Theater Krefeld: Premiere des Balletts „Carmen“ Heißblütige Liebe im alten Spanien

Krefeld · Im Stadttheater war Premiere des Ballettstücks „Carmen“. Zudem wurde vor und nach der Aufführung Choreograph Robert North gefeiert - gleich aus doppeltem Grund.

Bunte Kostüme: Feurige Tänze charakterisieren die Inszenierung des Carmen-Stoffs.

Foto: Matthis Stutte/Matthias Stutte

Bevor sich der Vorhang öffnete, trat Generalintendant Michael Grosse auf die Bühne. An seiner Seite Ballettdirektor Robert North. „Dieser Tag ist eine Zäsur“, verkündete Grosse. Denn punktgenau zur Premiere seines Stücks „Carmen“ feiere der beliebte Choreograph seinen 80. Geburtstag. Spontan stimmte das Publikum ein Lied an: „Zum Geburtstag viel Glück“. North dankte mit einer Geste zum Herzen.

Der runde Geburtstag bedeute aber auch, so Grosse weiter, dass North den Posten des Ballettdirektors zum Ende dieser Spielzeit abgebe. Dennoch bleibe der Stückeschmied dem Publikum und der Tanzcompagnie erhalten. Bis zu Grosses eigenem Abschied im Jahre 2028 werde North weiterhin ein Ballett pro Spielzeit inszenieren. Kräftiger Applaus. Dieser setzte sich auch nach der Aufführung fort, als zur Premierenfeier noch mit reichlich Sekt auf den Jubilar angestoßen wurde.

Warum sich North solcher Beliebtheit beim Publikum erfreut, belegt die aktuelle Inszenierung „Carmen“ aufs Neue. Es ist seit jeher das Markenzeichen des Amerikaners, mit den Mitteln des Tanzes fortlaufende Geschichten zu erzählen. Diesmal nahm er sich „Carmen“ vor, ein Stück, das man durch die gleichnamige Oper von Georges Bizet zu kennen glaubt.

Doch North greift auf die zugrundeliegende Erzählung von Prosper Mérimée zurück und ersetzt die bekannte Musik Bizets durch Kompositionen des zeitgenössischen Tonsetzers Christopher Benstead (Jahrgang 1981). Dadurch erklingt ein Potpourri unterschiedlicher Musikgenres, die jeweils auf die Tanzbewegungen abgestimmt sind. Man hört spanische Gesänge, volksliedhafte Melodien und auch harte Rhythmen, die stellenweise in Pop übergehen. Dadurch gewinnt die Aufführung an Frische und Gegenwart.

Die Handlung selbst zieht wie eine Art Stummfilm am Auge des Zuschauers vorbei. Die Geschichte von 1845 ist denn auch leicht nachvollziehbar. Im alten Spanien betört die Fabrikarbeiterin Carmen, die zu einer Bande von Banditen gehört, einen Gardeoffizier. Durch die Liebe zu der eigentlich unnahbaren Frau, die mit ihm spielt, wird er ruiniert und schließlich zu ihrem Mörder.

Diese ebenso dramatische wie psychologisch facettenreiche Geschichte visualisieren die Tänzerinnen und Tänzer mit stetig wechselnden Szenarien: wilde Massenauftritte voller Lebenslust in prächtigen Kostümen (Luisa Spinatelli), hektische Messerkämpfe zwischen männlichen Rivalen und ebenso zarte Liebesbezeugungen der beiden Hauptdarsteller. Es sind gerade die schnell aufeinander folgenden Stimmungswechsel, die der Aufführung ihre Spannung verleihen.

Die Kulisse hat North diesmal selbst entworfen. Sie besteht nur aus mehreren Podesten, die sich je nach Szene als Fabrikhalle, Stierkampfarena oder gar Schaffott zusammensetzen lassen.

Ganz neu ist die Inszenierung nicht. North hatte sie bereits in der Spielzeit 2012/13 am Gemeinschaftstheater gezeigt. Doch kommt sie frisch, farbig und explosiv daher wie „neu geboren“. Vielleicht das schönste Geschenk zum Geburtstag ihres Schöpfers.

Das Premierenpublikum jedenfalls spendete stehend brausenden Applaus, der gar nicht mehr enden wollte.

Weitere Aufführungen: 8., 17., 18., 21., 26. Juni; 4., 9., 12. (18 Uhr) Juli. Beginn: 19.30 Uhr.

Karten an der Theaterkasse, Tel.: 02151/805 125 oder www.theater-kr-mg.de