andere Papiere verbrannten 1862 im damaligen Vereinslokal „Zum Anker“.
Das Schützenfest 1757 mit dem König Johannes Bongartz ist übrigens durch einen schriftlichen Bericht gut dokumentiert. Was nicht vermerkt ist: Der Lanker Schützenkönig von 1757 stand später mehrfach in Linn vor Gericht, weil er sich zuhause als ein arger Wüterich gerierte.
Mit dem Einmarsch französischer Revolutionstruppen ins Rheinland 1793 verschwanden nach und nach die ursprünglichen Bruderschaften als unerwünschte kirchliche Vereinigungen. Ihre Nachfolger im 19. Jahrhundert waren zunächst ausgesprochen bürgerlich geprägt. Das bedeutete vor allem, dass nun Frack und Zylinder dominierten und Frauen bestenfalls als „schmückendes Beiwerk“ geduldet wurden. In den alten Bruderschaften waren dagegen stets Ehepaare Mitglied. Reine Herrenclubs waren lediglich die Junggesellenbruderschaften – mit der Eheschließung ging man dann zur Schützenbruderschaft über.
Um die Jahrhundertwende gab es dann sogar zwei Schützenvereine in Lank und Latum, deren gekrönte Häupter sich zum Schützenfest sogar Staatsbesuche abstatteten. Mitgliederschwund und die Vereinigung der beiden Dörfer Lank und Latum führten zu einer Vereinigung. Als sich dann 1928 im nahen Viersen die Erzbruderschaft vom Heiligen Sebastian, der Vorläufer des heutigen Bundes der Historischen deutschen Schützenbruderschaften, gründete, waren die Lank-Latumer mit dabei – man war halt katholisch.
Das hinderte aber nicht daran, mit Isaak Wyngard ein jüdisches Ehrenmitglied zu ernennen, was im Dritten Reich zu einigem Ärger führen sollte. Nach dem Eklat zum Jubiläumsfest 1935 und dem anschließend erzwungenen Ende des Schützenwesens fand sich erst nach dem Zweiten Weltkrieg die Bruderschaft wieder zusammen. Einem Höhenflug zu Beginn der 1950er Jahre folgte eine Durstrecke, bevor ab Anfang der 1970er Jahre wieder mehr Lank-Latumer Freude am Schützenwesen entwickelten.
Seither ist die St. Sebastianus-Bruderschaft als wichtiger Aktivposten im Ort stetig auf Wachstumskurs und bei inzwischen fast 500 Mitgliedern angelangt.