Mit dem Stichwort „Entwicklung“ bezeichnet Manuel Gross sein Konzept für die nächsten drei Jahre. Er möchte Gast-Choreographen engagieren, die jeweils mit ihrem eigenen Stil die Tänzer und das Publikum bereichern. „Wir werden unterschiedliche Stile erleben“, kündigt Gross an, „wobei die Choreographen auf die unterschiedlichen Tänzertypen in der Compagnie reagieren werden“.
Gross verspricht sich einen allmählichen „Transformationsprozess“, der aber auf dem bestehenden Potenzial aufbaut. „Es geht nicht in Richtung Abstraktion“, weist er Befürchtungen auf eine Revolution im Ballettstil zurück. Es bleibe beim Tanz mit Musik, den das Publikum so sehr schätzt. „Alle Gastchoreographen kommen aus dem klassischen Ballett“, versichert Gross.
Dennoch denke er an eine Öffnung der Compagnie für vielfältige Stile. Dies komme auch den Tänzern selbst zugute. Wenn nämlich im Jahre 2028 der jetzige Generalintendant in den Ruhestand tritt und eine neue Intendanz beginnt, seien die Tänzer so weit in neuen Formen geübt, dass sie allen Anforderungen an etwaige stilistische Umstrukturierungen gewachsen seien.
Groß möchte auch eine Vernetzung mit der freien Tanzszene erwirken. So denkt er an die Teilnahme der Compagnie am „Move“-Festival, das in Krefeld einen festen Platz hat.
Manuel Gross ist selbst als Tänzer ausgebildet und hat auf verschiedenen Bühnen getanzt. „Ich habe mit vier Jahren angefangen zu tanzen“, berichtet er. Zu seinen Lehrern zählte sogar ein Tanzpädagoge des renommierten Bolschoitheaters. Nach Beendigung seiner Karriere übernahm er am Theater Altenburg-Gera das Amt des Disponenten und ist nun seit 2017 am Gemeinschaftstheater am Niederrhein unter der Führung des bisherigen Direktors North tätig. Die 23 Tänzer der hiesigen Compagnie kennt er deshalb gut, ein Umstand, der beim angestrebten Transformationsprozess sicherlich von Nutzen sein dürfte.
Dass dieser Prozess allmählich und nachvollziehbar gestaltet wird, lässt sich am Programm der aktuellen Spielzeit 2025/26 ablesen. Altmeister Robert North ist mit nicht weniger als drei Choreographien vertreten. Sowohl die Ballettabende „Carmen“ und „Überraschung“ sind aus seiner Hand. Ebenso gestaltet North die Uraufführung „Getanzte Bilder“, die im März 2026 im Theater Mönchengladbach Premiere feiern wird.
Im November bzw. Dezember kommen als Studio-Aufführungen die Choreographien von Yuri Hamano und Alessandro Borghesani unter dem Titel „Black Sheep / Sogni D´oro“ zur Aufführung. Borghesani ist dem Publikum als Solotänzer in der Compagnie bestens bekannt. Auch als Choreograph hat er seine Kreativität bereits unter Beweis gestellt. Yuri Hamano war ebenfalls Tänzerin, bevor sie in Dresden Choreographie studierte.
Der Choreograph Boris Randzio hat sich als Stoff die berühmte Erzählung „Der Sandmann“ des Romantikers E.T.A. Hoffmann gewählt. Diese fantastische Erzählung um unheimliche Bedrohungen wird auf die Unsicherheiten des modernen Lebens übertragen. Die Choreographie wird an einem gemeinsamen Ballettabend mit der Choreographie Hugo Vieras aufgeführt, der sich unter dem Titel „Shift.Er.S“ der Kraft der Transformation widmet. In der Ankündigung der Arbeit heißt es: „Der Choreograph verbindet die Eleganz des klassischen Balletts mit der ausdrucksstarken Freiheit des modernen Tanzes.“ Im Mai 2026 hat der Ballettabend im Theater Krefeld seine Uraufführung.
Diese kurze Übersicht verweist schon auf den Weg, den der neue Ballettdirektor Manuel Gross einschlägt: den allmählichen Übergang zu neuen Namen und vielfältigen Choreographien. Das Publikum darf gespannt sein.