Und so schnell wie die Vorbestellungen um einen Sitzplatz vor sich gingen, konnten kaum die Plätze zugewiesen werden. Nach nur ein paar Stunden waren alle Plätze im Vorfeld ausgebucht, so dass man sich bei ThyssenKrupp nun schon auf den nächsten Filmabend einrichtet. Gekommen waren besonders viele Hüttenmitarbeiter, die zum Teil mit den dargestellten Personen bekannt waren. Doch nicht nur ehemalige Werksmitglieder hatten die Vorstellung genutzt, um ein bisschen in den Bilder-Reichtum des Konzern-Archivs zu schauen. Amateurhistoriker und einfach nuzr interessierte Bürger wurden ebenso gesichtet. Der Leiter des Konzernarchivs, Professor Dr. Manfred Rasch kündigte in seinen einleitenden Worten an, dass man schon Anfang des nächsten Jahres einen weiteren „Filmabend“ anpeile: „Wenn das Interesse weiter so hoch ist, können wir im Übrigen noch einiges zeigen. Rund 2.500 Filme sind derzeit archiviert!“ Gekommen waren aber nicht nur die Arbeiter des Konzerns. Mit Dr. Heribert Fischer, Vorstandsmitglied von ThyssenKrupp Steel Europe, waren auch die früheren Vorstandschefs Dr. Ekkehard Schulz und Dr. Dieter Spethmann im Vortragssaal, um mal einen Blick auf die alten Streifen zu werfen.
Und zwei der drei Filme waren durchaus sehenswert, denn in ihnen spiegelt sich die Entwicklung des Bruckhausener Werks in den fünfziger und sechziger Jahren. Die Kurzversion „Von der Bramme zum Breitband“ zeigt den Wiederaufbau der August Thyssen-Hütte nach dem Zweiten Weltkrieg. Zwei Jahre lang drehten die Kameramänner auf dem Werkgelände in Duisburg Aufnahmen von den kriegszerstörten Anlagen und von dem Wiederaufbau der Betriebe. Im Mittelpunkt des Films stehen der Bau und die Produktion der vollkontinuierlichen Warmbreitbandstraße, die 1955 den Betrieb aufnahm und die – ständig modernisiert – bis heute Breitband liefert. In dem Streifen, der von dem Regisseur Alexander Treleani gefertigt wurde, begeistern klare Bilder und einige Trickaufnahmen. Der Film von 55 wurde für die erste ordentliche Hauptversammlung der August Thyssen Hütte nach dem Krieg gefertigt und war mit seinen 30 Minuten Länge in der damaligen Zeit ein Augenöffner. Die Güte des Films sprach sich so sehr rum, dass der Konzern eine Kurzversion von 12 Minuten fertigte, die im Anschluss fast ein Jahr lang als Vorfilm in den Kinos lief. Da die Filmgesellschaft den Film kaufte, bekam Thyssen so fast ein Jahr kostenlose Werbung.
Als Vorfilm zum damaligen Kassenschlager „High Noon“ lief auch der zweite Film des Abends vom international renommierten Industriefilm-Spezialisten Robert Mengoz. Der 1965 präsentierte Streifen „Nur der Nebel ist grau“ präsentiert das damals neue Werk Beeckerwerth der August Thyssen-Hütte in Duisburg und die Menschen, die darin arbeiten. Erstmals kommt der Arbeiter in einem Industriefilm zu Wort. Ausschnitte von Gesprächen lassen das veränderte Verhältnis zwischen Mensch und Arbeitsplatz erkennbar werden. Mehr ein Fragment ist dagegen der etwa vier Minuten lange Streifen „Menschen 72“. Der Film, der vielleicht mal zur Mitarbeiter-Werbung genutzt wurde, zeigt über fast vier Minuten Länge ausschließlich Interviews von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die bei der August Thyssen-Hütte tätig sind. Sie erzählen, weshalb sie bei der ATH arbeiten. Zu Wort kommen unter anderem eine Sekretärin und ein Feuerwehrmann, aber auch ein Auszubildender und ein leitender Angestellter berichten nicht nur von den Vorteilen ihres Arbeitsplatzes.