„Lokalrunde“ mit dem NRW-Ministerpräsidenten Wüst, ganz nah und nahbar
Mönchengladbach · Die CDU Nordrhein-Westfalen hat am Montag dieser Woche zu einer „Lokalrunde“ in den Gasthof Loers in Venn eingeladen. „Special Guest“: Hendrik Wüst, Landesvorsitzender und Ministerpräsident, der in lockerer Atmosphäre, bei einem Pils mit Moderatorin Andrea Franken plaudert – ein bisschen über Politik und ganz viel aus dem privaten Nähkästchen.
In unmittelbarer Nähe zum Gasthof Loers parken? Unmöglich an diesem Montagabend, kurz vor 20 Uhr. Auf dem rappelvollen Parkplatz gegenüber steht ein Polizeiwagen. Falschparker stehen aber nicht im Fokus, sondern der in Kürze erwartete NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst.
Im Gasthof haben sich bereits rund 300 Menschen versammelt. Tische wie im Bierzelt, Stehtische – fast alle Plätze sind besetzt. Liegt’s an den Freigetränken oder der Vorfreude auf den Polit-Promi – die Stimmung ist gut, ja, ausgelassen, ein bisschen wie bei einer Karnevalssitzung. Stellt auch Jochen Klenner fest, an den die Moderatorin des Abends, Andrea Franken, nach kurzer Begrüßung übergibt. „So viele Leute, so eine Stimmung ist sonst nur, wenn die Poether Pothäepel feiern“, findet der Gladbacher Landtagsabgeordnete und fordert die Zuschauer auf, aufzustehen, um eine Gasse zu bilden, wenn Ministerpräsident Hendrik Wüst ankommt.
Zuvor nutzt der Bundestagsabgeordnete Dr. Günter Krings noch die Bühne, um über Politik zu sprechen, obwohl er ungern „die Stimmung trüben möchte“. Aber die Stimmung im Land sei eben verdammt ernst und die anstehende Bundestagswahl umso wichtiger. Danach könne man dann entspannt Karneval feiern...
Als, eine kurze, musikalisch vom Kölner Duo „Pocket Party“ untermalte Pause später Hendrik Wüst mit Andrea Franken auf der Bühne Platz nimmt, wird’s erstaunlich unpolitisch.
Plauderton-Fragen, etwa „Wie haben Sie Silvester gefeiert?“ (Antwort: „Still, zuhause, mit Fondue“) oder „Werden Sie beim Einkaufen im Supermarkt angesprochen? (Antwort: „Selten, in meiner Heimatstadt Rheda bin ich ja keine Neuigkeit, da bleiben die Leute auf Distanz und grüßen nur“) sind dem Politiker offenbar sehr willkommen, denn, wie er selbst betont: „Das ist vielleicht eine Überraschung, aber wir Politiker sind normale Menschen!“
Und so kommentiert er vergnügt die Fotos aus seinem Leben, die die Moderatorin herausgesucht hat – vom kleinen Hendrik in Lederhose mit einem Korb voll Welpen („Kleine Münsterländer... Wir hatten immer Hunde, mein erster war ein Dackel“) über Sport („Ich habe viel Handball gespielt“) und die Olympischen Spiele in Paris („Wenn du da bist, spürst du den Sinn von Olympia, den sportlichen Geist“) bis hin zu seinem Clownsauftritt im Kölner Karneval („eine tolle Erfahrung“). Ins Schwärmen kommt er, wenn er von seiner schönen Kindheit im ländlich geprägten Rheda/Westfalen erzählt („Wir waren fast immer draußen“), oder davon, dass er eben noch seiner Tochter, die im März vier wird, vorgelesen hat.
Dann wiederum zeigt er sich nachdenklich, spricht davon, dass die Hälfte der 2020/21 geborenen Mädchen einer aktuellen Lebenserwartungsstatistik zufolge über 80 Jahre alt werde. „Politiker, auch nach mir, müssen eine ganze Menge richtig machen, damit diese Kinder eine Welt erleben können wie die meisten, die hier sitzen...“
Und so geht’s ein bisschen natürlich auch um Politik, oft mit einem Augenzwinkern. „Er hat mehr Ahnung von Politik als ich“, antwortet Wüst etwa auf die Frage nach seiner Meinung zu Friedrich Merz, bevor er dann noch eine politischere Antwort hinterherschiebt.
Zu der aus dem Publikum per Bierdeckel eingereichten Frage, wie der Strukturwandel im Rheinischen Revier gelingen soll, erklärt er, eher vage bleibend: „Es gibt viele Ideen in der Region und wir haben auch schon einige Projekte auf den Weg gebracht – jetzt kommt es aber darauf an, dies auch zur Umsetzung zu bringen und so sichtbare Zeichen des Strukturwandels vor Ort zu setzen“. Und beim Thema Einsamkeit zeigt er sich besorgt, insbesondere um die jungen Menschen, die nach der Pandemie den Sprung von der Schule in die Ausbildung nicht geschafft haben. „Die sind digital hochgradig vernetzt, aber sozial nicht“, erklärt er, spricht von Förderprogrammen und davon, dass die Politik in puncto Einsamkeit was machen müsse, aber prinzipiell auch jeder etwas tun könne, zum Beispiel den einsamen Nachbarn zum Fußballschauen einladen.
Auf die Frage, woran er sich wohl erinnern würde, wenn er an diesen Abend in Mönchengladbach denkt, sagt Wüst schließlich: „An den Geruch nach Eichentisch und Bier. Der ist ein bisschen wie in der Kneipe, in die mein Vater früher ging. Ich mag das hier, das ist so urig.“