Es geht recht wuschig los, der Narr ist schon da, aber sonst scheint’s niemand an seinem Platz, wie ein pampiger bis zorniger König Lear feststellt, als er seine Töchter antanzen lässt. Dass die teils Anzüge tragen, der alternde Monarch aber Frauenkleider, spielt weiter eigentlich kaum eine Rolle, sind halt Engländer ... Christiane von Poelnitz, einst überirdische Königinmutter in den „Persern“, ist kaum wiederzuerkennen, so erdnah wischt sie als Narr über den Bühnenboden und versucht sie, zunehmend verzweifelt, ihren König „Nankel“ auf dem Boden der Tatsachen zu halten. Der scheint bei Wolfram Kochs physisch noch ziemlich im Saft, ist ansonsten aber eine ziemlich deformierte Diva, die explodiert, wenn aus anderen Mündern anderes als Schmeichelei herauskommt. Wie sich hier ausnahmslos alle Darsteller ihren Text wirklich zu eigen machen, so, wie sie es mit der Herrschaft über England versuchen, das ist wirklich tolles Schauspiel, Marina Galic zum Beispiel hat einen Ton drauf, in den scheint’s alles passt, eine Sprache wie ein (bzw. ihr) lässig aufreizender Gang. Das Bühnenbild ist erst mehr Bordell als Palast, wie es schon bei Shakespeare heißt und Lear auch sagt, dann lampensternbeschienenes freies Feld. Auf dem hat man dann irgendwann mal das Gefühl, die knapp drei Stunden ohne Pausen könnten jetzt aber mal rum sein bzw. lang werden, als würde halt, was ja auch passt, keiner den Ausgang finden, aber dann hebt sich die zentrale Halbweltkugel mit König Lear darin wie Jean Pauls toter Christus, der vom Weltgebäude herabredet, dass kein Gott sei.
Dass kein König und überhaupt kein Herr sei, ist ein Ziel, aufs Innigste zu wünschen. Doch der Diener zweier Herren von Carlo Goldoni ist weder Philosoph noch Revoluzzer, sondern hungrig. Wie er sich deshalb in Nebenjobs verzettelt und verrenkt, das war schon grandios kürzlich im Schlosstheater Moers zu sehen. „Dienen ist Leistungssport“, haben wir uns seinerzeit zu titeln erlaubt, und der Diener auf dem Foto vom Staatsschauspiel Dresden, das mit dem Stück am Freitag und Samstag bei den Akzenten im Theater Duisburg gastiert, trägt zumindest ein Fußballtrikot ... Hingehen, 19.30 Uhr ist Anpfiff!