Aufnahmestopps und überfüllte Wartezimmer in Gladbachs Hausarztpraxen Warten, bis der Arzt kommt

Mönchengladbach · Lange Schlangen vor der offenen Sprechstunde, überfüllte Wartezimmer, Untersuchungen unter Zeitdruck und Aufnahmestopps – die hausärztliche Versorgungslage in Mönchengladbach ist ziemlich mau. Woran liegt das? Der Extra-Tipp hat mit Hausarzt Dr. Oliver Schräder und Dr. Mathias Jorde, Hausarzt und Pressesprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein, Kreisstelle Mönchengladbach, gesprochen.

Warten auf den Hausarzt. Morgens, 7.30 Uhr, vor der Gemeinschaftspraxis von Dr. Oliver Schräder und Valeria Mihaiu.

Foto: Petra Käding

Montagmorgen, halb acht auf der Hardterbroicher Straße. Die ersten Patienten versammeln sich vor der Tür der Gemeinschaftspraxis Dr. Schräder und Mihaiu. Offene Sprechstunde ist erst ab acht Uhr, aber wer zuerst kommt... sitzt eben nicht so lange im Wartezimmer. „Normalerweise stehen um die Zeit schon doppelt so viele Leute hier“, meckert ein Patient. „... und im Winter sind es noch mehr“, bestätigt Dr. Oliver Schräder später im Sprechzimmer. Natürlich, die Erkältungswelle verschärft die ohnehin höchst angespannte Situation: zu wenig Hausärzte für zu viele Patienten. Über 22 Hausarztpraxen stehen aktuell leer in Mönchengladbach, so Schräder. Und zum Ende des Jahres könnten weitere 33 Praxen schließen, weil ihre Ärzte in den Ruhestand gehen und möglicherweise keiner übernimmt...

Seine Gemeinschaftspraxis mit Kollegin Valeria Mihaiu, die Anfang des Jahres auch aus Platzgründen von Lürrip nach Hardterbroich gezogen ist, ist auch auf nun rund 150 Quadratmetern am Limit. Schräder hat eine 50- bis 55-Stunden-Woche, und auch die nur, wenn sie zu zweit sind, seine Kollegin und er. Macht einer Urlaub, sind es noch mehr Stunden, auch durch die aufgrund der Digitalisierung noch anfallenden elektronischen Rezepte. Klar, dass da oft zu wenig Zeit für den einzelnen Patienten bleibt. „Das hat gelegentlich etwas von Fließbandarbeit“, bedauert Schräder und betont, wie gern er mehr Zeit für seine Patienten hätte. Im Gegensatz zu manchen anderen Hausärzten macht er trotz allem Stress noch Hausbesuche. „Ich finde, bei einem Hausarzt gehört das dazu“, sagt er. Um wenigstens etwas Ruhe in die Praxis zu bringen, ist seit kurzem nachmittags nur noch Sprechstunde nach Termin.

Was Schräder sich wünschen würde? „Dass der Beruf des Hausarztes aufgewertet wird! Er ist zu wenig attraktiv, Fachärzte werden besser bezahlt, da sagen die jungen Kollegen: ‚Nö, ich werd‘ lieber Facharzt, da stimmt auch die Work-Life-Balance.‘“

Auch Dr. Mathias Jorde, Hausarzt und Pressesprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein, Kreisstelle Mönchengladbach, beschreibt die Lage in Mönchengladbach als „angespannt“. Viele Praxen hätten einen Aufnahmestopp und es sei ein großes Glück, dass einige der eigentlich aufgrund ihres Alters in Kurze in den Ruhestand tretenden niedergelassenen Kollegen „es noch eine Weile machen“ wollten. Denn, wie auch Jorde es sieht: Die jüngeren Kollegen wollen nicht.

Mit Schuld an der Überlastung der Praxen sei natürlich auch die überalternde Bevölkerung. „Ältere Patienten sind arbeitsintensiver“, so Jorde. Was ihn obendrein ärgert, ist die Gesundheitspolitik. „Das ist immer wieder eine Wundertüte für uns Ärzte, das macht keinen Spaß“, so Jorde.

Von den Patienten wünscht er sich vor allem eins: „Wertschätzung, dass man einen Hausarzt hat“, und etwas mehr Geduld. „Bei manchen wäre es schön, wenn sie ihre Erwartungshaltung etwas zurückschrauben könnten.“ Etwa, wenn einer drei Wochen mit Bauchschmerzen herumlaufe, dann endlich zu seinem Hausarzt komme und der solle bitteschön direkt etwas machen.

Und was tun, wenn man krank wird und keinen Hausarzt hat? „Das ist schlecht“, sagt Jorde, schiebt aber sofort nach: „Wenn es jemandem richtig schlecht geht, wird er natürlich behandelt, Aufnahmestopp hin oder her.“

Das klingt immerhin beruhigend...