. „Dauerkrise statt Trendwende“ – unter dem Titel des vergangenen IHK-Konjunkturberichts lässt sich die wirtschaftliche Entwicklung des Jahres 2025 zusammenfassen. „Wir sehen kein kurzfristiges Konjunkturproblem mehr, sondern haben es mit großen Problemen zu tun, die die Wettbewerbsfähigkeit unseres Standorts gefährden“, analysiert Jürgen Steinmetz, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein, das Wirtschaftsjahr 2025.
Die Zahlen der IHK-Konjunkturumfrage vom Herbst untermauern diese Einschätzung. Der Geschäftslageindikator, das zentrale Stimmungsbarometer der regionalen Wirtschaft, ist auf ein Fünf-Jahres-Tief von minus 12 Punkten gesunken. Auch in Mönchengladbach war die Geschäftslage im Herbst wieder negativ, nach zunächst einem Lichtblick zu Jahresbeginn. 26 Prozent der Unternehmen bewerteten die Lage gut, knapp 29 Prozent bewerteten sie schlecht. Die Unternehmerinnen und Unternehmer in der Region blicken auch zunehmend pessimistisch in die Zukunft: Die Geschäftserwartungen für die kommenden zwölf Monate haben sich weiter eingetrübt und liegen nun bei minus 8,3 Punkten, nach bereits negativen minus 2,7 Punkten vor einem Jahr. „Was uns besonders sorgt, ist die Verfestigung dieser negativen Stimmung“, so Steinmetz. „Die enttäuschten Erwartungen vom Jahresbeginn sind zu einer Art Dauerkrisenstimmung geworden. Viele Unternehmerinnen und Unternehmer haben die Hoffnung auf eine baldige Besserung aufgegeben und schalten in einen Krisenmodus.“
Diese negative Grundstimmung wird von konkreten Geschäftsrisiken genährt. Als größte Bedrohung für die eigene Entwicklung identifizieren die Unternehmen mit 57,6 Prozent die schwache Inlandsnachfrage, was sich in der ausgeprägten Kauf- und Investitionszurückhaltung in Deutschland zeigt. Es folgen die hohen Arbeitskosten (49,5 Prozent) und die weiterhin als hoch empfundenen Energiepreise (42,6 Prozent). „Diese Kombination aus schwacher Nachfrage, Kostendruck und teurer Energie erstickt Wachstumsimpulse“, erläutert Steinmetz. „Hinzu kommt, dass uns viele Unternehmen immer wieder Rückmeldung über die hohe Bürokratiebelastung geben.“
Die Folgen dieser Mischung zeigen sich immer deutlicher auch in der zunehmend mangelnden Stabilität der Unternehmen. Das aktuelle IHK-Risikobarometer, das gemeinsam mit der Creditreform erstellt wird, weist für die Region Mitte 2025 eine durchschnittliche Zahlungsausfallrate von 2,18 Prozent aus – ein Wert, der spürbar über dem Bundesdurchschnitt von 1,84 Prozent liegt. Alarmierend ist auch die branchenspezifische Entwicklung: Erstmals führt das Gastgewerbe mit einer Ausfallquote von 4,61 Prozent die Negativstatistik an – eine direkte Folge der Corona-Jahre in Kombination mit explodierenden Lebensmittel- und Energiekosten. „Aber auch der deutliche Anstieg der Ausfallrate in der Industrie von 1,53 auf 2,1 Prozent ist ein Warnsignal“, betont Steinmetz.
In der Mönchengladbacher Industrie sieht es insgesamt noch vergleichsweise gut aus: Die Industrieumsätze sind bis zum Oktober dieses Jahres um 3,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gestiegen. In der Region gab es einen Rückgang von 1,9 Prozent Hier profitiert Mönchengladbach davon, dass der stark vertretene Maschinenbau zu jenen Industriebranchen gehört, denen es aktuell vergleichsweise gut geht. „Bei der Industrie in unserer Region insgesamt hingegen, insbesondere in den energieintensiven Bereichen, wird das strukturelle Problem besonders sichtbar und die Notwendigkeit eines wettbewerbsfähigen Industriestrompreises überdeutlich“, sagt der IHK-Hauptgeschäftsführer. Allerdings weist die IHK darauf hin, dass es sich um eine nominale Entwicklung handelt – also ohne Berücksichtigung der Inflation. „Angesichts der Preissteigerungen lässt sich mit dem Umsatzplus kein spürbares Wachstum erzielen“, so Steinmetz.
Die anhaltende Schwächephase schlägt inzwischen auch auf den lange Zeit noch robusten Arbeitsmarkt durch. Die Beschäftigungserwartungen der Unternehmen waren in der vergangenen Konjunkturumfrage deutlich im negativen Bereich, und die Stagnation auf hohem Niveau bei der Arbeitslosigkeit gibt Anlass zur Sorge. In Mönchengladbach stieg die Quote im November auf 10,4 Prozent und liegt damit leicht über dem Vorjahreswert (10,2 Prozent). Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ist in Mönchengladbach bis Mai 2025 hingegen um rund 800 gestiegen, da sich ein größeres Unternehmen vor Ort angesiedelt hat. „Insgesamt zeigt sich jedoch: „Der Puffer, der unsere Region lange stabilisiert hat, schrumpft“, warnt Steinmetz. Hinzu kommt der Fachkräftemangel, der für 44 Prozent der Betriebe trotz der schwierigen Geschäftslage ein zentrales Geschäftsrisiko ist und die Wachstumsmöglichkeiten zusätzlich begrenzt.
Trotz der vergleichsweise düsteren Bilanz des Jahres 2025, gelte es, den Blick nach vorne zu richten. „Hoffnung für 2026 kann aus unserer Sicht nur durch mutige politische Entscheidungen entstehen“, sagt Steinmetz. Das Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaneutralität könne im Jahr 2026 zwar ein Impulsgeber sein, jedoch nur unter bestimmten Bedingungen. „Das Geld muss schnell und unbürokratisch in zusätzliche Vorhaben investiert werden. Dann wird es auch wieder private Folgeinvestitionen anreizen“, so Steinmetz. Das gelte auch für die Mittel, die den Kommunen zur Verfügung gestellt werden. Zudem hofft Steinmetz, dass im Jahr 2026 der versprochene entschlossene Bürokratierückbau erfolgt. „Unsere hiesigen Bundestagsabgeordneten gehen davon aus, dass die entsprechenden Gesetze im zweiten Quartal 2026 verabschiedet werden können. Daran werden wir sie messen“, sagt der IHK-Hauptgeschäftsführer. Bürokratische Entlastungen in Milliardenhöhe könnten aus Sicht der IHK für eine Belebung in der zweiten Jahreshälfte sorgen.
Als Herausforderung für das kommende Jahr bewertet er die kritische Finanzlage in vielen Kommunen. Angesichts einer Reihe von Diskussionen um Steuererhöhungen in der Region warnt Steinmetz eindringlich davor, zur Lösung der Finanzprobleme zuerst zum Instrument Steuererhöhungen zu greifen: „Die ohnehin stark belasteten Unternehmen über steigende Gewerbesteuer-Hebesätze weiter unter Druck zu setzen, wäre ein fatales Signal und würde die Nachteile des Wirtschaftsstandorts Deutschlands regional weiter verschärfen. Hier stehen auch das Land und der Bund in der Verantwortung, für eine auskömmliche Finanzierung ihrer Kommunen zu sorgen und diesen Teufelskreis zu durchbrechen“, so Steinmetz.