Etwa 35 True-Crime-Fans sitzen in der Gaststätte Turnerheim Rheydt an langen Tischen, manche bei Bier oder Tee, andere essen noch – es gibt Pommes, hausgemachte Frikadelle & Co. –, im Hintergrund läuft „Stille Nacht, heilige Nacht“ und es wird spekuliert, was es wohl mit dieser Katze im Königskostüm auf dem Bildschirm auf sich hat...
Als Juristin Sabrina Kreuzer ihre True-Crime-Show eröffnet, ist die Katze bald aus dem Sack. Es geht an diesem Abend um einen besonders skurrilen Fall aus Bochum (1986), mit dem sich fast alle Jurastudenten im Studium einmal befassen: Ein psychisch labiler Mann, „Michael“*, ein Polizist (!), ist einer Frau, „Barbara“*, hörig und lässt sich von ihr und einem „Peter“* von der Existenz eines diabolischen Katzenkönigs überzeugen, zu okkulten Handlungen anstiften, und schließlich dazu, „Annemarie“*, die neue Frau des Ex-Freundes der eifersüchtigen Barbara, niederzustechen – unter dem „Druckmittel“, dass nur ein Menschenopfer verhindern könne, dass besagter Katzenkönig die Menschheit auslöscht. Schräg, aber wahr und tatsächlich so passiert...
Was den Fall für die Runde so interessant macht, ist die Frage: Wie steht es überhaupt um die Schuldfähigkeit von „Michael“? Und sind die anderen beiden nicht auch schuld, vielleicht sogar mehr?
Während sie den Fall schildert, wendet sich Sabrina Kreuzer immer wieder ans Publikum, das per grüner oder roter Karte entscheiden soll: „schuldig oder nicht?“ Und sie erklärt in dem Zusammenhang, warum die „Schuldfähigkeit“ so eine zentrale Rolle spielt, nämlich „weil wir im Schuldstrafrecht leben, das heißt, wenn zum Beispiel einer ein Kind missbraucht, gilt er oft als unzurechnungsfähig oder pathologisch krank und es kommt zur Schuldminderung.“
Im Publikum rauchen die Köpfe, Meinungen werden revidiert, diskutiert. Und Sabrina Kreuzer steckt das Publikum mit ihrer Faszination an – mit ihrer früh aufgekommenen Leidenschaft: „Ich habe mit zehn Jahren zu Weihnachten mein erstes Strafgesetzbuch bekommen“, verrät sie in der Pause, „und dann an Silvester mit der ganzen Familie eine Gerichtsverhandlung nachgestellt.“
Das Opfer im Katzenkönig-Fall, „Annemarie“, hat übrigens überlebt. Doch was ist es: versuchter Mord, versuchter Totschlag? Und wer ist denn nun schuldig? Wie der Bundesgerichtshof 1988 zu seinem Urteil gekommen ist, erfährt das Publikum im zweiten Teil der Veranstaltung.
Welchen Fall sie in ihrer nächsten Juristischen True-Crime-Show vorstellen und mit dem Publikum „aufdröseln“ wird, verrät Sabrina Kreuzer noch nicht. Spannung ist aber wieder garantiert. Und wenn es irgendwann einmal auf eine größere Bühne geht – sie ist bereit.
* Namen wurden geändert