OB Link: „Neumühl ist mehr als nur ein paar Schreihälse“ Bürgerinformation zum Asyl von außen aufgeheizt

DUISBURG-NORD · Eine seitens der Stadt sehr kurzfristig anberaumte Bürgerversammlung zur geplanten zeitlich befristeten Unterbringung von Asylbewerber im ehemaligen St. Barbara-Hospital in Neumühl stand nicht gerade unter einem guten Stern und offenbarte jetzt ein Wechselbad der Gefühle, das sich zunächst einmal nachhaltig und negativ auf das Leben und den Zusammenhalt im Stadtteil auswirkt.

Foto: Hovorka

Das Agnesheim der Katholischen Gemeinde Herz-Jesu war überfüllt. Nur 199 Interessenten fanden aus bauordnungsrechtlichen Gründen Einlass, mindestens ebenso viele standen draußen vor der Tür. Der Saal war viel zu klein für den großen Andrang, mit dem die Stadt eigentlich hätte rechnen müssen. Viele Menschen, die sich bereits im Vorfeld schlecht informiert fühlten, kamen sich nun auch noch ausgegrenzt vor. Die Stimmung war von vornherein aufgeheizt. Sachlichkeit, Argumente und Fakten prallten auf Agitation, Pöbeleien und Schreierei. Oberbürgermeister Sören Link hatte keinen leichten Stand und absolvierte anfangs einen regelrechten Spießrutenlauf. Laute Buhrufe mischten aber sich mit demonstrativem Applaus. Denn neben den von Pro NRW in den sozialen Netzwerken heranbeorderten Scharfmachern, die zudem einen nicht zu unterschätzenden Teil der Bewohner der Häuser in unmittelbarer Nähe des St. Barbara-Hospitals für sich vereinnahmten, waren viele Neumühler Bürger, Vereins- und Kirchenvertreter sowie die organisierte Kaufmannschaft anwesend, die für ein friedliches Miteinander und einen gesitteten Umgangston standen.

Im Saal des Agnesheimes selbst war das Bild nicht anders. Hier saßen Menschen, die mehr über die Zukunft des ehemaligen Krankenhauses wissen wollten, aber auch solche, die laut krakelten und mit Polemik und Gerüchten zusätzliches Öl ins Feuer gossen. Mario Malonn, Fraktionsführer von Pro NRW im Rat der Stadt, brachte mit gezielten Provokationen beinahe das Fass zum Überlaufen, als als er alles durcheinander und in einen Pott warf, was seiner Agitation genehm war: Asylbetrüger, Flüchtlinge, Sinti, Roma, Hausbesitzer, Rentner, Diebe. Da blieb die Sachlichkeit kurzzeitig auf der Strecke. Beeindruckend war an diesem Abend die Souveränität und Sachlichkeit von OB Link, der offen und zugängig war: "Neumühl ist mehr als nur ein paar Schreihälse." Aber er hatte natürlich einen schweren Stand, was nicht zuletzt auch an der bisherigen restriktiven Informationspolitik der Stadt lag.

Dr. Thomas Sommer von der Bezirksregierung Arnsberg (Originalton: "So habe ich mir das hier nicht vorgestellt.") bemühte sich um Fakten: Die Unterbringung von Asylbewerbern im ehemaligen St. Barbara-Hospital werde keine Dauereinrichtung und sei als zeitliche Notunterkunft für die Erstaufnahme auf maximal drei Jahre befristet. Ein Sicherheitsdienst werde im Haus rund um die Uhr für Ordnung sorgen, und keiner der Asylbewerber soll länger als drei Tage in Neumühl bleiben. Sie kämen an und würden von dort aus auf andere Städte weiter verteilt, da es sich halt um eine Erstaufnahme handele. Die kurzfristige Umsetzung dieser Landesaufnahmeeinrichtung sei unbedingt notwendig, da landesweit die Einrichtungen überfüllt sind. Außerdem würden hierdurch positive Auswirkungen auf den städtischen Haushalt in den nächsten drei Jahren zu verzeichnen sein, denn alle anfallenden Kosten übernehmen das Land. Im Anschluss daran solle zügig das gesamte Areal bebaut werden. Eine Folgenutzung mit etwa 150 Wohneinheiten soll für eine "städtebauliche Revitalisierung des Standortes und damit des gesamten Stadtteils" sorgen.

Als es draußen zu einer Handgreiflichkeit zwischen Linksautonomen und asylantenfeindlichen Verbalaktivisten kam, wurde die Informationsveranstaltung — unnötiger- und unverständlicherweise — abgebrochen. Man hatte vor den Krawallmachern kapituliert. Dabei wollten noch viele Teilnehmer das Wort ergreifen, etwa Superintendent Armin Schneider, Vertreter des Flüchtlingsrates, Unterzeichner der "Neumühler Erklärung für ein friedliches Miteinander im Stadtteil" und örtliche Politiker. Umso unverständlicher für sie ist es, dass sie später von Stadtdirektor Reinhold Spaniel "abgewatscht" wurden, der ihnen "beschämende Passivität" vorwarf. Spaniel zeigte sich "erschüttert", dass durch deren Schweigen dem "rechten Lager gelungen ist, gutwillige Bürger davon abzuhalten, sich angemessen und ausführlich zu informieren." Reaktion der von Spaniel so Gescholtenen: "Wie kann man sich zu Wort melden, wenn die Versammlung abgebrochen wurde"?

Spaniel drohte gar damit, dass die Stadt künftig solche Informationsveranstaltungen nicht mehr durchführen werde. Aber genau das hatte OB Link an dem Abend versprochen. Dieser ging übrigens nach dem Abbruch der Veranstaltung in den Pulk der protestierenden Bürgere, hörte zu, äußerte Verständnis, machte allerdings unmissverständlich seine eigene Auffassung deutlich und argumentierte sachlich. Das verschaffte ihm Respekt, Anerkennung und ist zudem der richtige Weg.