Aktuell im Theater: Elias-Oratorium Von Wahrheit und Wahnsinn

Krefeld · Einen grandiosen Opernabend beschert das Stadttheater seinem Publikum: das Oratorium „Elias“ von Mendelssohn-Bartholdy verwandelt sich in großes Kino.

Gewaltszene: der ruppige Elias (Rafael Bruck) findet seinen Widerpart im kleinen Jungen (Cornelius Begrich), der sich angewidert von der Gewalt abwendet. Der Knabe hat sogar einen kleinen Gesangsauftritt, den er zum Entzücken des Publikums bravourös meistert. Foto: Stutte

Foto: Theater Krefeld/Matthias Stutte

Es ist ein klanggewaltiges Oratorium, das der Komponist Felix Mendelssohn-Bartholdy 1846 geschaffen hat. Sein „Elias“ bietet großen Chören einen starken Auftritt.

Dieses mitreißene Musikwerk verwandelt Regisseur Kobie van Rensburg in eine Art Oper. Gleich zwei Chöre des Theaters, der Opernchor und der Extrachor, stehen auf der Bühne (Leitung: Michael Preiser). Zusätzlich platziert der Regisseur zwei Chöre aus Krefeld ins Parkett: den Crescendo Chor und den Niederrheinischen Konzertchor. Zusammen mit den acht Solisten lassen sie eine voluminöse Akustikkulisse entstehen. Zumal die Melodien von Mendelssohn-Bartholdy überaus genussvoll „ins Ohr gehen“. Die Niederrheinischen Sinfoniker intonieren sie im Orchestergraben unter Leitung von Giovanni Conti mit Verve.

Zudem bietet diese Aufführung auch optisch starke Eindrücke. Kobie van Rensburg hat sich in Krefeld durch den Einsatz der Video-Technik einen Namen geschaffen. Und somit verzaubert er auch diesmal das Publikum mit großem Kino im Cinemascope-Format. Da toben Meereswellen und Engel fliegen durch die Luft.

Die Story des Oratoriums ist der Bibel entnommen. Im Alten Testament kämpft der Prophet Elias gegen den falschen Götzenglauben und für den wahren Gott Israels. Dabei geht es zuweilen recht ruppig zu.

Kobie van Rensburg hat die Geschichte ins Amerika der 30er Jahre verlegt. Auch hier kämpft Elias gegen dunkle Mächte und auch hierbei geht es ruppig zu.

Van Rensburg inszeniert die Gewalt als kritische Frage nach dem Einfluss von Religion. Nie dürfe Religion zur Gewalt aufrufen.

Das stimmt natürlich. Doch macht dies heute auch keine der Weltreligionen. Das Christentum beschwört sogar ausdrücklich die Feindesliebe. Es sind immer die Menschen selbst gewesen, die Gewalt ausübten und dazu perverserweise die Religion zum Vorwand nahmen. So ist auch in der Eingangsszene die Positionierung Elias (Rafael Bruck) unter das Kreuz Christi eigentlich deplatziert. Schließlich lehrte Christus die Gewaltlosigkeit. Als die Elias-Geschichte geschrieben wurde, ließ die Geburt Christi noch viele Jahrhunderte auf sich warten. Der Theologe Traugott Giesen bezeichnet den Elias-Text gar als „Museumsstück“ aus einer Zeit, als Götter noch „Machos“ waren. Für eine aktuelle Religionskritik eignet er sich nicht.

Da leuchtet schon eher die Symbolik der Kopfverletzung des Elias ein. Der Verband um seine Stirn kann darauf hindeuten, dass sein Zugang zur Religion krankhaft verzerrt ist. Damit hätte die Inszenierung die traurige Aktualität von Extremisten und Fundamentalisten eingebunden.

Man muss der Deutung der Inszenierung nicht folgen, um sich an einem großartigen Kunsterlebnis zu erfreuen. Schon zur Pause erhob sich auffallend starker Applaus. Am Ende der Aufführung, wenn über 140 Sänger auf der Bühne stehen, spendete das Premierenpublikum vor Begeisterung sogar stehend Applaus, der gar nicht mehr enden wollte. Es war eben ein grandioser Abend.

Weitere Aufführungen: 2., 16. Februar; 14., 16. (16 Uhr) März; 22. April; 17. (18 Uhr) Mai. Beginn ansonsten um 19.30 Uhr.

Karten gibt es an der Theaterkasse, Tel.: 02151/805 125 oder www.theater-kr-mg.de