Von Gestern, Heute, Morgen

Duisburg · In zwei intensiven Sichtungswochen hat die Auswahlkommission aus Produktionen der letzten zwölf Monate 27 Filme für die Duisburger Filmwoche ausgewählt. Ab Montag ist Duisburg wieder eine Woche lang das Zentrum des deutschsprachigen Dokumentarfilms.

Gute Projektion — ein Bild aus „Cinema Futures“, dem Eröffnungsfilm der 40. Duisburger Filmwoche.

Foto: Mischief Films

Die Auswahl von wenigen, wichtigen Filmen, die nicht neben-, sondern nacheinander gezeigt und zur Diskussion gestellt werden, ist seit jeher wichtigstes Kennzeichen der Duisburger Filmwoche. Quasi ums Gegenteil geht es im Eröffnungsfilm. „Cinema Futures“ von Michael Palm handelt nicht vom Auswählen, sondern vom Aufheben von praktisch allem, was mal Film war. Der Film erkundet an internationalen Schauplätzen wie dem Filmarchiv der Library of Congress, welche Folgen die digitale Revolution für die Zukunft des Films hat – und für seine Vergangenheit aus tonnenschweren, kilometerlangen Filmrollen.

Werner Ruzicka hält einen USB-Stick hoch: „Auf diesem Stick sind sämtliche Filme unseres diesjährigen Programms in guter Qualität gespeichert.“ Seit 31 Jahren leitet er die Filmwoche und erinnert zum Vergleich daran, wie früher Kollegin Rita Groß die Filmrollen mit einem Einkaufswagen vom Hauptbahnhof abholen musste, und man denkt unweigerlich an die Omma aus Hape Kerkelings „Kein Pardon“, die bei jeder Gelegenheit betont, früher „ganz alleine mit dem Bollerwagen“ losgezogen zu sein.

„Es ist Zeit“ – ohne dass die Filme danach ausgewählt wurden, ob und wie sie zum diesjährigen Motto passen, machen sie den abstrakten Begriff Zeit an konkreten Dingen sichtbar. Etwa im diesmal ziemlich langen Festivaltrailer von Dokumentarfilmregisseur Thomas Heise: ein Schwenk über eine ziemlich heruntergekommene Stadtlandschaft im Nachwende-Berlin. „Diese Ecke erkennen Sie heute nicht mehr wieder“, erklärt Ruzicka.

„Der Film bringt uns unsere Felder nicht zurück“ – in „Mirr“ (Mittwoch, 9. November, 20.30 Uhr) stellen kambodschanische Kleinbauern für Regisseur Mehdi Sahebi nach, wie ihnen durch Kautschuk-Monokulturen die Lebensgrundlage entzogen wurde. Finanzkrise, Heimatsuche, Vater-Tochter-Beziehung sind weitere Themen im Programm. In „Offshore“ (10. November, 20.30 Uhr) begegnet der linksautonome Filmemacher Werner Schweizer, vor 20 Jahren das erste Mal in Duisburg, dem konservativ-korrekten Banker Rudolf Elmer, der als Whistleblower das Schweizer Bankgeheimnis ins Wanken brachte.

Am Montag, 7. November, wird die 40. Duisburger Filmwoche um 20 Uhr eröffnet; bis zur Preisverleihung am Samstag, 13. November, sind dann 27 Filme im Filmforum am Dellplatz zu sehen, 16 Filme aus Deutschland, neun aus Österreich und zwei aus der Schweiz, davon sieben als Ur- und zwei als deutsche Erstaufführung.

Zu jedem Film gibt’s anschließend eine Diskussion; hier treffen Oscarpreisträger wie Jurymitglied Pepe Danquart auf Debütanten und begegnen sich kollegial. „Diese Vertrautheit, diese Intimität, diese Offenheit – das muss erhalten bleiben“, fordert Werner Ruzicka. Kulturdezernent Thomas Krützberg und Volkshochschulleiter Gerhard Jahn sicherten zu, dass sich an der städtischen Unterstützung der Filmwoche nichts ändern werde.

(Niederrhein Verlag GmbH)