Ein kleiner dicker Mann an der Straßenecke, der den Passanten ein Glas Bier anbietet, und der Name der Haltestelle ›Brauereistraße‹ – sonst erinnert im Ortskern heute nur wenig an 600 Jahre Brautradition. Schon ab 1315 wurde in Willich Grut hergestellt und an um-
liegende Brauereien verkauft. Im Laufe der Jahrhunderte wurde diese frühe Bierwürze durch den Hopfen verdrängt. Im frühen achtzehnten Jahrhundert gibt es drei Brauereien in Willich: Hausmann, Schmitz und Dicker. Schnell verdoppelt sich die Produktion, 1917 schließen sich die drei unter dem Namen Vereinigte Willicher Brauereien GmbH zusammen. Gebraut wird bei Hausmann. 1920 fusionieren die Willicher mit der Korschenbroicher Hannen-Brauerei, 1921 entwirft Heinrich Dicker das bekannte Markenzeichen: Die Hannen-Faust. Ab 1928 füllt die Brauerei in Flaschen ab und vermarktet das Willicher Bier deutschlandweit. In den dreißiger Jahren ist Hannen die größte Altbierbrauerei Deutschlands. Mitten in Willich wächst eine wahre Fabriklandschaft heran: »Vom Sudhaus an der Grabenstraße wurde die Würze quer über die Straße zum Kühlhaus und in den Gärkeller gepumpt«, erinnert sich Peter Giesing, der damals bei Hannen Braumeister war. »Dort im Gärkeller kontrollierten dann Franz und ich, wie sich die Hefe setzt.« Bald wird der Standort in Willich zu klein – in den Sechzigerjahren baut Hannen eine neue Großbrauerei in Neuwerk. Mitte der Achtzigerjahre werden die Brauereigebäude in Willich weitgehend abgerissen. An der Grabenstraße hält der Bürgerbus noch vor der historischen Fassade der ehemaligen Betriebs-Werkstätten, in denen heute die Brauereipassage mit Geschäften, Büros und einem Fitnessstudio untergebracht sind. In die frühere Flaschenabfüllung an der Brauereistraße ist der REWE-Markt eingezogen.