Knapp drei Jahre war die Mönchengladbacher Außenstelle des Weißen Rings nicht besetzt. „Die Opferbetreuung ist in dieser Zeit nur telefonisch über das Landesbüro in Düren gelaufen“, erklärt die neue Außenstellenleiterin Elke Bongartz. Das sechsköpfige Team – neben ihr Vertreterin Antje Heymanns und vier weitere Ehrenamtlerinnen – biete nun wieder persönliche Beratung vor Ort an. „Vor Ort“, das bedeutet bei den Opfern zuhause oder in einem geschützten Raum wie etwa einem ruhigen Café, im Pfarrheim oder bei der Polizei. Über ein eigenes Büro verfügt die Außenstelle nicht, was aber lediglich in puncto Logistik – wohin mit den vielen nützlichen Broschüren? – bisweilen eine Herausforderung ist.
Welche Lücke die Außenstelle schließt, sieht man allein daran, dass sich in den wenigen Monaten bereits an die hundert Opfer bei Elke Bongartz und ihrem Team gemeldet und um Hilfe gebeten haben, zwei Drittel davon Frauen, etwa 20 Prozent Senioren. Die Bandbreite reicht vom Missbrauchsopfer bis zum Enkeltrickgeschädigten. Viele der Opfer kommen über die Polizei zum Weißen Ring. „Bei der Polizei wird heute schon viel mehr auf die Opfer geguckt“, erklärt Antje Heymanns. „Aber für zeitaufwenigen Beistand und Begleitung, etwa zu Gerichtsterminen, hat die Polizei nicht genug Leute. Sie macht Opfer dann auf uns aufmerksam, gibt den Opfern unsere Telefonnummer oder fragt, ob wir bei ihnen anrufen dürfen. Und dann nehmen wir sie ‚ans Händchen‘...“
Die Mittel, die der Außenstelle dabei zur Verfügung stehen, sind vielfältig. „Wenn jemand zum Beispiel die Tasche gestohlen wurde, mit Bargeld, Geldkarte, Handy, Personalausweis, Schlüssel, können wir bis zu 300 Euro Soforthilfe leisten“, so Elke Bongartz. „Damit das Opfer, das durch die Tat in eine Notlage geraten ist, Lebensmittel kaufen, den Schlüsseldienst rufen oder einen neuen Personalausweis beantragen kann.“ Auch einen Beratungscheck für eine anwaltliche Erstberatung könne der Weiße Ring ausstellen, oder auch schauen, ob eine Prozesskostenhilfe beantragt werden kann.
Ein ganz wesentlicher Aspekt ist aber vielfach der persönliche Beistand, wenn Menschen überfordert sind, Angst haben oder gar ein traumatisches Erlebnis hatten. „Wir verfügen über ein großes Netzwerk“, erklärt die Außenstellenleiterin. „Nachdem wir die Opfer aufgefangen haben, können wir sie je nach Bedarf an entsprechende Stellen wie etwa Zornröschen, die Frauenberatungsstelle oder auch die Trauma-Ambulanz weitervermitteln.“
Damit sich in Mönchengladbach noch mehr herumspricht, dass es die Außenstelle des Weißen Rings wieder gibt, geht das Team auf Pfarrfeste und Märkte, „hängt sich an Polizei-Info-Aktionen dran“, verteilt Flyer und Broschüren, klebt Sticker mit dem Weißen-Ring-QR-Code in die Altstadt-Gaststätten und zieht Weißer-Ring-Schoner über Fahrradsattel. Erreichen möchte es alle, alle Opfer und die, die es werden könnten, und das ist, ja, jeder. Mut, sich zu melden, wollen sie vor allem Senioren machen. „Sie sollen aus dem Gefühl rauskommen, ‚ich bin selber schuld’, wenn sie zum Beispiel auf den Enkeltrick hereingefallen sind“, so Heymanns, „denn das passiert auch anderen. Wichtig ist, dass jüngere Verwandte und Freunde sie immer wieder über neue Betrugsmaschen informieren und sagen, worauf sie achten sollen.“