Neues Hilfsangebot Seelsorge macht Schule

Meerbusch · Für Schüler, Lehrer und Eltern, die ein besonderes Problem plagt, die sich vielleicht übermäßig belastet fühlen oder die vielleicht auch einfach nur Gesprächsbedarf haben, gibt es seit kurzem sowohl an der Maria-Montessori-Gesamtschule in Büderich als auch an der Nikolaus-Grundschule in Osterath ein neues Angebot: Die Schulseelsorge ist für Meerbusch ein absolutes Novum.

Markus Niemann (l.) und Marcel Knuppertz lassen sich im Rahmen ihrer Tätigkeit als Evangelische Religionslehrer aktuell zu Schulseelsorgern ausbilden.

Foto: Thomas Hippel

Die Schulseelsorge etabliert sich erst seit einigen Jahren. In Meerbusch sind Markus Niemann, Leiter der Nikolaus-Schule, und Marcel Knuppertz, Fachlehrer an der Montessori-Schule, die ersten, die sich im Rahmen ihrer Tätigkeit als Evangelische Religionslehrer zu Schulseelsorgern ausbilden lassen. Alle zwei Monate finden die Schulungen im Pädagogisch-Theologischen Institut (PTI) in Wuppertal statt, wobei jedes Mal ein anderes Modul auf dem Lehrplan steht. Zu den Themenschwerpunkten gehören Liturgie und Gottesdienstgestaltung ebenso wie die Bereiche Recht und Spiritualität, der Umgang mit Tod, Trauer und Gewalt, aber auch das methodische Führen von Kurzgesprächen für die erste schnelle Hilfe. Im Januar soll die Ausbildung für die beiden Meerbuscher Lehrkräfte abgeschlossen sein, seit dem Abschluss des zweiten von insgesamt sechs Modulen dürfen sie aber auch aktuell schon in ihren Schulen seelsorgerische Angebote unterbreiten.

„Bei der Schulseelsorge geht es – wie der Name schon sagt – darum, Schülern, Eltern und Kollegen bei allem, was sich um die Sorge um die eigene Seele dreht, als Gesprächspartner zur Verfügung zu stehen und sie dabei zu unterstützen, die eigene Seele wieder aufzubauen, sei es nach Todesfällen in der Familie, nach Streitigkeiten mit Freunden, bei Überforderung oder bei welchen Problemen auch immer“, erklärt Marcel Knuppertz. Und Markus Niemann ergänzt: „Die Schulseelsorge ist keine klassische Beratung, sondern sie versteht sich eher als ein Angebot, dem Gegenüber zuzuhören, sowie als Hilfe zur Selbsthilfe. Und sie steht – ganz wichtig – allen Menschen, unabhängig von Glauben und Konfession zur Verfügung. Das heißt, sie kann im christlich-spirituellen Rahmen erfolgen, wenn das von der Person so gewünscht ist, sie muss es aber nicht.“

Eine Besonderheit, die den Schulseelsorger von anderen Beratungsangeboten wie etwa dem Beratungslehrer unterscheidet, ist das Seelsorgegeheimnis. „Unsere Gesprächspartner können bei uns ganz offen reden, nichts verlässt den Raum“, so Marcel Knuppertz. So gehe es vor allem darum, darauf hinzuwirken, dass die betreffende Person Lösungsansätze für ihr Problem aus sich selbst heraus entwickelt. Beim Beratungslehrer ist das zum Beispiel anders, da dieser in seiner Funktion als Lehrkraft angesprochen wird. Kommen dann etwa schwerwiegende Themen wie häusliche Gewalt zur Sprache, ist der Beratungslehrer verpflichtet, alle notwendigen Maßnahmen in die Wege zu leiten, um eine solches Problem zu beheben. Der Schulseelsorger hingegen ist an seine Schweigepflicht gebunden. „Gerade in so extremen Fällen kann das dann für den Schulseelsorger natürlich auch sehr frustrierend sein. Der positive Effekt des Seelsorgegeheimnisses ist allerdings, dass das Angebot dadurch sehr niedrigschwellig ist und gerade auch von Schülern schneller in Anspruch genommen wird“, sagt Knuppertz.

Um ihre Erfahrungen als Seelsorger zu verarbeiten, zu diskutieren und kritisch zu reflektieren, besuchen Markus Neimann und Marcel Knuppertz alle zwei Monate (immer in dem Monat, in dem keine Module stattfinden) gemeinsam eine Supervisionsgruppe. In solchen, altersmäßig bunt gemischten Kleingruppen tauschen sich die Schulseelsorger – neben Religionslehrern finden sich hier auch Pfarrer – regelmäßig über ihre Tätigkeit aus. „Auch hier gilt natürlich, dass alles im Raum bleibt. Und wenn wir über Fälle aus unserem Schulalltag sprechen, geschieht dies komplett anonymisiert“, erzählt Markus Niemann. Auch nach dem Ende ihrer Ausbildung werden die beiden Meerbuscher Lehrer weiter an solchen Treffen (angeleitet durch das Schulreferat Krefeld-Viersen) teilnehmen, die Kosten hierfür trägt die Kirche.

Übrigens: Neben der durchgängig bestehenden Möglichkeit des Gesprächs umfasst die Schulseelsorge an den beiden Meerbuscher Schulen auch weitere institutionelle Angebote. „An der Nikolaus-Schule bieten wir etwa Literaturabende für Eltern sowie ein Rudelsingen im Sommer oder ein Come together für Lehrer vor den Sommerferien an“, berichtet Markus Niemann, der auch den Präventivcharakter solcher Aktivitäten betont. An der Montessori-Schule hat Marcel Knuppertz derweil „Walk and Talk“ etabliert, ein wöchentliches Angebot in der Mittagspause. Beim Spaziergang um das Schulgelände können die maximal fünf Teilnehmer sprechen, diskutieren oder auch schweigen – je nachdem, wie die persönlichen Bedürfnisse sind.

Mit Blick auf ihrer bisherige schulseelsorgerische Tätigkeit konstatieren die zwei Meerbuscher Lehrer, dass das neue Angebot bis jetzt an beiden Schulen sehr wohlwollend aufgenommen wurde und die Nachfrage darüber hinaus höher als erwartet ausfällt. „Dass ein Bedarf bestand, war uns zwar von Anfang an klar, so Marcel Knuppertz, „wie groß er tatsächlich ist, hat uns aber dann am Ende doch etwas überrascht.“