Während des Wahlkampfs gewinnt man den Eindruck, dass Sie beide sich ganz gut verstehen. Wie würden Sie Ihren Mitbewerber charakterisieren? Welche Eigenschaften schätzen Sie an ihm?
Frank Meyer Ich kenne Timo Kühn als engagierten Kommunalpolitiker, seit einem Treffen an Altweiber duzen wir uns auch. Und das finde ich gut, denn auch wenn wir beide in verschiedenen Parteifarben unterwegs sind, so ist uns doch am Interesse der Stadt und der Bürger gelegen.
Timo Kühn Sein Engagement über die vielen Jahre muss man anerkennen. Wir kommen gut miteinander aus und begegnen uns fair und offen.
Beschreiben Sie mit drei Schlagworten Ihr politisches Angebot an die Wähler.
Timo Kühn Wir wollen ein wirtschaftlich starkes Krefeld, das sicher und sauber ist, mit vernünftigen Schulen und Sportanlagen. Insgesamt ist uns ein gutes Miteinander sehr wichtig. Die Haushaltslage ist schwierig, deshalb gehen wir ohne große Versprechen in die Wahl. Wir achten auf die vielen kleinen Dinge.
Frank Meyer Mein Herz schlägt für diese Stadt. Mein Versprechen ist ein weiterhin sehr hohes Engagement für Krefeld mit einer sehr großen Verlässlichkeit. In diesen unruhigen Zeiten halte ich das für wichtig. Die Arbeit in die Bildung für Kinder und Jugendliche muss so fortgesetzt werden. Die Sanierungsoffensive für gute Straßen muss weitergehen, das Stärkungspaket für Sicherheit und Sauberkeit muss weiterlaufen.
Welches Thema würden Sie am ersten Tag nach einer erfolgreichen Wahl anpacken?
Frank Meyer Ich denke, dass dies für uns beide gilt: Wir müssen und sollten mit den Fraktionen sprechen, die Mehrheiten bilden könnten, unter welchen Eckpunkten man die Haushaltspolitik angehen möchte. Für was ist Geld da und für was nicht? Mir ist wichtig, dass wir die Projekte, die auf dem Weg und schon anfinanziert sind, fortführen. Wir müssen alles stabil halten und dürfen kein Harakiri betreiben.
Timo Kühn Ja, wir stehen vor großen Herausforderungen. Der Haushalt wird eines der zentralen Themen sein.
Wie lautet Ihr Lösungsansatz für eine Konsolidierung des städtischen Haushalts?
Timo Kühn Ziel sollte es sein, auch mit Blick auf die Kultur und den Sportsektor, das zu erhalten, was wir bislang erreicht haben. Wir dürfen es aber auch nicht zulassen, dass die Verwaltung weiter ein Ankündigungsweltmeister ist. Früher haben wir Kommunalpolitiker uns die Wünsche der Vereine angehört und dann versucht diese umzusetzen. Heute verspricht die Verwaltung Dinge, die der Stadtrat dann absegnen soll. Das geht so nicht mehr weiter.
Frank Meyer Wir müssen sparen, aber zuerst müssen wir schauen, wo die Verwaltung bei sich selbst sparen kann. Für den soeben angesprochenen Sportsektor gilt: Wir haben ein Investitionsprogramm, welches mehrheitlich politisch beschlossen wurde. Damit liegt zum ersten Mal auch ein klarer Plan vor, wann in Krefeld welche Sportanlage saniert und verbessert wird: An der Horkesgath und an der Gladbacher Straße sind wir fertig, jetzt folgen
die nächsten Anlagen.
Wenn es ein Thema gibt, welches die Bürger seit Jahren umtreibt, sind dies die Schlaglöcher in Krefeld. Wie kann diesbezüglich endlich Abhilfe geschaffen werden?
Frank Meyer Das ist ein wichtiges Thema, weil die Wahrnehmung der Infrastruktur die Wahrnehmung der Stadt insgesamt steuert. Die Bürgerinnen und Bürger haben den Eindruck, da ist etwas nicht in Ordnung. Das kann ich nachvollziehen. Aber ja, es ist nun mal im Wesentlichen eine Frage des Geldes. Die Ingenieurbaukosten im Straßenbau haben sich zuletzt fast quartalsweise um drei Prozent erhöht. Das sind knapp zehn Prozent, vielleicht sogar ein bisschen mehr, im Laufe eines Jahres. Wir haben jetzt dank der Haushaltsentscheidung des Stadtrates die Sanierungsoffensive für Straßen und Wege, die der Kommunalbetrieb umsetzt. An einigen Stellen sieht man es schon. Aber man muss sich darüber im Klaren sein, dass in Krefeld über viele Jahrzehnte der Straßenunterhalt viel zu gering gewesen ist, und das ploppt dann irgendwann auf. Dies wird eine große Aufgabe, das in den nächsten Jahren hinzubekommen. Natürlich wird man da auch jede Form technischer Innovation heranziehen müssen. Es muss am Ende aus dem Kommunalbetrieb finanziert werden.
Timo Kühn Das ist eine Daueraufgabe. Wir müssen kontinuierlich Geld für die Straßeninstandhaltung aufwenden. Auch der Kommunalbetrieb selber muss andere Betriebsmittel bekommen, damit man nicht jedes Schlagloch extern ausschreiben muss, sondern vielleicht auch Dinge selber mehr oder minder regelt. Wir sollten das Thema KI mit in den Blick nehmen. Es gibt gute Lösungen, die bereits am Markt etabliert sind. Mit KI-gestützten Systemen, die man zum Beispiel an den Müllfahrzeugen installieren könnte, kann man diese Straßenerfassung erheblich beschleunigen. Wir müssen in Zukunft jeden Euro zweimal umdrehen. Da ist es wichtig, dass auch die Qualität der Instandsetzung überprüft wird. Es darf nicht sein, dass sobald die Arbeiter abziehen schon wieder neue Schlaglöcher aufploppen.
Frank Meyer Im Spiegel der Haushaltsdiskussion muss man dann aber auch ehrlich sagen, dass wir den Zuschuss zum Kommunalbetrieb aus dem Haushalt nochmals verdoppeln müssen, um zu einem Idealzustand der Straßen zu kommen.
Timo Kühn Sicher ist es ein Projekt für die nächsten zehn bis zwanzig Jahre. Den Menschen ist alleine schon damit geholfen, wenn wir zunächst die Achsen durch die Stadt instandsetzen.
Frank Meyer Nein, nur die Achsen, das reicht nicht. Den Kampf gegen die Schlaglöcher werden wir an allen Fronten kämpfen müssen.
Was passiert mit dem Seidenweberhaus?
Frank Meyer Es gibt einen Ratsbeschluss, der mehrheitlich gefasst wurde, dass wir uns vom Seidenweberhaus trennen und dass das Kesselhaus als Veranstaltungshalle gebaut werden soll. Es gibt inzwischen auch vertragliche Verpflichtungen. Dass alles nochmal zurückzudrehen, würde extrem viel Geld kosten. Außerdem gibt es ja auch Gründe, wieso diese Entscheidungen so getroffen wurden.
Timo Kühn Es gibt auch Gründe, warum man nicht fürs Kesselhaus war. Fakt ist aber, dass sich Krefeld keine zwei Veranstaltungshallen leisten kann. Wir als CDU-Fraktion vertreten die Auffassung, dass wir das Seidenweberhaus sicherlich nochmal in einem Verfahren von den Fachleuten durchdenken lassen sollten, um zu schauen, ob wir einen Teilerhalt hinbekommen mit einer alternativen Nutzung. Den Abrissbeschluss kann man mit der entsprechenden politischen Mehrheit abändern.
Frank Meyer Das Seidenweberhaus behindert in seiner Kubatur jede moderne Umgestaltung des Theaterplatzes, es ist ein Klotz in der Innenstadtentwicklung, eine Bremse. Zudem müsste es kernsaniert werden - und dies würde wieder viel, viel Geld kosten, wohl mehrere hundert Millionen Euro. Das ist völlig unvernünftig.
Timo Kühn Man hat sich mit der politischen Mehrheit für einen bestimmten Weg entschieden. Das müssen wir als Demokraten akzeptieren, auch wenn es nur um eine Stimme Mehrheit ging. Aber auf jeden Fall werden Generationen von Menschen für dieses Projekt bezahlen.
Beim nächsten Großprojekt sind Sie beide sich einig. Aber wie wahrscheinlich ist die Realisierung des Surfparks.
Frank Meyer Die städtische Seite hat auf Grundlage der Ratsentscheidungen gearbeitet. Es liegt jetzt formal erst mal auf der Seite des Investors, der den entsprechenden Bauantrag stellen kann. Am Ende könnten eventuell die Gerichte entscheiden müssen, da ja Klagen angekündigt wurden. Ich bin froh, dass es gelungen ist, eine Mehrheit für dieses Projekt zu gewinnen. Ich war von Anfang an überzeugt, dass das für Krefeld eine gute und eine richtige Entscheidung ist, dass das Aufmerksamkeit auf Krefeld lenkt, dass Menschen nach Krefeld kommen. Neben dem reinen Surfangebot würde dort ja auch die Aufenthaltsqualität am Elfrather See gesteigert.
Timo Kühn Das Projekt spaltet unsere Stadtgesellschaft nach wie vor in zwei Lager. Wir als CDU-Fraktion sind grundsätzlich ja immer neuen Investitionen gegenüber offen. Es handelt sich um ein reines privates Investment. Wir haben immer wieder auch Nachforderungen gestellt. Und der Investor hat dann auch nachgebessert. Den letzten Vertragsversionen zwischen Investoren und Stadt, die unsere Nachforderungen enthalten, konnten wir mit gutem Gewissen zustimmen. Wenn nun dagegen geklagt wird, liegt es ein bisschen in Gottes Hand.
Wie werden Sie in Zukunft mit der AFD umgehen?
Frank Meyer Ich bin da sehr klar: Die AFD ist eine in Teilen faschistische Partei mit Menschen, die unwidersprochen eine 180 Grad-Wende in der Erinnerungskultur fordern. Nicht jeder, der Mitglied der AFD ist, ist ein Nazi. Aber die Mitglieder nehmend billigend in Kauf, in einer Partei zu sein, die durchsetzt ist mit solchen Leuten. Die AFD steht für mich
außerhalb des demokratischen Parteienspektrums. Ich streite mit Timo und den anderen demokratischen Bewerbern im Rat sehr gerne bis in die Nacht. Die AFD aber ist für mich auf keiner Ebene ein Gesprächspartner.
Timo Kühn Ja, das ist alles richtig. Fakt ist aber auch, dass die AFD sicherlich stark zulegen wird, auch in Krefeld. Wir könnten die AFD kommunalpolitisch ein Stück weit entzaubern, da deren Vertreter sich hier vor Ort überhaupt nicht einbringen durch Anträge oder ähnliches. Deshalb sollten wir die harte Diskussion suchen, dies würde den Demokraten in die Karten spielen. Den Menschen würde dann klar, wer Lösungen sucht und wer nur Parolen schwingt.
Es wird immer ein düsteres Bild der Krefelder Innenstadt gezeichnet. Wie bewerten Sie die Entwicklung?
Frank Meyer Klar, es ist eine riesige Herausforderung. Ich bin froh, dass es mit dem Stärkungspaket Innenstadt endlich gelungen ist, Dinge einfach einmal anzupacken, nachdem über viele Jahre nichts passiert ist. Bevor ich ins Amt kam, war die größte Maßnahme, dass ein Dixi-Klo auf den Theaterplatz gestellt wurde. Der KOD war damals mit fünf Stellen besetzt, jetzt sind es 50. Wir haben die rechtlichen Grundlagen für das Bettel- und Alkoholverbot angeschärft, soweit es rechtlich zulässig ist. Ordnungspolitisch haben wir ordentlich zugelegt. Das ist ein Erfolg, den wir uns nicht kleinreden lassen dürfen. Früher gab es einen regelrechten „Drogentourismus“ nach Krefeld. Den gibt es so nicht mehr. Aber natürlich sind die Drogenabhängigen aus Krefeld nach wie vor da. Mit dem Drogenhilfezentrum haben wir einen Ort geschaffen, wo für diese Menschen legaler Konsum unter menschenwürdigen Bedingungen möglich ist. Dort finden aktuell im Schnitt 1.200 Konsumvorgänge im Monat statt. Das sind 1.200 Crackpfeifen und Heroinspritzen, die nicht in die Öffentlichkeit gelangen.
Timo Kühn Ordnungspolitisch konnte einiges verbessert werden. Aber wenn es um die Innenstadt geht, geht es auch um Vertrauen. Die privaten Eigentümer brauchen dies, um wieder zu investieren. Wir haben 400.000 Besucher weniger in der City gehabt als im Vorjahr. Wenn wir es schaffen wollen, dass die Menschen aus den starken Vororten wieder in die Innenstadt kommen, müssen wir Aufenthaltsqualität schaffen. Das aggressive Betteln ist zwar verboten, es findet aber statt. Dies müssen wir konsequent unterbinden. Denn im Kern haben wir eine tolle Innenstadt. Es geht um viele kleine Dinge, die wir durch regelmäßiges Reinigen oder Lichträume schaffen können.