„Der Bau“ im Schlosstheater Wie Elon Musk sich eingräbt

Moers · „Der Bau“ wird Ulrich Grebs letzte Inszenierung als Leiter des Schlosstheaters. Mit Franz Kafkas Text kommt er der Gegenwart bestürzend nah.

Ulrich Greb, Sandra Höhne und Alessia Ruffolo in Birgit Angeles Bühnenbild zum „Bau“.

Foto: tw

Mehr als drei Jahrzehnte dauert Ulrich Grebs Beschäftigung mit Franz Kafka auf dem Theater an, den „Process“, den „Hungerkünstler“, die „Strafkolonie“ und das „Schloss“ hat er im Schlosstheater schon auf die Bühne gebracht. Jetzt: „Der Bau“, ein Text, der „unfassbar gut zu unserer Zeit passt“, wie Dramaturgin Sandra Höhne sagt; erschreckend gut, mehr, als uns allen lieb sein kann.

Ein Tier, ein Dachs vielleicht, hat sich den perfekten Schutz- und Vorratsbau geschaffen, „wohlgelungen“ und „so gesichert, wie eben überhaupt auf der Welt etwas gesichert werden kann.“ Doch dann zischt es von irgendwoher. Die Suche nach der Ursache des Geräuschs wird immer paranoider, der Bau wird zum perfekten Gefängnis.

„Es deutet Vieles daraufhin, dass das Geräusch was mit der Erzählstimme zu tun hat“, so Greb. „Der ganze Narzissmus des Tieres zeigt schon, dass da was nicht stimmen kann.“ Das Freund-Feind-Denken im Sinne von Kafkas Teilzeitgenossen Carl Schmitt, dem „Kronjuristen des Dritten Reichs“, werde auf die Spitze getrieben, sagt Greb, gleichzeitig bohre sich das Tier dermaßen in die Erde ein, dass gerade wir im Revier nicht übersehen können, was das mit unserem besitzergreifenden Umgang mit Natur zu tun hat. Der Raum versuche, Kontakt aufzunehmen, wie das auch die Natur mit den diversen Klimakatastrophen versuche. Birgit Angele baut seit mehr als drei Jahrzehnten an Grebs Theater- bzw. Kafka-Obsessionen mit. Den „Bau“ hat sie aus Stoffen geschaffen, die uns alle lange überleben werden.

„Parabelhaft einfach“ sei Kafkas Text, sagt Greb; den Erzählermonolog hat er auf vier Stimmen - Matthias Heße, Leonardo Lukanow, Ludwig Michael und Marissa Möller - verteilt; die Darsteller haben sich, parabelhaft einfach, alles einverleibt, stecken in Fat-Suits und Pelzmänteln, mit Schmuck behangen ... „Einschränkungen in der Beweglichkeit sind immer gut für uns“, sagt Alessia Ruffolo, die Greb für die Choreographie hinzugeholt hat. Wie mit dieser besonderen Mensch-Tier-Körperlichkeit umgehen, wie als Gruppe mit Sachen umgehen, darstellen, wie sich Abhängigkeiten bilden, das interessiert sie: „Wie wir ins Tanzen kommen.“ Sie haben sich im Tierreich umgesehen, sagt Greb, Rudelbildung, Dominanzverhalten, Kannibalismus, ebenso bei antiker Militärtechnik, Schildkröte, Phalanx, Gewalthaufen ... da hält dann auch der groteske Humor Einzug in den Bau. Tatsächlich kann man sich mittlerweile „Bunkercoins“ kaufen, quasi Optionen auf ein paar Quadratmeter Bunkerplatz für den Ernstfall. Und die Tech-Milliardäre bauen sich gigantische Refugien in Neuseeland und Hawaii. Greb: „Wir können in ’Der Bau‘ unsere Zeit monströs deutlich lesen.“

Die Premiere am 20. Februar ist bereits ausverkauft. Weitere Aufführungen und Karten: schlosstheater.de