Tatsächlich war der emeritierte Weihbischof Franz Grave eine ungewöhnliche Wahl, nach Talkgästen wie zuletzt Hella von Sinnen, Wolfgang Bosbach oder Hansi Flick. Und wenn man dann noch bedenkt, dass "Mister Landhaustreff" Manni Breuckmann bei jeder Gelegenheit gerne betont, zwar Messdiener gewesen, mittlerweile aber aus der Kirche ausgetreten zu sein, und dass er sich außerdem gerne mal mit provokanten Fragen profiliert, konnte man dem altgedienten Kirchenmann für seinen Talk-Auftritt zwischen Vor- und Hauptspeise eigentlich nur viel Glück wünschen.
Das hatte Franz Grave aber gar nicht nötig. Mit für einen 82-Jährigen beeindruckender Standfestigkeit und ohne Berührungsängste präsentierte sich der emeritierte Weihbischof. "Ich muss sagen, dass ich gerne hier bin. Ich schnuppere sowas, eine behagliche, menschenfreundliche Atmosphäre." Das war zwar keine Antwort auf Breuckmanns Einstiegsfrage, was denn ein emeritierter Bischof so macht, gab aber trotzdem quasi Graves Programm wieder: "Es ist wichtig, dass wir bei den Leuten sind." Und das sind die Vertreter der Duisburger Geschäftswelt wohl genauso wie Graves "Schäfchen" in Mülheim, wo er jetzt in einer Pfarrei als Seelsorger wirkt. "Was machen Sie denn da?" "Arbeiten." In der Tat sei es ja ungewöhnlich, dass ein Bischof nach seinem Rücktritt wieder zurück an die Basis geht, aber: "Basiserfahrung ist durch nichts zu ersetzen." Und über die Altersgrenze 75 wollte er auch nicht weiter reden: "Ich bin Priester mein Leben lang."
Und doch, als Priester sei man ja im Ruhrgebiet immer weniger gefragt, hakte Breuckmann nach. "Die Nähe zu den Menschen, das ist das entscheidende", entgegnete Grave. Er sei nicht Priester geworden, um Karriere zu machen. Basisnähe blieb auch sein Markenzeichen, als er beim Hilfswerk Adveniat weltkirchliche Aufgaben übernahm. "Die Begegnung mit den Menschen in Lateinamerika hat mir geholfen, die Kirche auch in schwierigen Zeiten — und die gab es! — anders zu sehen." Positiv, gastfreundlich.
Als Leiter von Adveniat begegnete Grave auch erstmals Jorge Mario Bergoglio, dem heutigen Papst Franziskus. "Ein Mann wie gemalt für unsere Zeit", so Grave. Breuckmann: "Aber nicht wie gemalt für den Vatikan!" Da gab ihm Grave recht. Doch Franziskus habe Mut bewiesen, die Krankheiten der Kurie zu benennen und Lösungen aufzuzeigen. Ob er sich denn mit seiner Idee einer Kirche der Armen werde durchsetzen können, fragte Breuckmann. "Das ist die bange Frage — Sie sind näher dran, als ich dachte!" gab's das erste Lob für den Moderator. Der ersparte dem Kirchenmann auch nicht das Thema Homosexualität. "Das sind für mich Menschen gleichen Werts", so Grave, aber Ehe, das sei eine Sache von Mann und Frau. Zu einem Rundumschlag gegen den Konsum — Breuckmann: "der einzige Wert unserer Zeit, da müsste die Kirche doch was machen!" — wollte sich Grave nicht verführen lassen, das Materielle dürfe nur nicht das Letztgültige sein.
Kein Landhaustreff ohne Fußball. Regelmäßig wurden die Zwischenstände aus Karlsruhe durchgegeben. Das Stichwort Sepp Blatter hob Grave ins Allgemeine: "Mir zeigt das, dass im Sport keine ethischen Maßstäbe mehr zählen." Und Schalke 04, wo Grave Mitglied ist: "Im Augenblick muss ich sagen: leider." Der Aufsichtsratsvorsitzende spiele eine unklare Rolle, Manager Horst Heldt sei wankelmütig, ohne immer ein gutes Händchen in Personalfragen zu haben. Wilmots sei vielleicht ein geeigneter Trainer. "Der Verein braucht jetzt Kontinuität!" Und: "In der Nachwuchsarbeit liegt die Zukunft." Das klang, als würde Grave von seinem eigenen Verein reden.
Dann war da noch der Rahmen. Schon die Vorspeise war ein guter Dialog, nämlich aus Mozzarella-Caprese, Carpaccio Cipriani und Vitello Tonnato, zum Hauptgang gab's mediterrane Kalbsinvoltini mit Rosmarinkartoffeln und Gemüse, vorm Dessert die bühnenerfahrene Soulsängerin Svenja Schmidt und zum wahrhaft krönenden Abschluss eine Eisbombe.