Wenn man sich mit den Schrecken des Nationalsozialismus‘ beschäftigt, macht es gerade angesichts der oft unfassbaren Ungeheuerlichkeiten und den schier unglaublichen Massen an ermordeten Menschen absolut Sinn, auf einzelne Schicksale zu blicken – um das Leiden und den Wahnsinn konkret greifbar, ein wenig spürbar zu machen.
An eines dieser Einzelschicksale, das sich konkret in Schiefbahn zugetragen hat, wird jetzt seit dem 6. Februar in Schiefbahn mit einem Straßenschild erinnert: die „Bruno Schönewald-Straße“ – nicht weit vom Geburtshaus des von den Nazis ermordeten, siebenjährigen, unschuldigen Kindes.
Der Pädagoge Bernd-Dieter Röhrscheid (langjähriges Ratsmitglied) und Willichs Stadtarchivar Udo Holzenthal, die sich gemeinsam seit Jahren beharrlich und mit viel Arbeit (unter anderem mit dem verdienstvollen Buch „Die Geschichte der Juden in Willich“) gegen das Vergessen dieser furchtbaren Gräueltaten engagieren, sind sehr froh, dass der Rat der Stadt sich entschlossen hat, mit der Umbenennung der früheren „August-Peters-Straße“ an die Deportation der Familie Wallach und konkret an das Schicksal des kleinen Bruno Schönewald zu erinnern.
Einige von Röhrscheid und Holzenthal zusammengestellte Fakten: Bruno Schönewald wird am 3. November 1937 in Schiefbahn im Haus der Großeltern in der Königstraße 9 (heute: Königsheide 14) geboren. Seine Eltern sind Klara Schönewald, geb. Wallach (*1906) und Otto Schönewald (*1908), der aus Düren stammt. Bruno wird am 11. Dezember 1941 gemeinsam mit seinen Eltern, seiner Großtante Lina Wallach, seiner Großmutter Hulda Wallach und seiner Urgroßmutter unter unbeschreiblichen Umständen ins Konzentrationslager nach Riga deportiert.
Zweieinhalb Jahre später befindet er sich mit seinen Eltern in einem Außenlager des KZs Kaiserwald, als der berüchtigte KZ-Arzt Dr. Krebsbach im Juli 1944 eine Kinderselektion aus dem Lager anordnet. Otto, Brunos Vater, versteckt ihn im nahegelegenen Wald, muss den Jungen aber wieder aus seinem Versteck holen, als die SA nacheinander zehn Juden erschießen will, wenn der Junge nicht ausgeliefert wird. Am 27. Juli 1944 wird Bruno als Siebenjähriger gemeinsam mit seinen Eltern, die ihn nicht alleine gehen lassen wollen, in der Nähe des Außenlagers on Schergen des Nationalsozialismus‘ in den Wäldern von Riga erschossen.
An das Schicksal dieses siebenjährigen, ermordeten Kindes Bruno aus Schiefbahn erinnert nun ein Straßenschild.
Nicht zufällig findet man auf vielen jüdischen Grabsteinen einen mahnenden Satz: „Tot ist nur, wer vergessen wird.“