Neue Modellierungen im Ausschuss für Umwelt und Mobilität vorgestellt Grundwasser zu niedrig?
Mönchengladbach · Bleiben die Grundwasserstände nach dem Tagebauende zu niedrig? Das legen neue Modellierungen nahe. Die Folgen für Ökologie und Wasserwirtschaft wären gravierend und könnten Ewigkeitslasten für dauerhafte Ausgleichsmaßnahmen bedeuten. Die Stadt mahnt an, das Thema im Braunkohlenplan klar zu adressieren
Die Grundwasserstände nach Ende des Braunkohletagebaus könnten nach neuen Erkenntnissen deutlich niedriger ausfallen als bisher gedacht – mit erheblichen Folgen für die Natur und die Wasserversorgung in Mönchengladbach und der Region. Darauf hat die Umweltverwaltung die Fachpolitiker im Ausschuss für Umwelt und Mobilität und in der Bezirksvertretung West hingewiesen. Mit Rückendeckung durch einen Ratsbeschluss Mitte Dezember wird die Verwaltung klare Forderungen an den Braunkohlenausschuss bei der Bezirksregierung Köln richten.
Mit sogenannten Sümpfungsmaßnahmen wird seit Jahrzehnten im Rahmen des Braunkohlentagebaus der Grundwasserspiegel abgesenkt, damit der Tagebau nicht vollläuft und die Tagebauböschungen stabil bleiben. Um durch die Sümpfungsmaßnahmen keine Flüsse und Feuchtgebiete trockenfallen zu lassen sowie die Wasserversorgung sicherzustellen, wird das abgepumpte Wasser an anderer Stelle gezielt eingeleitet – und zwar als rechtliche Auflage für die tagebautreibende RWE Power AG. Nach Tagebauende sollten sich nach bisherigen Erkenntnissen ein „nachsorgefreier Naturhaushalt“ einstellen. Demnach hätte das Grundwasser wenige Jahrzehnte nach der vollständigen Füllung des Restsees wieder sein vorbergbauliches Niveau erreichen und halten können, ohne dass dauerhafte Wassereinleitungen erforderlich geworden wären.
Wie die Stadt Mönchengladbach mitteilt, widersprechen neue Grundwassermodellierungen nun aber den bisherigen Annahmen. Sie prognostizieren dauerhafte Absenkungen des Grundwasserspiegels nach Tagebauende nordwestlich des Restsees bis weit ins westliche Mönchengladbacher Stadtgebiet hinein. In tagebaunahen Teilen der Stadt könnte das Grundwasser ohne andauernde Ausgleichsmaßnahmen erheblich tiefer liegen als vor Beginn des Bergbaus. Das hätte Folgen für mehrere Gewässer, die dann weniger Wasser führen würden und für die Wasserversorgung.
„Mit tieferen Brunnen allein wäre das Problem leider nicht gelöst, weil das Grundwasserdargebot insgesamt abnehmen würde“, erklärt André Rusman aus dem Fachbereich Umwelt. Die Nutzungskonkurrenz um das verbleibende Grundwasser würde steigen. Konflikte zwischen der immer zu priorisierenden Trinkwasserversorgung und anderen Wassernutzungen etwa durch die Landwirtschaft und die Industrie wären vorprogrammiert, wie Olaf Holtrup vom Fachbereich Umwelt erläutert.
Im Westen wird zwar eine deutlich geringere Differenz des Grundwasserstandes prognostiziert. Da hier allerdings die Naturschutzgebiete Mühlenbachtal und Knippertzbachtal sowie das Schwalmquellgebiet liegen, die aufgrund ihrer ökologischen Wertigkeit als Natura-2000 Gebiete besonders geschützt sind und zum Kern des Naturpark Schwalm-Nette gehören, könnten schon wenige Zentimeter von entscheidender Bedeutung sein.
Schon im Braunkohlenplan von 1995 wird der Schutz der ökologisch wertvollen und grundwasserabhängigen Feuchtgebiete klar festgelegt. „Von dieser Festlegung darf nicht abgewichen werden“, erklärt die für Umwelt zuständige Technische Beigeordnete Claudia Schwan-Schmitz im Hinblick auf das neue, aktuell laufende Braunkohlenplanverfahren infolge der Tagebauverkleinerung. „Es ist wichtig, diese neuen Erkenntnisse in ihrer Bedeutung im Braunkohlenausschuss zu platzieren und vollumfänglich hinsichtlich der Auswirkungen für die Bürgerinnen und Bürger zu diskutieren. Hierfür haben wir die uneingeschränkte Rückendeckung unseres Stadtrats“, so Schwan-Schmitz.
Ziel der Stadt ist es, dass auf Basis der neuen Grundwassermodellierungen weitere und tiefergehende Untersuchungen angestoßen werden, die auch die Auswirkungen für die Wasserwirtschaft und die Ökologie berücksichtigen. Dabei müsse auch geklärt werden, ob und in welchem Umfang dauerhafte technische Ausgleichsmaßnahmen zur Stützung des Grundwasserspiels möglich und erforderlich seien – und wer die Kosten für diese durch den Tagebau verursachten Lasten trage. Die Kosten dürften nicht von den Bürgern getragen werden, forderte Schwan-Schmitz ausdrücklich.