Nicht jeder Baum ist "Opfer"

Duisburg · Ist die Aufhebung der Duisburger Baumschutzsatzung der Grund für zahlreiche Baumfällungen im Stadtgebiet?

Das Thema bewegt in unterschiedliche Richtungen. Auf der einen Seite klagen Bürger über eine Zunahme an Baumfällungen und haben Angst vor dem großen Kahlschlag, auf der anderen Seite haben Grundstückseigentümer nun das Recht - ohne Genehmigung der Stadt, ohne Gebühren und ohne Ersatzpflanzungen - Bäume zu fällen und durchaus auch vertretbare Gründe.

Nicht jeder Baum, der dieser Tage gefällt wird, ist "Opfer" von Menschen ohne Umweltbewusstsein, die einzig und allein die "Gunst der Stunde" nutzen, den ungeliebten "Naturwuchs" endlich unbürokratisch loszuwerden. Sei es, weil er durch Pollen, Harz, Laub, Schattenwurf oder als Vogelbrutquartier für Verärgerung sorgt oder auch das Wurzelwerk droht, Kanal und Immobilie zu beschädigen. Nein, es sind darunter sicherlich auch kranke Bäume oder so genannte Gefahrenbäume, die drohen in naher Zukunft umzufallen bzw. partiell auseinander zu brechen. Dass man dafür keine Genehmigung mehr einholen muss und keine Gebühren fällig werden ist sicherlich bürgerfreundlich, dennoch sollten Bürger selbst dafür Sorge tragen, dass wenigstens Ersatzpflanzungen vorgenommen werden(obwohl auch nicht mehr vorgeschrieben), um den Bestandsverlust auszugleichen. Denn so die Stadt: "Bäume sind besonders in einer Industriestadt wie Duisburg von immenser Bedeutung. Bäume führen zur Verbesserung der Umweltqualität und des Stadtklimas. Dies gilt nicht nur für Grünflächen und Parks, sondern auch für Bäume auf Privatgrundstücken. Grün bindet Feinstaub, verbessert die Luftqualität, senkt die Temperatur und erhöht die Luftfeuchtigkeit." Hinzuzufügen wäre sicherlich auch, dass Bäume durchaus auch die Lebens- und Wohnqualität steigern können und ein über Jahrzehnte gewachsener Baum an Ort und Stelle Identität und Sinn stiftet. Urbane Kultur ohne Natur wäre jedenfalls unwirtlich und kein erstrebenswerter Zustand.

Darüber hinaus gilt Folgendes, wie die Stadt Duisburg kürzlich erklärte: "Bei jeder Baumfällung, also auch im privaten Bereich, müssen die Regelungen des Bundesnaturschutzgesetzes eingehalten werden, nach denen keine Tiere direkt oder indirekt geschädigt werden dürfen. Schnittmaßnahmen an kleineren Gehölzen wie Gebüsch und Hecken dürfen daher nur im Zeitraum vom 1. Oktober bis 28. Februar durchgeführt werden. Verstöße gegen diese Regelungen stellen eine Ordnungswidrigkeit oder sogar eine Straftat dar und werden entsprechend geahndet. Im gesamten Stadtgebiet genießen Alleen einen besonderen Schutz. Alleebäume können nur bei Vorliegen besonderer Voraussetzungen und nach vorheriger Genehmigung durch die Untere Landschaftsbehörde gefällt oder beschnitten werden.

Auch Naturdenkmale stehen unter besonderem Schutz. Hierbei handelt es sich um besonders markante und für das Landschaftsbild und den Naturhaushalt wertvolle Bäume. Solche Naturdenkmale sind auch innerhalb der geschlossenen Bebauung und auf Privatgrundstücken zu finden. Fällungen und Schnittmaßnahmen dürfen nur unter Genehmigung der Unteren Landschaftsbehörde erfolgen."

Von einem besonderen Baumschutz hat sich die Stadt Duisburg verabschiedet. Es ist nicht davon auszugehen, dass die Baumschutzsatzung in naher Zukunft wieder aktiviert wird. "Böse Zungen" behaupten, dass die Stadt selbst ein Interesse daran habe, Bäume ohne große Diskussionen für Investoren aus dem Weg räumen zu können und daher die Außerkraftsetzung der Duisburger Baumschutzsatzung beschlossen wurde. Die Argumente "Entbürokratisierung der Verwaltung" und "Vertrauen auf das Umweltbewusstsein der Bürger" seien demnach vorgeschoben.

(Niederrhein Verlag GmbH)