Bio-Analytik soll aufklären: Gibt es einen Zusammenhang Schadstoffbelastung - Deponie Neues vom Eyller Berg: „Wir wollen Klarheit!“

Kamp-Lintfort · Der Kampf Bürger gegen Giftmülldeponie Eyller Berg geht in die nächste und vielleicht entscheidende Runde: Mit einer umfassenden Bio-Analyse soll geklärt werden, ob die Mülldeponie eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellt.

Deponie Eyller Berg
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Am 27. Mai sollen die Weichen für den Einsatz der Bio-Analytik gestellt werden. Denn dann stellt Lutz Malonek, Sprecher der Interessengemeinschaft Endlager Mensch e.V., gemeinsam mit zahlreichen Deponieexperten die Calux-Methode beim Umweltministerium vor. Mit dabei wird auch Dr. Peter A. Behnisch sein, der in Amsterdam ein Labor für Bio-Analytik leitet und die Messungen durchführen möchte. Mit dem Verfahren sollen nicht nur Erde oder Abwasser, sondern auch Zellen des menschlichen Körpers auf Giftstoffe untersucht werden können. In anderen europäischen Ländern sei dies schon "Gang und Gebe", wie Lutz Malonek uns erklärt. "Aber die genauen Ergebnisse werden auch gefürchtet, weil sie Dinge aufdecken könnten, die manch einer nicht aufgedeckt haben möchte."
Im Idealfall werde das Umweltministerium dem Vorschlag zustimmen und die Finanzierung übernehmen, denn kostenlos ist die Bio-Analytik nicht. Auch bestehe die Hoffnung, dass die Betreiberin der Deponie, die Ossendot Umweltschutz GmbH, der Analyse zustimmt. Man werde sich auf jeden Fall nicht wieder mal vertrösten lassen, so Malonek, der auf eine schnelle Entscheidung hofft, damit die "never ending Story Eyller Berg" endlich mal ein Ende finde.

Zahlreiche Messungen und Studien wurden bislang auf und um den Eyller Berg durchgeführt. Die Schwierigkeit eine oder auch keine Verbindung von den Ergebnissen zur Deponie herzustellen prägte die vergangenen Jahre. Immer wieder wurden in der Umgebung Eyller Berg Schadstoffe in erhöhter Konzentration nachgewiesen — sei es die PCB-Belastung im Grünkohl oder vermehrtes Dioxin in Eiern. Immer wieder hieß es, dass die Deponie Eyller Berg nicht als Verursacher ausgemacht werden könne. Oder die Ergebnisse konnten bei erneuten Messungen nicht bestätigt werden.

Eine Untersuchung von Dr .med. Walter Wortberg brachte folgendes Fazit: "Aus umweltmedizinischer Sicht muss man mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit (über 95%) davon ausgehen, dass ein ursächlicher Zusammenhang von chronischen Erkrankungen und Krebs der Anwohner in nahe gelegenen Wohngebieten und der Mülldeponie und ihren Gifttransporten besteht. Die extrem hohen und vielfältigen Metallbelastungen im Urin, im Schneewasser und im Boden lassen keinen anderen Schluss zu." Das Umweltministerium stellte hingegen fest, dass "die umweltmedizinische Stellungnahme des von der Interessengemeinschaft Endlager Mensch beauftragten Gutachters [...] in mehreren Punkten nicht den Anforderungen, die aus fachlicher Sicht üblicherweise an solche Berichte bzw. Untersuchungen gestellt werden, entspricht."

Neben Schadstoffmessungen hat die im April veröffentlichte Krebsstudie der Universität Münster für Schlagzeilen gesorgt. Das Gutachten hatte das NRW-Umweltministerium in Auftrag gegeben. Hierbei kam heraus, dass "das Resultat [...] Hinweise auf eine mögliche Erhöhung der Krebsinzidenz unter Frauen in der Kernregion liefere." Es erkrankten im Umkreis der Mülldeponie fast 30 Prozent mehr Frauen an Krebs als in einem Vergleichsgebiet — dafür aber deutlich weniger Männer. Bisher gebe es keine Hinweise, was die Erhöhung bei Frauen verursachen könnte. Ein erhöhtes Krebsrisiko könne damit aber nicht festgestellt werden, heißt es in einer Presseerklärung des Umweltministeriums. Anlass zur Untersuchung gab die Krebskarte, auf der Lutz Malonek für das Gebiet Gestfeld und Geisbruch jede Krebserkrankung mit einer kleinen Nadel festgehalten hat.

Momentan läuft außerdem ein Hauptsacheverfahren, in dem festgestellt werden soll, ob die Deponie nicht längst zu voll und zu hoch sei. "Der Berg entspricht nicht mehr den 69er Angaben", so Lutz Malonek. 1969 war das endgültige Auffüllvolumen der Deponie festgelegt worden. Gleichzeitig gebe es aber ein Genehmigungsverfahren, mit dem die Betreiberfirma die Erlaubnis bekommen will, einen neuen Deponieabschnitt zur Müllverfüllung zu nutzen.

Lutz Malonek selbst wohnt seit 35 Jahren im Geisbruch und war lange als Einzelkämpfer unterwegs. Vor drei Jahren gründete er die Interessengemeinschaft. Endlager Mensch e.V. kämpft seitdem mit vielen Bürgern für eine saubere Umwelt und fordert von der Landespolitik NRW die sofortige Schließung der Giftmülldeponie Eyller Berg. Lutz Malonek: "Mir geht es nicht um mich. Ich bin dieser Schadstoffbelastung schon zu lange ausgesetzt, als dass eine Schließung der Deponie noch was ändern würde. Es geht um die jungen Familien mit ihren Kindern. Für die kämpfen wir."

Die Bio-Analytik soll nun Klarheit bringen. Sollte ein Zusammenhang zwischen Schadstoffbelastung und Deponie hergestellt werden können und damit die Gefahr für die Allgemeinheit bewiesen werden, müsse die Bezirksregierung die Deponie schließen - so die Hoffnung von Lutz Malonek.