Elektroniker - ein Beruf im Portrait Bloß Strippenzieher? - Denkste!

NIEDERRHEIN · "Da musste immer nur Schlitze stemmen! Ne, Elektriker ist nichts für mich!" Die Vorstellungen, die sich Achim vom Elektriker machte, waren ungefähr genauso alt, wie aus dem Elektriker längst der Elektroniker als Berufsbezeichnung geworden ist.

Für Tim Lange ist im ersten Ausbildungsjahr immer noch der Erwerb von Grundlagen angesagt

Foto: Wieczorek

Dabei reicht Elektroniker als alleinige Berufsbezeichnung schon längst nicht mehr. Gleich vier Varianten des Elektronikers sind vorhanden: der Elektroniker für Energie- und Gebäudetechnik, der Elektroniker für Automatisierungstechnik, der Elektroniker für Betriebstechnik und der Elektroniker mit der Fachrichtung "Information und Systemtechnik". Dabei ist der Elektroniker für Energie- und Gebäudetechnik noch am ehesten mit dem klassischen Elektriker vergleichbar, während der alte Starkstromelektriker sich am besten im Elektroniker für Betriebstechnik wiederfindet. 2003 sind diese Untergruppen in der Berufsbezeichnung eingeführt worden. Allen gemeinsam sind dabei Anforderungen im Bereich der Mathematik und Naturwissenschaften, an denen viele Jugendliche schon in der Bewerbungsphase scheitern. Dies gilt sowohl bei Handwerksbetrieben als auch in der Industrie, bestätigen Mohamed Rachid Zouhir, Elektroingenieur und Ausbildungsleiter für den Elektrobereich im Bildungszentrum des Handwerks in Neumühl, und Wolfgang Smolarczyk, Fachkoordinator Elektro im Duisburger Technikzentrum von ThyssenKrupp Steel Europe in Hamborn, übereinstimmend. "In den vergangenen rund zwanzig Jahren haben die Leistungen vieler Jugendlicher in den Einstellungstests in diesem Bereich nachgelassen", erläutert Wolfgang Smolarczyk auf Nachfrage. Grundsätzlich bewerben sich Jugendliche,
die eine Elektroniker-Ausbildung im Handwerk machen wollen, immer noch bei dem einzelnen Lehrbetrieb. Nach der Einstellung lernen die Jugendlichen dann meist vor Ort, an den jeweiligen Baustellen. Dort werden sie vom Meister oder auch dem Gesellen mit den erforderlichen Arbeiten vertraut gemacht. Dort herrscht dann auch durchaus mal ein rauer Umgangston. Derjenige aber, der sein Ziel verfolgt, kann auf einen Beruf setzen, der ungemein vielschichtig ist und immer neue Anforderungen an den Elektroniker stellt. Dabei ist es gerade im Handwerk immer noch so, dass man auch mal schmutzige Arbeit vor sich hat. "Das hat sich nicht komplett verändert. Das gibt es auch heute noch", beurteilt Marvin Meyer, der derzeit im dritten Ausbildungsjahr ist. Doch
man lernt auf der Baustelle mehr als nur Elektroniker, meinen Marvin, Riccardo, Pascal und Mörike: "Das Wertvollste war es, den Job durchzuziehen, auch dann, wenn einmal etwas nicht so gefiel. Da hat man am Ende mehr gelernt als nur den Elektroniker!" Und Kabel und Strippen ziehen gehört wahrlich nicht mehr zu den Hauptaufgaben des Elektronikers, denn viele neue Techniken haben den Beruf deutlich verändert. Automatische Steuerungen sind gerade in öffentlichen Gebäuden in immer stärkerem Maß anzutreffen. Rollladen gehen, gesteuert von Sonnenstand, Zeit und Mitarbeiteranwesenheit, hoch und runter. Auch Lichter gehen bei Nichtbenutzung eines Raumes nach gewisser Zeit aus, um dann, wenn jemand das Zimmer betritt wieder angeschaltet zu werden. All dies wird mit zum Teil komplexen Schaltungen gesteuert, die von den Elektronikern geplant, verlegt, verdrahtet und programmiert werden müssen. Doch auch in Privathäusern und -wohnungen wird solcherlei Komfort zunehmend gewünscht.

Mit Steuerungen muss sich beispielsweise auch Nicolai Steinfels beschäftigen, wobei sein Arbeitsplatz ungleich imposanter ist. Er ist als Auszubildender im dritten Ausbildungsjahr inzwischen an den Hochöfen in Schwelgern im Einsatz. Als angehender Elektroniker für Automatisierungstechnik ist er mit seinen Kollegen dafür zuständig, dass die Anlagen ununterbrochen Rohstahl produzieren können. Unzählige Sensoren für Wasserdruck, Temperatur- und Durchflussmessungen geben den Leitständen beständig Informationen darüber, wie der Hochofen "gefahren" wird. "Es ist absolut imposant, ja kolossal, was da an Tonnen von Koks und Erz rein gekippt wird", merkt Nicolai Steinfels an und Maik Knossalla ergänzt: "Es gibt keinen normalen Tag. Die Störungen sind immer unterschiedlich!" Dabei muss das Elektroniker-Team beispielsweise dafür sorgen, dass der Grund für eine blinkende Anzeigenlampe gefunden wird: "Ist die Anzeige defekt? Liegt es an einem Sensor? Oder hängt das Blinken womöglich mit einer Störung in einem anderen Betriebsteil zusammen?" Bis die jungen Elektroniker jedoch an Hochofen, Walzstraße oder Stranggießanlage eingesetzt werden können, haben sie 18 Monate im Technikzentrum von ThyssenKrupp Steel Europe verbracht. Hier lernen sie an "Modellen" und Schaltschränken und erlangen so rund 80 Prozent ihres Fachwissens. Sowohl praktische als auch theoretische Unterweisungen und Schulungen werden hier von den Fachausbildern durchgeführt, um die künftigen Elektroniker für ThyssenKrupp Steel Europe fit zu machen.

In den vergangenen Jahren sind alle Auszubildenden, bei persönlicher und fachlicher Eignung und erfolgreichem Abschluss ihrer Ausbildung, übernommen worden. Und die beginnt bei ThyssenKrupp Steel Europe nach einer Online-Bewerbung zunächst mit einem Einstellungstest, der auch einen Intelligenz- Strukturtest beinhaltet. Wer diesen erfolgreich absolviert, erhält eine Einladung zum Vorstellungsgespräch, wobei Wolfgang Smolarczyk betont: "In der Regel sagen wir dem Bewerber sofort, ob er eingestellt ist. Bei einer Ablehnung sagen wir jedoch auch, warum er unserer Meinung nach nicht zu ThyssenKrupp Steel Europe passt!" Dabei ist so eine Ablehnung kein Ausschlusskriterium für alle Zeit und eine Bewerbung in den Folgejahren wieder möglich. Insgesamt stelltThyssenKrupp Europe pro Jahr rund 300 Auszubildende an allen NRW-Standorten ein. Darunter sind regelmäßig etwa 30 Elektroniker.