Urlaub anders – Reise zu sich selbst

Moers · "Denn es reist sich besser mit leichtem Gepäck" - mit nur acht Kilogramm Gepäck pilgerte Renate Kaluza den Jakobsweg entlang. Zwölf Tage war unsere 48-Jährige Medienberaterin in Portugal und Spanien zu Fuß unterwegs - und hat dabei jede Sekunde ihrer Reise genossen.

Renate Kaluza hat mit ihrer Tochter und einer Freundin eine Reise zum Jakobsweg in Portugal und Spanien gemacht. Zwölf Tage lang pilgerten sie mit nur acht Kilogramm Gepäck von Herberge zu Herberge - immer auf der Suche nach einem Bett, einer Dusche und einer warmen Mahlzeit. Bei schönstem Wetter haben die drei Pilgerinnen viele Eindrücke gewonnen, die sie nun mit anderen teilen möchten.

Foto: privat

Renate Kaluza ist im Juli den Jakobsweg mit ihrer Tochter Nadine Kaluza und ihrer Laufpartnerin Nadine Hahnau entlang gelaufen. Die drei Frauen sind in Porto, Portugal, gestartet und 240 Kilometer in zwölf Etappen nach Santiago de Compostela, Spanien, gepilgert. Anlass für diese besondere Reise war ein Schicksalsschlag in Renate Kaluzas Leben, den sie bis dahin noch nicht richtig verarbeiten konnte. "Ich wollte einfach mal raus, über alles nachdenken und mit mir selbst wieder in Einklang kommen", sagt die Neu-Pilgerin. Sie hatte gehört, dass man auf dem Jakobsweg seine Probleme "entsorgen" könne. "Ich habe also einen Stein mitgenommen, der meine Last der letzten Zeit symbolisiert hat und habe ihn an einem Kreuz abgelegt. Danach habe ich mich befreit gefühlt!"

An diesem Kreuz legte Renate Kaluza den Lasten-Stein ab.

Auf ihrer Reise haben die Drei noch viele Erfahrungen sammeln können und besondere Momente erlebt, die ihnen noch lange in Erinnerung bleiben werden. Zudem haben sie Menschen aus aller Welt getroffen, mit denen sie heute noch in Kontakt stehen. "Man kann sagen, dass diese eigentlich fremden Menschen zu Pilgerfreunden geworden sind", beschreibt Renate Kaluza diese Erfahrung. Die Pilger seien den Weg zwar nicht zusammen gegangen, aber sie haben sich abends in den Herbergen wiedergetroffen und sich über den Tag ausgetauscht.

Die drei Pilgerinnen vor der berühmten Kathedrale von Porto.

Hilfsbereitschaft ist ebenfalls ein Thema, welches Renate Kaluza auch jetzt noch beschäftigt. Auf der Suche nach einem Schlafplatz haben die drei Pilgerinnen eine private Herberge aufgesucht. Alle Betten plus die "Notunterkunft" im Garten waren bereits belegt. Für einen Schlafplatz hätten sie also mit dem Taxi in den nächsten Ort fahren müssen. Das wollten sie unter keinen Umständen, da sie die kompletten 240 Kilometer des Jakobswegs zu Fuß zurücklegen wollten. Die Besitzer der privaten Herberge boten ihnen an, in einem Carport zu schlafen. Somit mussten Renate Kaluza und ihre Wegbegleiterinnen nicht im Maisfeld übernachten und haben noch ein prachtvolles Frühstück dazu bekommen. "Auf dem Jakobsweg bekommt jeder das, was er braucht", berichtet Renate Kaluza von ihren Erlebnissen.

Eine weitere Erfahrung, die diese Aussage bestätigt, ist eine Begegnung mit einer Französin. Nadine Hahnaus Socken waren noch nass von der Wäsche. Also hätte sie eine schlecht befestigte Strecke mit Flip Flops bewältigen müssen. Die Französin hat ihr ein Paar Socken von sich geschenkt, da sie es nicht verantworten konnte, Nadine mit diesem Schuhwerk den Weg weiter gehen zu lassen. Es ist also richtig: Nadine brauchte Socken und sie bekam welche.

Renate Kaluza hat viel über sich und ihr Leben bei dieser Reise gelernt. "Vorher war es immer wichtig, was man hat und wer man ist, aber auf dem Jakobsweg sind alle Menschen gleich." Sie berichtet, dass sie sich durch die minimalistische Lebensweise vom Konsumdenken ein Stück weit befreien konnte. Sie denkt mehr darüber nach, ob sie dieses oder jenes Kleidungsstück wirklich braucht oder ob sie die Lebensmittel, die im Einkaufswagen liegen, überhaupt aufbrauchen kann. Auf dem Jakobsweg hat man viel Zeit über sich und seinen Alltag nachzudenken. "Ich habe gelernt, dass ich mich häufiger auf mein Bauchgefühl verlassen und dem Leben vertrauen sollte", erzählt sie mit stolzem Blick.

Die nächsten Pilgertouren sind bereits geplant; im Oktober geht es noch einmal nach Porto und im nächsten Jahr hat sich Renate Kaluza den "Camino del Norte" in Spanien vorgenommen. Diese beiden Reisen möchte sie allerdings alleine bestreiten, um ihre Gedanken zu intensivieren und sich nur auf sich zu konzentrieren.

Die Neu-Pilgerin resümiert, dass sie mutiger bei Entscheidungen geworden ist und den Jakobsweg auf ihren Alltag projiziert. "Man lernt das, was man hat, zu schätzen und überlegt, wie man seinen weiteren Weg durch das Leben gestalten möchte."

Schlechte Erfahrungen hat Renate Kaluza nicht gemacht und auch Angst spielte keine Rolle. Sie empfiehlt jedem, einmal eine solche Reise zu machen. Egal, ob alleine oder mit Begleitung, der Jakobsweg ist immer eine Reise wert!

(Niederrhein Verlag GmbH)