"Ausgerechnet Wolkenkratzer" ist der deutsche Titel, und wem auch das nichts sagt: Es ist der Film mit der berühmten Uhr-Szene, wo Harold Lloyd an einem Zeiger hängt — an einem Wolkenkratzer hoch über dem Straßenverkehr. Unter anderen hat "Zurück in die Zukunft" diese Szene zitiert.
Und die Szene wurde tatsächlich ohne Netz oder Double in einem achten oder neunten Stock gedreht, wie Filmforums-Leiter Kai Gottlob erzählt. Nur ein Matratzenstapel hätte Lloyd aufgefangen, der später berichtete: "Keiner wusste, was wirklich passiert wäre, wenn ich da runter gestürzt wäre." Weil diese Mischung aus Thrill und Komödie so nervenzerfetzend war (und eigentlich immer noch ist), saßen in den 1920ern bei jeder Vorführung des Films auch Krankenschwestern im Publikum.
Neben der tollen Filmauswahl, mit der man quasi auf dem Spitzenniveau bleibt, das mit den drei Chaplin-Filmen vorgelegt wurde, gibt es noch einen Clou: Die Duisburger Philharmoniker spielen live eine Filmmusik dazu, die der große Carl Davis 1989 für den Film komponierte — und Carl Davis dirigiert höchstpersönlich! Der Komponist und Dirigent, der im nächsten Jahr 80 Jahre alt wird, ist sozusagen der Superstar der Stummfilmneuvertonung (z.B. das "Ben Hur"-Original von 1925), hat aber auch Ballette und über 100 Fernsehserien vertont; für seine Musik zu "Die Geliebte des französischen Leutnants" hat er 1981 einen British Film Award und den Grammy gewonnen. Der Stardirigent und der Thrill-Comedy-Klassiker — "das ist genau passend zum 20-jährigen Jubiläum des Sommerkinos", freut sich Kai Gottlob.
"Sehr komplex, sehr vielschichtig und abwechslungsreich" sei Davis‘ Musik, berichtet Philharmoniker-Intendant Dr. Alfred Wendel, und fürs Orchester "sehr anspruchsvoll", möglicherweise eine noch größere Herausforderung als die Chaplin-Musiken. Vor allem aber ist die Musik sehr wirkungsvoll: "Ohne Musik sind solche Szenen (wie die mit der Uhr, d.Red.) gar nicht denkbar", so Wendel.
"Safety last" ist allerdings noch weitaus mehr als seine berühmteste Szene. Das Erklettern des Hochhauses ist sozusagen der symbolische Gipfel der Handlung, denn der arme Harold Lloyd legt sich den ganzen Film über quer und zerreißt sich förmlich vor Arbeit, um reich zu werden und "das Mädchen" heiraten zu können. Tatsächlich war Lloyd seinerzeit erfolgreicher als Charlie Chaplin und Buster Keaton. "Als er sich Anfang der Vierziger aus dem Filmgeschäft zurückzog, war er der reichste Schauspieler Hollywoods", berichtet Kai Gottlob. Viel herzerweichender noch ist die Geschichte hinter der Filmhandlung: So, wie sich Lloyds Filmcharakter um "das Mädchen" bemüht, tat es auch der tatsächliche Lloyd — und ebenfalls erfolgreich: Nach dem Filmdreh läuteten für Lloyd und seine Hauptdarstellerin Mildred Davis die Hochzeitsglocken.
Für das Filmforum und die Philharmoniker ist die Sache übrigens ein Wagnis: Waren die drei Chaplin-Filmkonzerte von Thyssen-Krupp gesponsert, gibt es für "Safety Last" noch keinen großen Förderer. "Wir standen jetzt unter Handlungszwang", lächelt Kai Gottlob in Anspielung auf Rechte- und Vertragsfragen. Und Alfred Wendel verspricht: "Wir werden auf jeden Fall eine Möglichkeit finden." Schlimmstenfalls müsse anderswo gespart werden. Sicherheit zuletzt!
Nachtrag: Wer sich die Termine schon mal vormerken möchte: "Safety last!" wird am 14., 15. und 16. Juli im Sommerkino im Landschaftspark Nord gezeigt. Der Vorverkauf - wie fürs Sommerkino insgesamt - beginnt am 24. Juni.