Erfan Koza, Doktorand und Forschungsleiter am Clavis Institut für Informationssicherheit an der Hochschule Niederrhein, und seine Kollegin Asiye Öztürk recherchieren viel im Internet zum Thema Cyberkriminalität. Im Rahmen ihrer Tätigkeit an der Hochschule sind sie dabei immer wieder auf die Themen Cybergrooming, Cybermobbing und Pädokriminalität gestoßen. „Oft sitzen die Eltern ahnungslos auf der Couch, während ihre Kinder eine Tür weiter durch Cybermobbing seelisch vergewaltigt werden“, so Koza. Sie haben beschlossen, etwas dagegen zu tun. „Es gibt einzelne Initiativen, zum Beispiel von Vereinen oder dem Bundeskriminalamt, aber kein Programm, das in ganz Deutschland angeboten wird und sowohl Lehrer und Eltern, als auch Kinder anspricht“, sagen sie. Zusammen mit Volunteers und der Hilfe der Gesamtschule Volksgarten haben sie das Programm „SafeSchool“ entwickelt, das aufrütteln und aufklären soll und dabei wissenschaftlich begleitet wird. „Ich mache das für meine Seele“, sagt Erfan Koza. „Die Gefahr ist groß und keiner sieht sie“, fügt Asiye Öztürk hinzu.
Die beiden Wissenschaftler haben ein Spiel entwickelt, das auf den ersten Blick ganz ähnlich wie Monopoly für vier Mitspieler aussieht, aber sehr viel mehr kann. Auf grünen, gelben, roten und blauen Feldern werden Cyber-Wissen, Gefahren und richtiges Verhalten trainiert. Zur Belohnung gibt es Schutzschild-Karten. Ausprobiert haben sie das Spiel mit Schülern und Schülerinnen der Gesamtschule Volksgarten, an der Erfan Koza seinerzeit sein Abitur gemacht hat. „Wir haben in zeitlichen Abständen den Lerneffekt kontrolliert und es hat sich bestätigt, dass die Vorgehensweise geeignet ist, diese Themen aktiv in die Schulen zu transportieren und sie auch mit den Kindern und Jugendlichen zu trainieren“, so Öztürk. Gerade der spielerische Ansatz scheine der richtige für Kinder zu sein. Während des Spiels könne man mit den Kids ins Gespräch kommen, sensibel Sicherheitsthemen ansprechen, ohne die Kinder zu erschrecken.
Bei den Erwachsenen dagegen gehört das Aufrütteln zum Konzept. Bewusst werden ihnen in Workshops mit Präsentationen Zahlen und Fakten geboten, die erschrecken. „Kinderfotos gehören nicht ins Netz“, sagt Aiye Öztürk. Nicht nur Kinder, sondern auch Eltern würden oft viel zu unbedarft damit umgehen. Cyberkriminelle würden sich geschickt ihr Vertrauen erschleichen in großem Stil auf Facebook, Instagram und anderen Kanälen Kinderfotos abgreifen und verkaufen – ganz oft harmlose Alltagsbilder. Mithilfe von künstlicher Intelligenz würden Nacktfotos daraus und es entstünden pornografische Geschichten nach dem Muster von Comics, die anschließend im Darknet an Pädophile verkauft würden. Selbst WhatsApp sei nicht sicher, wenn etwa über das offene WLAN von großen Hotelanlagen, Flughäfen und Bahnhöfen gepostet würde.
Gemeinsam mit dem Viersener E-Learning-Anbieter My Breeve soll aus dem Offline-Spiel „SafeSchool“ jetzt eine kostenlose App entwickelt werden.
Heute stellen die beiden Forschenden ihre Initiative gemeinsam mit ECPAT, der Arbeitsgemeinschaft zum Schutz der Kinder vor sexueller Ausbeutung, in Berlin vor. Geld wollen sie ausdrücklich mit der Initiative nicht verdienen. Sie möchten sowohl Spiel als auch Lehr-Videos in arabisch, türkisch und polnisch übersetzen lassen. Das Material soll in Kürze über ihre Domain downloadbar sein.