Das Osterfest ist gerade erst vorbei, da hat die „Kunst in der Apsis“ nun schon, fast etwas eilig, Pfingsten im Blick. Aber in dem Wort „Pfingsten“ steckt, vielleicht kaum mehr bekannt, das griechische pentekoste – der Pfingstsonntag als der 50. Tag der Osterzeit. Pfingsten mag vielfach rätselhaft wirken, abstrakt, alltagsfern, in den Schatten gestellt; der Pfingstmontag scheint als Feiertag sogar gefährdet. Interessanterweise gibt es hierzulande so gut wie keine Pfingst-Dekoartikel zu kaufen, es rankt sich nichts Gefälliges um das Fest. Dabei liegt es uns inhaltlich doch eigentlich näher als die „populären“ Kirchenfeste: Pfingsten ist ein Plädoyer der Verständigung in der Vielfalt, auch der Sprachen. Und wer hätte nicht irgendwann auf eine „Eingebung“, auf inspirierte Lösungsansätze gewartet?
So fragt Helga (Hawe) Weidenmüller in ihrem Ausstellungstitel: Warten – worauf? Und sie erläutert: „Auf den Moment, in dem alles besser, schöner und leichter wird? Vielleicht von ,oben‘ oder ganz von allein? Ein Beispiel dafür ist Pfingsten, ein christliches Fest, das die Entsendung des Heiligen Geistes feiert. [...] Ich sage nicht, dass ich jetzt Bilder oder Objekte für Pfingsten mache; sie entstehen [aber eben] aus einem kreativen Prozess“ – und eigenartigerweise ist die Kreativität in unsere Alltagssprache integriert, genießt oft größten Respekt. Wem ist dabei bewusst, dass der pfingstliche Geist auch Creator, Schöpfer, genannt wird? Zu einer Zeit, in der der künstlichen Intelligenz eine immer wichtigere Rolle eingeräumt wird, ist das vielleicht eine nachdenkenswerte Begrifflichkeit. „Meine Themen kreisen um Glücksversprechen, Scheitern, Angst, Zwang, Gewalt und Überwachung“, fährt Weidenmüller fort, „um Alltag, Langeweile und die Bedingungen, denen Menschen jederzeit ausgesetzt sind. Es sind die Zwänge, die uns prägen, die Tage, die einfach so vergehen, und das Gefühl des ‚Irgendwie-Funktionierens‘.“ Ja! Die Inspiration fährt spontan und „mit Feuer“ ins geistlose Funktionieren, Pfingsten erinnert daran, dass der Mensch eben keine Maschine ist, sondern ein göttliches Wesen. Und die Kunst schafft es, immer auch mit spielerisch-humorvollen Anteilen, darauf evident hinzuweisen. Und mag sie aus dem noch so banalen Alltag schöpfen: „Ich schaue, höre und sammle Wörter, Texte und Textfragmente. Unterwegs, in Bussen und Bahnen, im Supermarkt oder auf der Straße nehme ich Gehörtes auf, entdecke Inhalte auf Plakatwänden und finde Inspiration in Büchern und Zeitungen,“ so Helga Weidenmüller. Und genau da liegt doch die Stärke der Kunst: Sie ruft nicht ab, sondern transformiert und macht so auf die ur-menschliche Fähigkeit, kreativ sein zu können, immer wieder aufmerksam – „Ein Wort, ein Satz, ein Blick oder eine zufällige Begegnung können auf vielfältige Weise zu Experimenten führen. Sie fließen in Zeichnungen und Collagen zusammen, die [z. B.] als Unikatbücher erscheinen. In anderen Materialverbindungen entstehen Objekte, Plastiken und Installationen,“ so die Künstlerin. Und diese können tiefsinnig, rätselhaft-skurril und leise ironisch sein. Keine leichte Kost jedenfalls, ebensowenig wie die Botschaft von Pfingsten.
Helga (Hawe) Weidenmüller, Jahrgang 1943, hat eine so umfangreiche Aktivitäten- und Ausstellungsliste vorzuweisen, dass man sie hier unmöglich vollständig anführen kann. Sie arbeitet in den Bereichen Plastik, Objekt, Installation, Künstlerbuch, Collage; ihre Kunst befindet sich in privaten und öffentlichen Sammlungen, wurde und wird im In- und Ausland gezeigt und hat einige Auszeichnungen erhalten. Die Künstlerin lebt und arbeitet in Neuss.
Zur Vernissage am Sonntag, 4. Mai, um 11 Uhr in der Evangelischen Kirche, Alte Poststraße 15 in Osterath, erwartet die Besucherinnen und Besucher eine Einführung des Künstlers und Autors Klaus Sievers. Danach kann die Ausstellung noch bis zum 15. Juni, immer mittwochs bis freitags von 9 bis 12 Uhr oder nach Vereinbarung unter 0175 52 180 83, besucht werden.