Triumph des Kollektivs beim Abschied von Giordano Bellincampi Halten wir die Øhren offen!

Duisburg · Mit einem packenden Konzert hat sich Giordano Bellincampi als Generalmusikdirektor der Stadt Duisburg verabschiedet. Am Donnerstagabend bewies der Maestro noch einmal, wie sehr er beide begeistern kann: die Duisburger Philharmoniker und das Duisburger Publikum.

Unter donnerndem Applaus und stehenden Ovationen verlässt Giordano Bellincampi das Dirigentenpult.

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Welche Ehre: "... hat der Rat der Stadt Duisburg beschlossen, Ihre herausragenden Verdienste mit der Verleihung der Mercatorhalle" — großes Gelächter im vollen Saal, Bellincampi freut sich am meisten über die Freudsche Fehlleistung von Oberbürgermeister Sören Link, der selber lachen muss und sich dann natürlich korrigiert und Bellincampi die Mercatorplakette verleiht. Tatsächlich ist es nicht das geringste Verdienst des Dirigenten, dass er trotz der "Durststrecke" mit Hallenschließung und Ausweichquartier Theater am Marientor weitergemacht hat.

Ob TaM oder Mercatorhalle, viele Philharmonische Konzerte werden Musikfreunden unvergesslich bleiben — und das Abschiedskonzert gehört unbedingt dazu. Ottorino Respighis "Römische Trilogie" und Jacques Iberts "Escales" feiern die ganze Bandbreite des Orchesters: dynamisch, monumental, zart und superleise, tänzerisch und verspielt, rhythmisch unglaublich präzise, dabei immer singend und mit einem Finale, das für offene Münder und donnernden Applaus sorgt.

"Die Idee für das Programm war" — neben der Reverenz an seine Geburtsstadt Rom — "dass alle Musiker, dass das ganze Orchester die Hauptrolle spielt", erklärt Bellincampi bei der anschließenden Feier im Foyer. Schon während des Konzerts war er zwischen den Stücken ans Mikrofon getreten, hatte erzählt, wie er und seine Mitschüler die von Respighi musikalisch beschriebenen Pinien der Villa Borghese als Fußballtore benutzt haben. Und lenkte die Aufmerksamkeit vor allem aufs Orchester. "Ich kann ja gar keinen Klang machen, nur mit den Händen so'n bisschen drumherum ..." Er lässt die Solisten, die Herausragendes leisten — Holzbläser, Horn — für Einzelapplaus aufstehen, erklärt dann aber: "Wenn zum Finale alle forte spielen, dann müssen zum Beispiel Bratschen und zweite Geigen ganz schnell unglaublich viele Noten spielen, damit die Atmosphäre und der Eindruck von sprudelndem Wasser entsteht, und deshalb: einen besonderen Applaus für unsere Kollektive!" Da passt es, dass mit Bellincampi auch eine aus dem Kollektiv, Lydia Schultz von den zweiten Geigen, die in Rente geht, mit Blumen verabschiedet wird.

"Ich hab uns noch nie so leise gehört", ist Schlagzeuger Kersten Stahlbaum nach dem Konzert glücklich und stolz. "Und es war so viel Spannung drin. Wir haben lange Jahre dran gearbeitet, das ist ein Weg, den wir mit ihm gegangen sind." Solo-Oboistin Imke Alers findet es "jammerschade", dass Bellincampi geht. "Seine Musikalität und Spielfreude haben mich sehr inspiriert. Er hat ja als Posaunist angefangen, und als Holzbläser merkt man das: Er atmet mit." Auch im Zwischenmenschlichen, beim Interesse an persönlichen Dingen, hat's mit Bellincampi gepasst. Alers: "Ich hätte ihn am liebsten noch länger."

Diese Warmherzigkeit gibt Bellincampi zum Abschied noch einmal zurück. "Immer begeisterungsfähig und neugierig" seien hier sowohl das Orchester wie das Publikum. "Es gibt vielleicht Stellen, die nicht so schön sind in Duisburg, aber die Menschen, die hier leben und arbeiten, die sind richtig und echt", sagt Bellincampi und fügt, selbst begeisterter Koch, hinzu: "Es gibt viele gute Italiener hier."

Spielfreude und die Lust am gemeinsamen Musizieren, das wird an erster Stelle in Erinnerung bleiben von der Ära Bellincampi. Und hoffentlich das, was er im Konzert zu "Escales" sagt, einer akustischen Reise zu Häfen des Mittelmeeres, in der Jacques Ibert die verschiedensten musikalischen Einflüsse aufgenommen hat — im unnachahmlichen italienisch-dänischen Akzent des Weltbürgers Giordano Bellincampi: "Es ist wichtig hier, dass wir immer Augen und Øhren offen halten, weil Duisburg so eine tolle multikulturelle Stadt ist."

(Niederrhein Verlag GmbH)