Interview mit Manfred Hendricks zum Thema „demenzfreundliches Willich“ „Das ist eure Heimat und hier seid ihr Willkommen“

Stadt Willich · „Das Herz wird nicht dement“ - dieser Leitsatz wird in Schiefbahn schon lange gelebt. Die Aktion „demenzfreundliches Schiefbahn“ läuft seit einigen Jahren mehr als erfolgreich. Manfred Hendricks vom Seniorenbeirat möchte dies nun auch für ganz Willich umsetzen: ein „demenzfreundliches Willich“.

Manfred Hendricks vom Seniorenbeirat der Stadt Willich möchte „Demenzfreundliches Willich“ realisieren.

Foto: Privat

In Schiefbahn läuft die Aktion „demenzfreundliches Schiefbahn“ außerordentlich gut. Viele Akteure - Vereine, Bruderschaften, Firmen und andere Institutionen - sorgen für den Erfolg der Aktion. Manfred Hendricks vom Seniorenbeirat der Stadt Willich wünscht sich dies nun auch für die ganze Stadt. Doch auch hierzu ist er auf Unterstützung angewiesen. Wie er sich das vorstellt und was passieren muss, darüber sprachen wir mit ihm.

Herr Hendricks, was ist Ihre Idee hinter „demenzfreundliches Willich“?

Wir haben durch unsere Erfahrungen mit der Aktion „demenzfreundliches Schiefbahn“ so große Erfolge erzielt, dass ich mir dachte es würde sich lohnen, dies auch auf die ganze Stadt auszudehnen. Niemand muss diese Krankheit alleine mit seinen Liebsten erleben oder verarbeiten. Es gibt Mittel und Wege, das Leben für sich und dem Betroffenen einfacher zu gestalten. Im Hubertusstift wird erfolgreich die „Marte Meo“ Methode gelehrt. Dies bedeutet so viel wie: aus eigener Kraft!

Warum wäre „demenzfreundliches Willich“ ein Mehrwert für die Stadt?

Die Stadt Willich ist eine junge Stadt, wo es sich gut leben lässt. Wir alle gemeinsam heißen zwar Stadt Willich, aber der dörfliche Charakter ist in allen vier Stadtteilen erhalten geblieben. In allen Teilen der Stadt wird auf seine eigene Weise gelebt und gefeiert. Das beste Beispiel sind die Schützenfeste. Alle feiern ihr eigenes schönes Fest mit ihren eigenen Traditionen! Und genau aus diesem Grund ist es wichtig, unsere Mitmenschen so zu akzeptieren wie sie sind und sie eben auch in die Gesellschaft stadtweit einzubinden - gerade dann, wenn sie dement sind. Genau dann sollten wir sie sie so behandeln, wie sie sind oder waren. Der Mensch ist und bleibt ein Mitglied unserer Gesellschaft. Und das eben in ganz Willich. Es würde der Stadt gut zu Gesicht stehen.

Gilt Schiefbahn als gutes Beispiel? Woran machen Sie das fest?

Ja, Schiefbahn ist ein gutes Beispiel für die Aktion. Christoph Venedey, als Leiter des Hubertusstifts, hat bereits im Ort Haaren einen demenzfreundlichen Ort geschaffen. Diese Erfahrungen wollte er auch in Schiefbahn umsetzen und nutzen. Diese Aufgabe hat mich gereizt und angespornt mitzumachen. Er selbst ist Supervisor von „Marte Meo“ und bildet andere darin aus. Einige der Mitarbeiter haben diese Ausbildung bereits absolviert und wenden diese bereits täglich an. Sie berichten davon, dass es einfacher ist im Umgang mit den Bewohnern, aber vor allem auch mit demenzerkrankten Menschen. Sie geben den Menschen das Gefühl, noch dabei sein zu dürfen. Alles Erlernte nicht zu vergessen, sondern anzuwenden.

Wer muss alles Mitwirken, damit sich diese Aktion auf ganz Willich auswirken kann?

Es sind vor allem die Willicher Vereine, deren Mitwirken bei der Aktion unerlässlich ist. Man müsste sich in jedem einzelnen Ortsteil zusammen tun und eine gewisse Verantwortung übernehmen. Man kennt und schätz sich und genau das ist ein wichtiger Punkt! Es müssen Multiplikatoren gesucht werden, die etwas mehr in Sachen Demenz und Umgang mit demenzerkrankten Menschen bewirken wollen. Wie heißt es so schön: Nur sprechenden Menschen kann geholfen werden. Um diese Aktion beispielsweise in Schiefbahn zu starten, mussten für den Antrag 100 Seiten ausgefüllt werden. Es brauchte damals fünf Vereine, die durch die verschiedensten Aktivitäten mitwirken. Am Ende waren es 18 Vereine und Einrichtungen, die jetzt mitmachen. Somit konnte die Aktion “demenzfreundliches Schiefbahn“ starten. Nach all den Jahren haben wir jetzt natürlich auch einen großen Erfahrungsschatz. Heißt: Interessenten für ein ‚demenzfreundliches Willich‘ brauchen gar nicht viel machen, sondern können auf unsere Erfahrungen und Hilfestellungen zurück greifen. Unterstützt werden alle interessierten Teilnehmer vom Hubertusstift und vom Seniorenbeirat der Stadt Willich.

Haben Sie schon erste Schritte in Sachen ‚demenzfreundliches Willich‘ unternommen?

Ja, ich habe im Namen des Seniorenbeirats alle Vereine der Stadt eingeladen. Der Termin wäre der 3. Dezember um 18 Uhr im Technischen Rathaus. Wegen der Planung habe ich in der Einladung um Zusage gebeten. Leider ist der Rücklauf an Antworten oder Zusagen bisher äußerst dürftig. Das finde ich sehr schade.

Woran kann das liegen? Ist diese Aktion für die Teilnehmer mit Kosten verbunden, dass sie diese Teilnahme scheuen?

Nichts ist umsonst! Ich würde lügen, wenn dies so wäre. Aber wäre es nicht toll, ein wenig Zeit zu investieren, um unsere Stadt noch Lebenswerter zu machen? Den Alten und Kranken das Gefühl zu vermitteln: Das ist eure Heimat und hier seid ihr Willkommen. Schön wäre es, wenn an jedem Geschäft ein Aufkleber hängen würde als „demenzfreundlicher Ort“. Viele Vereine leben dieses Gefühl schon. Es sollte nur noch intensiver für an Demenz erkrankte Menschen und deren pflegende Angehörige sichtbarer gemacht werden.

Wie stellen Sie sich zukünftig die Stadt Willich als demenzfreundlich vor?

Da habe ich ein gutes Beispiel! Als ich bei der Sparkasse um Unterstützung gebeten habe, sagte man mir am Anfang des Gesprächs: ‚Und was sollen wir dabei machen?‘ Ich antwortete: ‚Wenn ein langjähriger Kunde hereinkommt und du weißt, das er keine Vollmacht mehr hat, dann berate ihn trotzdem und schicke ihn glücklich nach Hause. Gib ihm das Gefühl, noch dazu zu gehören.‘ Prompt bekam ich die Antwort: ‚Da machen wir mit!’ Und genauso sollte es überall gelebt werden! Wir alle können in diese Situation kommen und genau dessen sollten wir uns bewusst werden. Es kann so einfach sein, denn‚ das Herz wird nun mal nicht dement’.

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