Nach der Notbremsung sollte also eine „abgespeckte“ Version her. Nicht mehr „Rathaus der Zukunft mg+“, sondern schlicht „Neues Verwaltungsgebäude Rheydt“. Keine leichte Aufgabe für das weiterhin beauftragte Team der sop-Architekten. „Mit unserem Entwurf hatten wir den internationalen Wettbewerb gewonnen – und dann hieß es Stopp!“, sagt Geschätsführer Wolfgang Marcour. Aber dann sei da diese „wunderbare Synergie“ gewesen, aus Architekten, Fachplanern, Oberbürgermeister Felix Heinrichs und der Stadt. Und jetzt sei das Projekt anders, aber nicht schlechter, ja, eigentlich besser...
So ist beim neuen Entwurf für Bauteil A (rund ums historische Rathaus) zwar der „gläserne Riegel“ verschwunden, dafür sind aber „Features“ dazugekommen, allen voran die Bürgerhalle – mit Beratungsboxen, in denen „die Verwaltung zum Bürger kommt“, aber auch mit viel Aufenthaltsqualität, Licht und Raum für Begegnung. „Wir heißen den Bürger willkommen“, so die Technische Beigeordnete Claudia Schwan-Schmitz. „Durch die transparente Fassade zwischen altem Rathaus und Kommandatur sieht er schon von außen, wo er hin muss.“
Was die neue Planung offenbar viel mehr als die erste auszeichnet, sind:
Erstens der Mix aus Alt und Neu, der nicht nur die Kosten senkt (auch beim ehemaligen Karstadt-Gebäude, vom dem nach der neuen Planung viel mehr Substanz – Beton – erhalten wird), sondern auch den besonderen Charme ausmacht.
„Wir arbeiten mehr mit Denkmälern, lassen mehr stehen.“
Projektleiterin Laetitia Cen
So bleibt das Standesamt etwa im alten Rathaus, schon wegen des wunderschönen historischen Trauraums, wie Heinrichs erklärt.
Zweitens ist da eine stärkere Berücksichtigung städtischer Belange, oder wie Oberbürgermeister Felix Heinrichs es ausdrückt: „Das ist schon der bessere Entwurf, was unser Ziel angeht.“
Drittens ist die gewonnene Flexibilität im Kostenmanagement zu nennen. „Wir können nach (Bauteil) A einfach Stop sagen“, so Marcour. „Oder, wenn zum Beispiel weniger Arbeitsplätze gebraucht würden, sagen: ‚bitte ein Geschoss weniger’!“, ergänzt der OB. Von letzterem geht die Stadt aber nicht aus. „Wir haben immer mehr Aufgaben, immer neue Themen, ob Flüchtlinge oder Wohngeld, es kommen immer mehr Menschen in die Beratung“, sagt Schwan-Schmitz.
So scheint die Planung von insgesamt 1 900 Arbeitsplätzen (verteilt insbesondere auf den Neubau hinter der Bürgerhalle, die Kommandatur und das ehemalige Karstadtgebäude) angemessen. Für die gilt übrigens künftig: weniger ist mehr. Nicht nur, dass Desk-Sharing mit einer 10:7-Quote Schluss macht mit Kaktus & Co. auf dem Schreibtisch – auch muss sich jeder Beschäftigte mit durchschnittlich 23 bis 24 statt 43 bis 44 Quadratmetern Raum „begnügen“. Trotzdem: Die neue Arbeitswelt soll ein Gewinn für die Beschäftigten sein, denn die Stadt möchte „ein attraktiver Arbeitgeber“ sein. Wenn man an die vielerorts in die Jahre gekommenen Büros der „alten“ Standorte denkt, sollte das klappen. Dazu dürften die modernen Arbeitsplätze, die nachhaltige Bauweise mit recycleten oder recyclefähigen Baustoffen wie Holz und Rohbeton, ein hoher Grünanteil für gutes Klima, die Temperaturregelung per Geothermie und die natürliche Belüftung des Gebäudes über Ansaugbauwerke erheblich beitragen. „Die Lüftung merkt man gar nicht“, sagt Alexander Vogel, Betriebsleitung EäE Neues Verwaltungsgebäude Rheydt (NVR). „Man atmet einfach eine Top-Luft ein!“ Für Beschäftigte mit Kindern ist sicher auch die geplante Kindertagesstätte „top“.
Beschäftigte, Bürger, die Innenstadt Rheydt – wenn alles gut läuft und die Kosten nicht doch überraschend in die Höhe schnellen, könnte es eine Win-Win-Win-Situation werden und das neue Verwaltungsgebäude vielleicht doch den Namen „Rathaus der Zukunft“ verdienen.
Am Donnerstag, 27. Juni, tagen die Mitglieder des Ausschusses für Planung, Bauen und Stadtentwicklung, des Ausschusses für Betriebe und Vergabe sowie der Bezirksvertretung Süd um 15 Uhr im Ratssaal des alten Rathauses über den Abschluss der Vorplanung für Bauteil A und die Machbarkeitsstudie zum Bauteil B (www.stadt.mg/gremien-info). Felix Heinrichs geht davon aus, dass die Baugenehmigung für Bauteil A Ende des Jahres vorliegt, 2025 mit dem Abbruch begonnen werden kann. „Zum Ende der Dekade“, so seine Vision, „wird Rheydt ein neues Gesicht haben.“