Die Wolfs wollen eine seltene Gänseart erhalten Wo die Gans die Locken hat
Merbeck/Niederkrüchten · Mit einer Postkarte hat alles angefangen. Daniel war gerade mal elf, als er, unterwegs mit seinem Vater Martin Wolfs beim Verein Gefügelliebhaber Merbeck 1983 e. V., auf die Idee kam, Lockengänse zu züchten. Das erwies sich bei aller Federvieh-Erfahrung als schwierig. Heute, sechs Jahre später, sind Vater und Sohn um viele Erfahrungen reicher und wild entschlossen, die selten schöne Art zu erhalten und am Niederrhein zu verbreiten.
Lockengänse sind schon etwas ganz Besonderes – leider nicht nur, was ihre bezaubernde lockige Federpracht und ihr ausgeprägtes Sozialverhalten angeht, sondern auch in Sachen
„Reproduktionsfähigkeit“. „Zu schmaler Genpool, geringe Paarungsbereitschaft und Fruchtbarkeit und nicht zuletzt der Klimawandel“ seien Schuld, wie Martin Wolfs, Vorsitzender des Vereins Gefügelliebhaber Merbeck 1983 e. V. erklärt. Genau das ist es aber, was seinen Sohn Daniel (17) – den wahrscheinlich jüngsten Lockengans-Züchter zwischen Emmerich und Euskirchen – reizt: „dass sie so selten und nicht einfach zu züchten sind“.
Rückschläge sind da natürlich vorprogrammiert. Ende 2019 ist das erste Gänsepaar im Wolfsschen Geflügelgarten eingezogen, auf einem eigenen Terrain mit Stall und Teich, neben „Papa Wolfs‘“ Enten und Hühnern. 2020 das erste Gelege – aber kein Nachwuchs. 2021 das zweite Gelege – mit drei Küken, von denen zwei von Mama Gans plattgedrückt wurden, das verbliebene, „Piep“, ein paar Wochen später aus unerklärlichen Gründen starb. 2022 kamen vier Küken – keines überlebte. 2023 kein Gelege, dafür fünf neue Gänse. Im Frühling 2024 dann ein neuer Hoffnungsschimmer: In der Brutmaschine entwickeln sich zwei Küken. Zu den Eltern gesetzt, laufen sie munter mit, die Freude ist groß, sogar ein Filmteam des WDR kündigt sich an – dann der Schock: Ein Marder holt sich erst das eine, dann das andere Küken. Zudem plagt ein Bakterium die erwachsenen Gänse.
Aufgeben ist dennoch keine Option für Vater und Sohn. In Kürze holen sie 15 weitere Lockengänse ab, darunter Jungtiere von acht bis 13 Wochen. Dass sie damit ein bisschen die „Katze im Sack“ kaufen, weil Lockengänse „spalterbige“ Tiere sind, das heißt, dass nicht jede Gans später gelockt sein wird – auch das kein Grund, die Flinte ins Korn zu werfen. Die Wolfs wollen den Kollegen Geflügelzüchtern zeigen, „wo die Gans die Locken hat“. Und das ist durchaus wohlwollend gemeint, denn wie Martin Wolfs betont: „Ohne den Verein kann man das gar nicht machen!“ Allein das kollektive Bestellen von Impfstoff und die wertvollen Tipps – etwa der, die Eier in der Brutmaschine mit einer bestimmten Flüssigkeit zu besprühen, die die Schale wie unter natürlichen Bedingungen im Nest desinfiziert und die Schale dünner werden lässt – sind Gold wert.
Mit der in Kürze eintreffenden Gänse-Verstärkung soll der Durchbruch im nächsten Jahr gelingen. „Wenn die Herde zu klein ist, ist sie nicht reproduzierfähig“, haben Vater und Sohn gelernt – und auch Schwachstellen wie die knapp mardergroßen Schlupflöcher im Stall beseitigt. Im Herbst, spätestens im Frühjahr hoffen sie auf Nachwuchs. „Ich wünsche mir sehr, dass wir es schaffen, mehr Küken aufzuziehen, damit die Art erhalten bleibt und wir sie am Niederrhein verbreiten können“, sagt Daniel.