„Seidenraupen“ beim Transalpine Run Wetterkapriolen und andere Dramen beim legendären Alpen-Lauf
Krefeld · Tanja Gebhard und Manuel Kölker von den Seidenraupen Krefeld nahmen beim legendären Transalpine Run teil. Das Wetter spielte eine große Rolle und forderte zahlreiche Änderungen im Ablauf. Die Veranstalter sprachen daher am Ende vom schwierigsten „TAR“ aller Zeiten.
Der siebentägige Etappenlauf führte die Läufer von Garmisch-Partenkirchen über Österreich und die Schweiz bis nach Italien. Während Gebhard auf der fünften Etappe krankheitsbedingt aussteigen musste, finishte Kölker nach 48:44 Stunden, gelaufenen 250 Kilometern und 16.000 Höhenmetern am Reschensee.
Es war ein sehr bitterer Moment für Tanja Gebhard, als sie auf der fünften Etappe zwischen Ischgl und Samnaun an der Heidelberger Hütte im schweizerischen Fimbatal den Transalpine Run beenden musste. „Meine Herzfrequenz war schon beim ersten Anstieg so hoch, dass ich Tempo rausnehmen musste. Über den ganzen Tag baute sich ein grippaler Effekt mit Glieder-, Ohren-, Hals- und Ohrenschmerzen auf. Um das Risiko einer Herzmuskelentzündung zu umgehen, musste ich die Reißleine ziehen. Die Vernunft hat gesiegt“, sagte die 55-Jährige, die zu dem Zeitpunkt auf dem 32. Platz der Kategorie „Master Women“ lag. Schon am Vortag hatte die 55-Jährige entkräftet abreißen lassen müssen, kam erst deutlich abgeschlagen vom Rest des Feldes in Ischgl an. Kölker dagegen wurde mit Verlauf des Rennens immer stärker, die vierte Etappe war endgültig sein Gamechanger. Am Ende erreichte er nach 48:44 Stunden das Ziel am Reschensee, was ihm in der Kategorie Master Men Platz 34. bescherte.
Losgelaufen waren Gebhard, Kölker und rund 900 Teilnehmer (inklusive 300 Run2-Starter, die nur die ersten beiden Etappen laufen) in Garmisch-Partenkirchen bei Temperaturen jenseits der 30 Grad Celsius-Marke. 44,5 Kilometer galt es bei 2590 positiven und 2460 negativen Höhenmetern mit dem Ziel Nassereith zu absolvieren. „Die Sonne knallte unbarmherzig auf uns nieder, wir haben jede Chance einer Abkühlung genutzt. Zweimal habe ich mich sogar kurz in einen Gebirgsbach gesetzt“, sagt Kölker. Zwar war die zweite, ebenfalls noch sommerliche, Etappe mit 31 Kilometern nach Imst nicht sonderlich lang, hatte aber mit einem Nonstop-Anstieg über 1100 Höhenmeter und einem finalen Downhill von 1700 negativen Höhenmetern ein nicht unerhebliches Potenzial in sich.
Auf der der dritten Etappe von Imst nach See (46 Kilometer, 2850 positive Höhenmeter, 2600 negative) hatte Kölker zunächst richtig zu knabbern. „Ich bekam nichts mehr runter, mein Körper rebellierte gegen jeden Schritt. Ich hatte das Gefühl, dass es das schon war“, so Kölker. Nach einer kleinen Pause gelang Kölker jedoch der Anschluss ans Hauptfeld. „Ich habe danach ein wenig die Ernährung umgestellt und kaum noch Gels zu mir genommen. Ich war danach viel besser und befreiter unterwegs. Zudem kam mir der erste Wetterumschwung sehr entgegen.“ Denn von den sommerlichen Temperaturen ging es binnen eines Tages auf Herbst über, das Thermometer zeigte im Tal nur noch 13 Grad Celsius an. Die gleichzeitigen Regenfälle waren so stark, dass die dritte Etappe von 50 auf 46 Kilometer verkürzt werden musste, da einige Passagen nicht mehr passierbar waren. Gebhard: „Trotzdem sind wir gerutscht und zum Teil auf allen Vieren gekrabbelt.“
Die vierte Etappe nach Ischgl (41 KM, 2600 positive Höhenmeter, 2280 negative HM) sollte für beide Seidenraupen richtungsweisend sei. Während Kölker sich in einen regelrechten Flow lief und gerade beim abschließenden Downhill zahlreiche Läufer einsammelte und schließlich nach 9:13 h im Ziel war, musste Gebhard kämpfen. Die sehr erfahrene Trail- und Ultra-Läuferin kam erst nach 11:23 h ins Ziel. Ab der fünften Etappe gab es einen weiteren Wetterumschwung: Im Tal sackten die Temperaturen auf knapp über Null, „oben“ gar darunter. Dennoch: Sonnenstrahlen erquickten die Läufer gerade in den Hochlagen, wo es über extrem technisches Geläuf schließlich nach 30 Kilometern nach Samnaun ging. „Kurz nach Erreichen des höchsten Punkts auf 2750 Meter Höhe ließ ich richtig los, das war einfach nur noch mega“, so der 45-Jährige Kölker nach Erreichen des schweizerischen Dörfchens. Gebhard dagegen zog nach 18 Kilometern die Notbremse. „Es ging nicht mehr. Es ist einfach nur traurig.“ Zwei Jahre hatte sie sich auf diesen Wettkampf vorbereitet und wurde nun durch eine Grippe ausgebremst.
Zu der Kälte sollte sich nun auch noch Schnee gesellen, so dass der Start von Samnaun (1844 Meter Höhe) ins tieferliegende Martina (1035 Meter Höhe) verlegt wurde. Die eingeplante Querung des Muttlers auf 3000 Meter Höhe wurde abgesagt, stattdessen drehten die Läufer – es wurden täglich weniger – nach einem Busshuttle eine 35 Kilometer lange Schleife, die sie schließlich durch dichte Wälder und mystische Moorlandschaften und auf maximal 1990 Meter Höhe nach Nauders führte. „Im Vergleich zu den vorherigen Etappen recht einfach zu laufen, wenngleich es auch direkt nach oben ging“, so Kölker, der sich aber noch immer pudelwohl fühlte. „Natürlich bekommt man mit, wie auch jetzt, quasi mit Blick auf die Ziellinie, immer noch Läufer ausscheiden, weil der Körper streikt. Mir ging es aber kurioserweise von Tag zu Tag besser.
Auch die letzte Etappe wurde schlussendlich wegen des Schneefalls verkürzt. Viele hatten schon im Vorfeld auf einen Bergsprint getippt, am Ende wurden es dann doch 22 Kilometer hoch auf 2170 Meter, zum Teil durch dichtes Schneetreiben. „Ich war endgültig in meinem Element und hatte einen riesigen Spaß. Hier und da war es durch Schnee und Eis natürlich etwas glatt, aber es waren viele Passagen laufbar. Die letzten zehn Kilometer vergingen wie im Flug.“ Mit Blick auf die im Reschensee versunkene Kirche, nur noch der Kirchturm ist noch zu erblicken, erreichte er schließlich überglücklich das Ziel. „Auch wenn ich den kompletten Sommer durchtrainiert habe, kam ich mit der Hitze nicht so gut zurecht. Daher war ich froh, als das Wetter umschlug. Das war mein Glück.“
Tanja Gebhard: 8:39, 6:32, 10:49, 11:23; DNF nach Etappe 4, bis dahin Gesamt: 37:24 (32. in der Kategorie Solo-Master Women)
Manuel Kölker: 8:30, 6:28, 10:19, 9:13, 6:09, 5:22, 3:08 > Gesamt: 48:44 (34. in der Kategorie Solo-Master Men)