„Kann man das künstlerisch verarbeiten?“, stellt Operndirektor Andreas Wendholz selbst die moralische Grundsatzfrage, die stets im Raum steht, wenn Künstler den Holocaust zum Gegenstand ihrer Arbeit wählen. „Wir glauben, dass es gelungen ist“, sagt Wendholz im Hinblick auf die Inszenierung der Oper „Die Passagierin“.
Der Stoff geht zurück auf einen autobiografischen Roman, den die polnische KZ-Überlebende Zofia Posmysz 1962 veröffentlicht hat. Der polnisch-jüdische Komponist Mieczyslaw Weinberg schuf daraus 1968 eine Oper für Solisten, Chor und großem Sinfonieorchester.
Im Inhalt geht es um eine Wiederbegegnung 15 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Auf einer Schiffsreise von Deutschland nach Brasilien glaubt Lisa in einer anderen Passagierin eine Frau wiederzuerkennen, die Insassin im Vernichtungslager Auschwitz war. Lisa gesteht ihrem Mann, dass sie dort ein Jahr lang Aufseherin gewesen war. Die Oper spielt nun auf zwei Zeitebenen. Einmal in den 50er Jahren auf dem Schiff, zum anderen in surrealen Rückblenden im KZ Auschwitz.
Regie in der Krefelder Inszenierung führt Dedi Baron. Die Israelin sagt: „Ich bin aufgewachsen mit der Geschichte.“ Es gehe ihr in der Inszenierung aber auch um aktuelle Fragen nach individueller Entscheidungsfähigkeit. „Schlimm ist die Gleichgültigkeit“, unterstreicht sie.
Dirigent und Generalmusikdirektor Mihkel Kütson weist auf die nuancierte Tonalität der Komposition hin. Zuweilen sei die Musik so dünn, als bilde sie die ausgemergelten Opfer im Lager ab. „Dann wieder folgen wärmere Töne, wenn die Hoffnung durchschimmert“. Kütson: „Es ist eine bildhafte Musik.“
In der Sowjetzeit wurde die Oper übrigens nicht aufgeführt. „Das Regime wollte die Oper nicht auf der Bühne sehen“, erklärt Dramaturgin Ulrike Aistleitner, „die Analogien zum sowjetischen Gulag waren zu brisant.“
Das Krefelder Stadttheater ist mittlerweile die 11. Bühne, die die Oper aufführt. Und hat sie in ein umfangreiches Rahmenprogramm eingebettet. So gibt es 45 Minuten vor Beginn der Vorstellungen im Glasfoyer eine Einführung in das Stück. Im Anschluss an die Aufführungen am 1. Mai, 13. Mai und 13. Juni findet im Glasfoyer noch ein Publikumsgespräch statt.
Am 9. Mai bietet um 19.30 Uhr das Gesangsduo Kacka im Glasfoyer einen Abend mit jiddischer Musik und Musik der Sinti und Roma. Eintritt: 16 Euro.
Am 19. Mai liest Intendant Michael Grosse unter Violinbegleitung Auszüge aus dem Roman vor. Die Veranstaltung beginnt um 19.30 Uhr und findet in der Villa Merländer an der Friedrich-Ebert-Straße 42 statt. Eintritt frei. Anmeldung erforderlich unter ns-doku@krefeld.de
Die weiteren Zusatzveranstaltungen sind einem Flyer zu entnehmen und stehen auf der Homepage des Theaters www.theater-kr-mg.de
Die Termine der Opernaufführungen sind: 19. April (Premiere), 1. und 23. Mai; 13. und 22. Juni; 2. Juli. Karten an der Theaterkasse, Tel.: 02151/805-125.