Überraschende Wende: Vor ziemlich genau einem Jahr hatte die 5. Große Strafkammer des Landgerichts Duisburg die Anklage nicht zur Hauptverhandlung zugelassen. Es bestehe kein hinreichender Tatverdacht, außerdem sei das Still-Gutachten nicht zu verwerten. Dem hat jetzt das Oberlandesgericht Düsseldorf widersprochen und damit der Beschwerde der Duisburger Staatsanwaltschaft stattgegeben. Die Strafkammer habe nicht alle "Aspekte im Zusammenhang mit der Planung, Genehmigung und Durchführung der Loveparade 2010" zur Grundlage ihrer Bewertung gemacht. Für das OLG gibt es "ausreichende Anhaltspunkte für einen vorwerfbaren Zusammenhang zwischen den anzunehmenden Planungsfehlern und dem Eintritt der Katastrophe." Die Strafkammer hatte bei der Ablehnung der Anklage geäußert, dass auch andere Umstände die Katastrophe ausgelöst haben könnten, zum Beispiel fehlende Polizeiketten. Sie habe aber diese unterbliebenen Maßnahmen nicht als alleinige Ursache festgestellt, so jetzt das OLG, und das wiederum bedeutet: Diese Einwände können einen hinreichenden Tatverdacht nicht entkräften.
Schließlich ist nach Meinung des Düsseldorfer Senats auch das Gutachten von Keith Still verwertbar. Die öffentlichen Äußerungen, deretwegen der britische Professor in die Kritik geraten war, ließen nicht auf eine Voreingenommenheit schließen, so das OLG. Stills Gutachten habe "konkret ausgeführt, dass das Ein- und Ausgangssystem von vornherein unzureichend dimensioniert und ausgestaltet gewesen sei".
Damit kommt es zur Hauptverhandlung, und zwar vor der 6. Großen Strafkammer des Landgerichts Duisburg. Angeklagt sind der ehemalige Planungsdezernent Jürgen Dressler, die Leiterin, ein Abteilungsleiter und drei weitere Mitarbeiter des städtischen Bauamtes und vier leitende Mitarbeiter des Veranstalters Lopavent.
Oberbürgermeister Sören Link erklärte zu der Entscheidung: "Die Angehörigen haben ein Recht auf Aufklärung. Nur so kann es für Sie - aber auch für die Stadt Duisburg - einen Abschluss mit den unfassbaren Geschehnissen geben."