Neuer Ort der Erinnerungskultur Gedenkstätte für jüdisches Leben

M’gladbach/Viersen · Der Rat der Stadt Mönchengladbach hat in seiner letzten Sitzung einstimmig beschlossen, die neue Gedenkstätte für die Jüdische Gemeinde Mönchengladbach-Viersen finanziell zu unterstützen. Ein noch zu gründender Förderverein soll für die Finanzierung der Nebenkosten sowie für die Instandhaltung des Gebäudes „Rektoratstraße 10“ jährlich 10 000 Euro erhalten.

In dem Gebäude Remigiusstraße 10 in Viersen soll eine neue Gedenkstätte der Jüdischen Gemeinde Mönchengladbach-Viersen entstehen.

Foto: RBAV/Claudia Ohmer

Das Gebäude in Viersen wurde im Jahr 1862 erbaut. Nach dem Kauf durch Nathan Liefmann wurde es seit dem 11. März 1863 als jüdische Volksschule genutzt, außerdem befand sich ein Betsaal in dem Haus. Am 13. März 1895 ging das Gebäude in das Eigentum der damaligen jüdischen Spezialgemeinde Viersen über. Am 14. April 1942 erfolgte die öffentliche Enteignung. Die Stadtwerke Viersen wurden Eigentümer und Nutznießer von Haus und Grundstück, bevor sie die Immobilie an private Nutznießer weiterveräußerten, die dieses Haus dann als privates Wohnhaus nutzten. Eine an der Außenmauer des Hauses angebrachte Gedenktafel erinnert an die jüdische Vergangenheit des Gebäudes.

Da die derzeitigen Eigentümer aufgrund ihrer persönlichen Lebensumstände eine Verkaufsbereitschaft signalisiert haben, besteht erstmalig nach der Enteignung in der Zeit des NS-Regimes die Möglichkeit, dieses Gebäude anzukaufen und künftig als Gedenkstätte und Ort der aktiven und öffentlich wahrnehmbaren Erinnerungskultur in der Region zu nutzen.

Eine Gedenktafel erinnert an die jüdische Vergangenheit des Gebäudes.

Foto: RBAV/Claudia Ohmer

Die künftige Gedenkstätte möchte didaktisch neue Wege gehen. Denn unter einer zeitgemäßen Gedenkstättenpädagogik versteht man nicht mehr die bloße Übermittlung von Zahlen, Daten und Fakten, die Jugendliche zwar inhaltlich informiert, aber emotional nicht abholt. „Unser Ansatz ist ein Wissenstransfer, der alle Bildungs- und Altersgruppen erreicht. Das erfahrungsbasierte Lernen kann über Zeitzeugengespräche, über Diskussionsrunden und über das Erleben, welche uns neuartige technische Entwicklungen ermöglichen, erfolgen“, erläutert Projektleiterin Franciska Lennartz.

Das nachhaltige Bildungsprojekt hat sich zum Ziel gesetzt, das Jüdische Leben in der Region – erstmalig im Rheinland - virtuell erlebbar zu machen. Der Film „Jüdisches Leben – Visionen einer neuen Gedenkstätte im Rheinland“ nutzt die technische Faszination von Virtual Reality und führt gleichzeitig die gestalterische Schönheit der Architektur von Synagogen vor Augen.

Auch wenn der konkrete Ort auf dem Gebiet der Stadt Viersen liegt, ergeben sich vielfältige Möglichkeiten der Teilhabe für Menschen beider Städte. Denkbar sind beispielsweise die Durchführung von erinnerungskulturellen Angeboten für Schulklassen, Vortrags- und Diskussionsveranstaltungen sowie Workshops.

Da die Jüdische Gemeinde ebenfalls für beide Gebietskörperschaften zuständig ist, bietet sich an, dass auch beide Kommunen das Projekt unterstützen. Die Jüdische Gemeinde arbeitet zurzeit an der Gründung eines Fördervereins für die Trägerschaft der Gedenkstätte, der dann auch Empfänger der Zuwendungen der beiden Städte werden sollte.

Für Mönchengladbachs Oberbürgermeister Felix Heinrichs ist dies ein wichtiger Baustein in Bezug auf die Erinnerungskultur: „In der heutigen Zeit sind stärkere Ausprägungen von Nationalismus, Antisemitismus und allgemein eine zunehmende rechte und rechtsradikale Tendenz in Politik und Gesellschaft spür- und messbar. Die Städte Mönchengladbach und Viersen beziehen mit demokratiestärkenden und antifaschistischen Statements und Demonstrationen eindeutig Stellung. Eine Gedenkstätte, die Ursachen, Wirken und Folgen des nationalsozialistischen Systems (1933 bis 1945) im lokalgeschichtlichen Kontext und mit eindeutigem räumlichen Bezug darstellt, bietet die Möglichkeit, präventiv tätig zu werden, einen dauerhaft wahrnehmbaren Ort der Erinnerungskultur zu etablieren und zugleich für eine starke Gemeinschaft zwischen Mönchengladbach und Viersen einzutreten.“

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