Stimmen zum Aufstieg und ein Abwehrchef, der keinen davon kommen lässt Ein Bierduscher namens Baja

DUISBURG · Keine Frage, der 16. Mai 2015 wird ein Tag, der in die Zebra-Annalen eingeht. 32.000 Menschen in der voll besetzten Schauinsland-Arena werden Zeugen eines Wahnsinns-Spiels.

Jetzt gibt’s kein Halten mehr: Der Schlusspfiff ertönt, das Spiel ist aus — und innerhalb von wenigen Sekunden ist der Rasen der Arena komplett mit Fans, die ihr Glück kaum fassen können, geflutet.

Foto: Fotos: Volker Nagraszus

Der Start geht in die Hose. "Rata" patzt übel und die Gäste gehen früh in Führung. Aber dann beginnt dieser Sieben-Minuten-Wahnsinn, von dem man in Duisburg noch lange sprechen wird: Ein Mal Hajri, zwei Mal Gardawski, der sein Glück nach seinem zweiten Treffer gar nicht fassen kann, drehen das Spiel in Rekordzeit. Der Rest ist eine Demonstration in Sachen Abgeklärtheit, Kampfeswillen und taktischer Stärke. Holstein beißt sich die Zähne am dauer grätschenden MSV-Beton aus. Der Rest ist Gänsehaut, Jubel, Gesang, Platzsturm, Bierdusche und eine Partynacht, die Duisburg so schnell nicht vergessen wird. Der MSV ist zurück!

Branimir Bajic hat schon einiges in seiner langen Fußballer-Karriere erlebt. Auch die ein oder andere Feier. Am Samstag zeigte Baja, das er nicht nur eine Abwehrreihe ordnen, sondern auch sämtliche Menschen, die sich zwischen Kabine, Presseraum und und Spielfeldaufgang befanden, mit klebrigem Gerstensaft überschütten kann. Seine Taktik perfektionierte das MSV-Urgestein im Lauf seiner Jagd sogar noch. Am Anfang hatte er wegen der Unbedarftheit seiner Opfer leichtes Spiel: Wolze, Dausch, King und sogar sein Manager und Ex-Kollege Ivo Grlic wurden einfach rücklings überfallen. Nur Aufstiegsheld Michael Gardawski und Rolf Feltscher blieben aus unerfindlichen Gründen trocken. Zunächst. Denn dann wechselte Baja seine Taktik. Prosten oder eine Bierdusche in eine andere Richtung antäuschen — und dann ganz fies über die Schulter dem verdutzen Nebenmann das Getränk in den Kragen geschüttet. Es war eine klebrige Angelegenheit im Spielertunnel. Und alle interviewten (und nach einer unerwarteten Attacke von Kevin Wolze auch die Interviewer) trieften.

Aber sie strahlten auch. Breit und glücklich. Man konnte förmlich spüren, wie viel Druck von allen Beteiligten abgefallen ist. Am meisten wohl von Ivo Grlic, der mit seiner Transferpolitik in dieser Spielzeit vieles auf eine Karte gesetzt hat. Und der sich, frisch biergeduscht, einfach nur freuen wollte. "Wir haben immer an unsere Stärke geglaubt und uns für ein Jahr harte Arbeit belohnt." Und auch Kapitän Steffen Bohl betonte nochmal, wie sehr der Verein den Aufstieg brauchte. "Wir wissen alle um die finanzielle Situation des Clubs. Jeder weiß, welche Bedeutung der Aufstieg für den Verein hat." Viel riskiert, viel gewonnen. So könnte man es wohl zusammen fassen. Auch wenn trotz des Überschwangs allen klar war, dass jetzt nicht automatisch alles gut ist. "Es sind viele Fehler gemacht worden und wir haben noch viel Arbeit vor uns. Aber jetzt arbeiten wir daran, den MSV wieder da hin zu bringen, wo er hingehört", verkündete ein strahlender und verdächtig trockender Ennatz Dietz, bei dem wohl selbst Bajic Skrupel hatte, die Bierdusche anzusetzen.

Martin Dausch, der seit seiner Ankunft in Duisburg Woche für Woche Top-Leistungen abgeliefert hat, war noch ganz ergriffen von der Kulisse. "Für die Fans gibt es keine Worte mehr. Was wir alle zusammen geleistet haben, ist einfach unglaublich."

Trainer Gino Lettieri bedankte sich bei den Fans und seiner Familie, die in dieser Saison oft und lange auf ihn verzichten musste. "Der Aufstieg ist für die Menschen in Duisburg, aber auch für meine Frau und meine Kinder, die so lange auf mich verzichten mussten", so ein klitschnasser und geschafft wirkender Lettieri.

Derweil hatte der King bereits das Mickey Krause-Outfit samt Original-Perücke angelegt und die Party-Polonese in Richtung Business-Bereich dirigiert.

Nach einer harten Party-Nacht flog der Spieler-Tross kurzerhand und mit offizieller Trainer-Genehmigung ("Das haben sie sich verdient") für ein paar Tage nach Mallorca. Sonntag geht's in Wehen dann noch um Platz eins. Aber das ist irgendwie auch gar nicht mehr wichtig...

(Niederrhein Verlag GmbH)