A Clockwork Orange für Jugendliche

Kamp-Lintfort · Als die Schüler der Hauptschule am Niersenberg die Kamp-Lintforter Stadthalle verlassen, wissen sie noch nicht genau, wie sie das, was gerade auf der Bühne passiert ist, finden sollen. Denn das Theaterstück „A Clockwork Orange“ hat sichtlich für Verstörung gesorgt.

Fürsprecher fürs Theater: Burghofbühne-Intendant Mirko Schombert, Bürgermeister Christoph Landscheidt, Kulturdezernent Christoph Müllmann, Stadtwerke-Geschäftsführer Andreas Kaudelka und Kulturbüromitarbeiterin Ilona Haje (v.l.n.r.) nehmen Platz zwischen den Schülerinnen und Schülern der Hauptschule am Niersenberg, die auf den Beginn der Aufführung warten.

Foto: Stadt Ka-Li

Die Stadt Kamp-Lintfort hat es sich zur Aufgabe gemacht, die kulturelle Bildung von Kindern und Jugendlichen stärker zu berücksichtigen. Neben dem, seit 2011 bestehenden, Kindertheaterprojekt „Jedem Kind einen Theaterbesuch“ wurde nun, bereits zum zweiten Mal, gemeinsam mit dem Landestheater Burghofbühne ein Jugendtheaterprojekt für ältere Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe angeboten. Dank der Unterstützung der Stadtwerke war der Eintritt für die 250 Schüler frei. Was die Jugendlichen zu sehen bekamen: Drei orange-weiß geschminkte Fratzen, die mit großer Spielfreude in eine Welt voller Gewalt entführen, Täter-Opfer-Grenzen verschwimmen lassen und die Frage nach der Freiheit der eigenen Entscheidung aufwerfen. Jeder der drei Schauspieler spielt alle Rollen, die das Stück bietet. Mal winden sie sich schreiend auf der Bühne, dann mischen „Alex, Georgie und Dim“ das Publikum auf.

Für viele Schüler ist dies die erste Theatererfahrung, die offene Bühne und die vielen Rollenwechsel irritieren, die Sprache der „Droogs“ ist ungewöhnlich und die Intensität des Spiels ist völlig unbekannt. Das Thema des Stücks ist allerdings nicht neu. „Die Schüler sind leider mit der Darstellung von Gewalt vertraut“, weiß Irmgard Gragert, Lehrerin an der Hauptschule, die gespannt auf die Reaktionen ist, die sie bei der Aufarbeitung im Unterricht mit den 9. und 10. Klässlern bekommen wird. Wichtig sei auf jeden Fall, dass dem Theater „das Elitäre genommen wurde.“

Wolfgang Geßner, Lehrer am Georg-Forster-Gymnasium, war mit Schülern der 8. und 9. Klassen in der vorherigen Vorstellung: „Da war Verstörung, aber es gab auch viele interessierte Gesichter. Das ist besser, als wenn man hinausgeht und sich nicht mehr damit beschäftigt.“ Das sieht auch Mirko Schombert, Intendant der Burghofbühne, so: „Wir glauben daran, dass Theater auf ganz vielen Ebenen wichtig ist. Es soll beschäftigen und eine eigene Sicht auf die Welt ermöglichen. Es leistet einen wichtigen Beitrag zur kulturellen Bildung. Wir haben bewusst kein simples Stück gewählt, was zeigt, dass wir die Jugendlichen ernst nehmen. Wir wollen sie fordern und anregen, so wie wir es auch bei Erwachsenen tun.“ Für die Aufarbeitung steht die Burghofbühne den Schulen zur Seite: „Wir bieten sowohl eine Einführung als auch eine Nachbereitung des Stoffes an“, so Anna Scherer, Leiterin des Jungen Theaters.

„Theater ist eine wertvolle Ergänzung zum Schulunterricht“, betont auch Bürgermeister Prof. Dr. Christoph Landscheidt. Für die Burghofbühne sei das Jugendtheater gute Werbung: „Die Finanzierungsprobleme sind noch nicht gelöst“, berichtet Christoph Müllmann in seiner Funktion als Vorstandsvorsitzender des Trägervereins, „das unmittelbare Aus wurde zwar abgewendet, aber die langfristige Finanzierung ist noch nicht gesichert.“

(Niederrhein Verlag GmbH)