In den Fotoalben unserer Eltern und Großeltern sind die armseligen Lebensumstände in den zerbombten deutschen Städten in den Jahren 1944 bis 1947 auf eindrucks-vollen Schwarzweiß-Fotos dokumentiert. In vielen kleinen und großen Ortschaften in der Ukraine sieht es heute genauso aus.
Kerzenreste waren damals, in den letzten Kriegs- sowie den ersten Nachkriegsjahren, begehrt. Sie wurden eingeschmolzen und zusammen mit einem einfachen Docht in leere Konservenbüchsen gegossen. Diese sogenannten Büchsenkerzen gaben nicht nur notdürftiges Licht in Zeiten ohne Strom, sondern wurden auch in improvisierten Kochern und Öfen eingesetzt. Wegen der flächendeckenden Zerstörung der Strom- und Gasnetze sind die Menschen in der Ukraine vielerorts heute auf ähnliche Notmaßnahmen angewiesen.
Der Rotary Club Meerbusch hat sich seit April 2022 an mehreren Hilfsaktionen finanziell beteiligt, um Medikamente und Hilfsgüter ins Land zu bringen, durch Bomben zerstörte medizinische Geräte in einer Geburtsklinik zu ersetzen sowie einen Notarztwagen für die Erstversorgung von Verletzten und einen Hubsteiger für die Reparatur von Stromleitungen zu liefern. Für das Überleben im Winter ohne Strom und Gas sind aber auch so einfache Dinge wie Kerzen hilfreich. Die Mitglieder des RC Meerbusch haben im Januar und Februar in privaten Haushalten und mit der Hilfe von mehreren evangelischen und katholischen Pfarreien in Meerbusch und Düsseldorf rund 200 Kilogramm Kerzenreste zusammengetragen.
Die Kerzenreste aus mehreren lokalen Sammelaktionen werden in Wuppertal in einem Schmelzofen zu transportfreundlichen Paraffinblöcken verschmolzen und über ein privates Netzwerk nach Poltawa in der Ukraine transportiert. Die Stadt hat etwa 300 000 Einwohner und liegt in der Mitte des geografischen Dreiecks zwischen Kiew, Dnipro und Charkiw, einer von russischen Bombenangriffen stark in Mitleiden-schaft gezogenen Region. In einer Behinderteneinrichtung wird das Wachs in Büchsen gegossen. Dort werden auch simple, speziell für die Büchsenkerzen konstruierte Koch- und Heizöfchen gebaut. Die Büchsenkerzen und Öfchen werden in der Region kostenlos verteilt.