Sport geht auch noch mit 93 Training hilft gegen Osteoporose-Folgen

Willich · Alljährlich erkranken in Deutschland 885 000 Menschen neu an Osteoporose – eine Störung im Knochenstoffwechsel, die Knochen anfälliger für Brüche macht. Gezieltes Training kann bei Osteoporose helfen, so das unabhängige Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG): Spezielle Übungen - abhängig von der persönlichen Situation - können die Knochen stabil halten, sie kräftigen die Muskulatur und schulen das Gleichgewicht. Wer die Muskeln trainiert und die Knochen stärkt, kräftigt den Bewegungsapparat und senkt das Risiko für Stürze.

Die 92 Jahre alte Heide (Mitte) fing jetzt mit dem Fitnesstraining an und ist damit das älteste Mitglied im Studio Halle 22. Thomas Mathes und Janine Zschoche unterstützen sie intensiv.

Foto: Nadia Joppen

Ein gutes Beispiel ist die 93-jährige Heide aus Krefeld: Sie ist im Alter von 92 Jahren zum ersten Mal Mitglied in einem Fitness-Studio geworden, der Halle 22 in Willich. Ihr Grund: „Ich möchte trotz meiner Erkrankung kräftig bleiben und finde die Gesellschaft hier wunderschön.“ Heide ist die älteste „Anfängerin“ in der 40-jährigen Geschichte des Studios. Durch ihr Training trotzt sie den Einschränkungen, die ihr Alter mit sich gebracht hat: Wegen ihrer Osteoporose-Erkrankung hatte sie bereits in jedem Bein einen Bruch, zuletzt war ihre Kniescheibe gebrochen. Jetzt möchte sie sich wieder neue Kraft antrainieren, weil ihre Muskulatur abgebaut hatte. Zum Training in einem Fitness-Studio hatte ihr ihre Tochter Katrin (65 Jahre) geraten, die auch in der Halle 22 trainiert.

Heide war ihr ganzes Leben lang aktiv und mobil, obwohl sie ein Kriegskind und im Alter von 13 Jahren mit ihrer Familie vor den Russen aus einer Kleinstadt bei Chemnitz geflohen war. „Wir waren sechs Wochen auf der Flucht und mussten bei Fremden übernachten. Aber sie waren alle sehr freundlich zu uns“, erinnert sie sich. Sportlich war sie seit jeher, mit fünf Jahren hatte sie begonnen, Ski zu fahren – „und ich habe erst mit 77 Jahren aufgehört“, erzählt sie. Insgesamt war ihr Leben aktiv: Ihren Kopf hat sie unter anderem durch das Lernen mehrerer Sprachen trainiert, ist nach Frankreich und in die Schweiz gegangen, wo sie als Au-pair-Mädchen bei Familien gearbeitet hat. „Ich war vier Jahre Engländerin, weil ich mit einem Engländer verheiratet war“, erzählt sie. Später kam sie nach Krefeld, wo sie zum zweiten Mal heiratet – einen Mann mit zwei Kindern, die sie als die ihren betrachtet. In Krefeld arbeitete sie als Dolmetscherin und wohnt bis heute in Forstwald. Früher sei sie viel gelaufen oder habe Wasser-Gymnastik in „de Bütt“ gemacht. Weil das alles jetzt nicht mehr geht, hat sie sich zum Training in der Halle 22 entschlossen und in Trainerin Janine Zschoche eine „Personal Trainerin“ gefunden. Zweimal pro Woche verabreden sich die beiden zum Training. „Wir machen zuerst Übungen zur Stabilität und Koordination, um Stürzen vorzubeugen. Außerdem machen wir ein Muskeltraining, um die Muskulatur zu kräftigen“, schildert Janine Zschoche. Sie begleitet Heide durch jedes Training und achtet darauf, dass sie sich nicht über Gebühr verausgabt, sondern behutsam weiterentwickelt. Danach tut die Wärme in der Infrarot-Kabine den Gelenken gut - und es ist immer Zeit für einen Cappuccino und ein Schwätzchen, freuen sich beide. Das Personal Training sei eine gute Sache, wenn andere Sportmöglichkeiten nicht mehr funktionieren, meint die Seniorin. „Ich finde es schön, wie freundlich alle Menschen sind. Allein ist es so trist, hier macht es viel mehr Spaß. Außerdem habe ich eine Struktur in meinem Leben. Ich merke, dass das Treppensteigen schon viel besser geht“, schildert sie. Ihr Fazit: „Ich fühle mich höchstens wie 80!“

„Wir haben sehr viele Menschen in der zweiten Lebenshälfte, die bei uns trainieren. Die Tendenz ist immer weiter steigend“, schildert Thomas Mathes, einer der Geschäftsführer der Halle 22. Bei allen Interessenten werde ein gründlicher Check der Gesundheit und der gesamten körperlichen Verfassung gemacht und daraus ein individueller Trainingsplan erstellt. Als weiteren Aspekt bietet das Studio über den „Reha 22 Gesundheitssport e.V.“ Gesundheits-Dienstleistungen auf ärztliche Verordnung an, die mit allen gesetzlichen Krankenkassen abgerechnet werden können. Reha-Sport hilft etwa zur Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, bei Erkrankung der Wirbelsäule oder des Stütz- und Bewegung-Apparates, Erkrankung an Hüfte, Knie und Schulter, Osteoporose, Morbus Bechterew oder Arthrose sowie bei „Long-Covid-Syndrom, Post-Covid“.