Bruckhausen. Die IG Metall ruft zur Kundgebung auf — und bekommt ungewohnte Unterstützung: Auch die Thyssen-Krupp-Vorstände rufen zur Teilnahme auf, und selbst der Unternehmerverband, bei den Tarifrunden quasi der "natürliche Gegner" der Metaller, sagt: "Wir stehen an der Seite der Beschäftigten in der Stahlindustrie."
Alle eint die Sorge, dass am größten Stahlstandort Europas und möglicherweise überhaupt in der EU bald Schluss sein könnte. Nämlich dann, wenn die EU-Kommission wie geplant den Emissionshandel reformiert. Die Brüsseler Beamten wollen die Befreiung von der EEG-Umlage streichen und erreichen, dass Europas Stahlindustrie mehr Geld für Emissionsrechte ausgeben muss, für sogenannte CO2-Zertifikate. Das würde laut IG Metall allein für die deutsche Stahlindustrie Zusatzkosten von einer Milliarde Euro im Jahr bedeuten. Und damit wohl das Aus angesichts der Dumping-Konkurrenz vor allem aus China. In Duisburg seien 20.000 Arbeitsplätze gefährdet, außerdem zahlreiche Beschäftigte bei Zulieferern und Weiterverarbeitern.
Die EU will mit den verschärften Regeln eigentlich zum Klimaschutz beitragen. "Es könnte jedoch genau das Gegenteil herauskommen: Die Reform kann den weltweiten CO2-Ausstoß am Ende sogar erhöhen", befürchtet die Duisburger DGB-Vorsitzende Angelika Wagner. "Dazu kommt, dass auch schlechtere Arbeitsbedingungen, Bezahlung und oft fehlende Arbeitssicherheit in anderen Ländern mit in die Rechnung gehören."
In Deutschland wird vergleichsweise sauberer Stahl produziert, ist man sich einig. Pro Tonne produziertem Stahl fallen hierzulande nur 1,5 Tonnen CO2 an, in China sind es 1,8 Tonnen. Und während der CO2 -Ausstoß in Europa seit 1990 fast halbiert wurde, hat er sich in China in den letzten Jahren verdreifacht. Günter Back, Betriebsratsvorsitzender bei Thyssen-Krupp in Hamborn: "Umso bitterer reagieren Stahlbeschäftigte, wenn sie befürchten müssen, dass die deutsche und europäische Klimapolitik ausgerechnet die Existenz der weltweit saubersten Stahlproduzenten bedroht."
Die bundesweit größte Kundgebung zum Stahlaktionstag beginnt am Montag, 11. April, um 12.30 Uhr mit einem Demonstrationszug in Beeck auf dem Markplatz. Am eigentlichen Ort der Kundgebung, vor der Thyssen-Krupp-Hauptverwaltung an der Kaiser-Wilhelm-Straße 100 in Bruckhausen, gibt's ab 12.30 Uhr Musik von der Bühne, ab 13.30 Uhr sprechen hier neben Gewerkschaftsvertretern auch Oberbürgermeister Sören Link, NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel. Auch aus dem Duisburger Süden und der Umgebung werden Stahlarbeiter zur Kundgebung anreisen.