Ein Junggeselle mit Vermögen braucht nichts dringender als eine Ehefrau. Mit dieser Feststellung beginnt der Roman „Stolz und Vorurteil“, der 1813 in London erschien. Autorin ist Jane Austen, heute die berühmteste englische Schriftstellerin der alten Zeit. Und entsprechend ihrer Zeit entwickelt sie einen Bewerbungsreigen heiratsfähiger junger Damen. Denn die Nachbarin des begehrten Junggesellen, Mrs. Bennet, hat gleich mehrere Töchter, die „unter die Haube“ gebracht werden müssen.
Diese Geschichte hat die Autorin Isobel McArthur 2018 in eine witzige Satire auf eine männerdominierte Gesellschaft umfunktioniert, in der Frauen als Objekte angesehen werden. Ein Umstand, der gar nicht so fern liegt. Noch in den 70er Jahren gab es in den Fernsehshows die schweigsame „Assistentin“ des männlichen Moderators und Frauenrechtlerinnen zogen vor Gericht, um gegen die Flut herabwürdigender Frauendarstellungen in den Illustrierten zu protestieren.
So zeigt die Krefelder Inszenierung der Komödie „Stolz und Vorurteil - oder so“ denn auch Mrs. Bennet und ihre Töchter als anbiedernde Dummchen. Es wirkt wie die grotesk überzeichnete Reaktion auf eine seit 200 Jahren andauernde Kränkung des weiblichen Geschlechts. So wie Gekränkte oft die Ursache ihrer Kränkung verdoppeln und verdreifachen, um sie ad absurdum zu führen.
Die Männer hingegen treten als Machos auf; ebenso grell überzeichnet in ihrem 80er-Jahre-Look mit bonbonfarbenen Designeranzügen, wilder Mähne und aufgeknöpftem Hemd. „Miami Vice“ lässt grüßen.
Doch der äußere Schein bei den Damen trügt. Die Bennet-Tochter gibt im Laufe der Handlung tüchtig Contra; weiß sich und ihre wahren Gefühle gegen alle Ansprüche von außen zu behaupten. Und auch dies ist in der Romanvorlage schon angelegt. Wie sich denn überhaupt die knallige Persiflage auf der Bühne im groben Gerüst an die Handlung des Romans hält.
Der spezielle Witz entsteht durch pfiffige Dialoge, exaltiertes Spiel und die Beschränkung auf nur fünf Darstellerinnen. Esther Keil, Eva Spott, Kristina Gorjanowa, Helena Gossmann und Elisa Serauky mimen sämtliche Rollen, auch die der Männer. Das verlangt eine bewunderswerte Logistik, müssen die Schauspielerinnen doch für jede Szene in andere Kostüme schlüpfen.
Unterstützt werden sie von Musiker Marcus Thomas, der sichtbar auf der Bühne die Hits der 80er anstimmt, die von den Akteurinnen denn auch am Standmikro gesungen werden. Die Musikeinlagen verleihen der Inszenierung zusätzlichen Schmiss. Erwähnung sollten auch die schön gemalten Bühnenbilder und der glitzernde Vorhang im Stil einer 70er-Jahre-Disco finden.
Diese Inszenierung bietet amüsante Unterhaltung; wenn man sich auch fragen muss, ob der alte Stoff der heutigen Geschlechterverteilung noch etwas zu sagen hat. Bleibt zu hoffen: nein.
Weitere Aufführungen: 2., 5. (18 Uhr); 25., 27. April. 3., 13., 18. (16 Uhr) Mai. Beginn: 19.30 Uhr. Karten an der Theaterkasse, Tel.: 02151/805-125.